Kurz nach seinem 80. Geburtstag hat er aufgehört, sich mit Architektur zu beschäftigen: „Für mich war das ja immer die Knochenarbeit und die Literatur das Vergnügen“, erzählte er 2015 in einem Interview mit der Kleinen Zeitung. Damals war gerade sein neuer Band „wortgesindel“ voll hintersinniger, ironischer und absurder literarischer Miniaturen erschienen.
Nun ist Friedrich Achleitner, der Doyen der österreichischen Architekturtheorie und Mitglied der legendären Wiener Gruppe, im Alter von 88 Jahren in Wien gestorben. Der gebürtige Oberösterreicher studierte Architektur in Wien, als er unter anderem mit H. C. Artmann, Gerhard Rühm und Konrad Bayer in Kontakt kam. 1957 trat man als „Wiener Gruppe“ erstmals an die Öffentlichkeit – der Beginn einer sprachexperimentellen Revolution. Gemeinsam mit Artmann und Rühm veröffentlichte Achleitner 1959 den Dialekt-Band „hosn rosn baa“, im Jahr darauf „schwer schwarz“.
Aber von der konkreten Poesie ließ es sich schwer leben. Die Autorin Dorothea Zeemann schlug Achleitner deshalb vor: „Warum schreibt du nicht über Architektur?“ Also übernahm Achleitner für die „Abendzeitung“ die Kolumne „Bausünden“ und hatte fortan „100 Freunde, wenn ich einen zerstört habe und 100 Feinde, wenn ich einen lobte“.
Nach dem Ende der Wiener Gruppe wandte er sich endgültig der Architekturkritik zu, schrieb für die „Presse“ und lehrte von 1963 bis 1983 an der Akademie der bildenden Künste Geschichte der Baukonstruktion, von 1983 bis 1998 Geschichte und Theorie der Architektur an der Wiener Hochschule für angewandte Kunst. Sein Lebenswerk in Sachen Architektur ist allerdings die mehrbändige Dokumentation „Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert“, die Achleitner kurz nach seinem 80. Geburtstag fertigstellte.
Bundespräsident Alexander van der Bellen würdigte ihn dann auch als „einen streitbaren Kritiker, leidenschaftlichen Förderer hochwertiger österreichischer Architektur und zugleich einen Mitbegründer der heimischen Literatur nach 1945“.
2011 erhielt Achleitner den Watzlawick-Ehrenring und sagte in seinen Dankesworten, er habe sich nie nur als Kritiker oder Sprachkünstler gesehen, sondern „als jemand, der Mauern des Unverständnisses niederreißen möchte sowie Fantasie, Ratio und emotionale Wissenschaft in einen Diskurs bringen wollte“. Auch dafür wird er sehr fehlen.