Lukas Weißhaidinger hat als erster männlicher Leichtathlet eine Olympiamedaille für Österreich gewonnen. Der 29-jährige Oberösterreicher holte am Samstag im Olympiastadion von Tokio mit einem starken Auftritt Bronze. Der WM-Dritte warf den Diskus auf 67,07 m. Weißhaidinger musste sich damit nur Weltmeister und Topfavorit Daniel Stahl, der 68,90 m erreichte, und dessen schwedischen Landsmann Simon Pettersson (67,39 m) beugen.
Es ist die achte Medaille für Österreichs Leichtathletik bei Olympischen Spielen, die erste eines Mannes. Das einzige Gold gewann bisher Speerwerferin Herma Bauma 1948 in London. Das bis dato letzte Edelmetall ging 2000 in Sydney mit Silber auf das Konto von 800-m-Läuferin Stephanie Graf.
Österreichs sportliche Bilanz in Japan erhielt mit Medaille Nummer fünf ebenso einen weiteren Aufputz. Zuvor hatte Anna Kiesenhofer für das 75-köpfige ÖOC-Team sensationell Gold im Rad-Straßenrennen erobert. Dazu gab es Silber im Judo durch Michaela Polleres (bis 70 kg) sowie Bronze für deren Teamkollege Shamil Borchashvili (bis 81 kg) und Magdalena Lobnig im Ruder-Einer.
"Es ist ein bisschen surreal", sagte Weißhaidinger im ORF-Interview, zu dessen Beginn er lange nach Worten gerungen hatte. Der 147-kg-Koloss hatte Tränen in den Augen. "Es ist schön, dass jetzt ein langer Weg zu Ende ist. Ich habe heute ein paar Mal zurückgedacht, an die Anfänge und das Ganze. Es war ein spannender Wettkampf."
Fünf Zentimeter sicherten Weißhaidinger Bronze
Weißhaidinger legte als erster Teilnehmer mit 62,92 m los, war nach dem ersten Durchgang, der die großen Weiten vermissen ließ, damit aber Vierter. In Runde zwei schrieb er 66,65 an und setzte sich damit an die Spitze, ehe einzig Weltmeister Stahl diese Weite mit seinem Goldwurf auf 68,90 überbot. Es schien alles zu stimmen an diesem Abend, das machte auch die Körpersprache des sechsfachen "Leichtathleten des Jahres in Österreich" deutlich. Er steigerte sich im dritten Versuch weiter auf 67,07 m.
Nach der Reduktion des Feldes von zwölf auf acht Athleten blieb Weißhaidinger mit 66,86 m auf konstant hohem Niveau. Gefahr drohte weiterhin vom Slowene Kristjan Ceh, der nach Zitterstart gerade noch in die Entscheidung gerutscht war, 2017-Weltmeister Andrius Gudzius aus Litauen und dem Schweden Simon Pettersson, der ihn im fünften Durchgang um 32 Zentimeter m übertraf.
Weißhaidingers vorletzter Versuch war ungültig. Im dramatischen Finaldurchgang musste der Olympia-Sechste von Rio 2016 damit um die Medaille zittern. Der Australier Matthew Denny kam ihm mit 67,02 m bis auf fünf Zentimeter nahe. Als Ceh unmittelbar vor ihm auf 66,37 m kam, stand die Medaille fest. Weißhaidinger war noch einmal ungültig und behielt Platz drei.
"Nach dem Vierten hätte ich nicht mehr zurückschlagen können, meine Füße waren schon ein bisschen weich", erklärte Weißhaidinger. "Aber ich jammere jetzt sicher nicht der Silbermedaille nach. Ich habe gehört, dreimal Bronze ist einmal Gold. Von dem her ist es auch okay." Es war nämlich seine dritte Bronzemedaille in Folge bei einem Großereignis nach der EM 2018 in Berlin und der WM 2019 in Doha.
Anfang Juni diesen Jahres verbesserte der sechsfache "Leichtathlet des Jahres in Österreich" in Eisenstadt den von ihm gehaltenen österreichischen Rekord auf 69,04 m. Aus der Qualifikation in Tokio stieg Weißhaidinger als Fünfter mit 64,77 m auf, bewies dabei aber Nervenstärke, weil er erst im dritten und letzten Versuch einen gültigen Wurf landete. In der Entscheidung litt er aber mehr, wie er selbst feststellte. "Wer sagt, die Quali ist nervenaufreibend, hat vom Finale keine Ahnung."
Mit seinem Trainer Gregor Högler hatte sich Weißhaidinger dazu entschieden, die Sommerspiele als Kurzausflug in Angriff zu nehmen, sie landeten erst am Mittwoch in Tokio. Ein Teil der Konkurrenz hatte ein längeres Pre-Camp zur Anpassung absolviert, die Österreicher stellten sich zumindest zeitlich bereits daheim um. "Mir ist klar, dass es ein Risiko ist und ich die Verantwortung übernehme. Man wird dann sehen, wer recht hat", hatte Högler gemeint.
Weiters hatte man das spezielle Krafttraining vorgezogen und sich danach darauf konzentriert, das Timing zu finden. Wie sich zeigte, ist der Plan aufgegangen. "Es war ein langer Weg, aber ich habe einen tollen Trainer, der mich wirklich super in Form gebracht hat. Ich bin besonders stolz darauf, dass sich der Gregor und ich das alles alleine erarbeitet haben", sagte Weißhaidinger, der auch seiner Familie und seiner Freundin für die Unterstützung dankte.
Nun freut er sich, bereits am Montag wieder nach Hause zu fliegen und daheim zu feiern. Aufgrund der Corona-Ansteckungsgefahr hatte er sich in den vergangenen Monaten quasi isolieren müssen. "Es war eine sehr einsame Zeit am Schluss, aber zum Schluss zahlt es sich zum Glück aus."
Reaktionen: "Schwedische Wikinger"
Daniel Stahl (Olympiasieger): "Wir sind die schwedischen Wikinger."
Lukas Weißhaidinger (Bronze): "Es ist schön, dass jetzt ein langer Weg zu Ende ist. Ich habe heute ein paar Mal zurückgedacht, an die Anfänge und das Ganze. Es war ein langer Weg, aber ich habe einen tollen Trainer, der mich wirklich super in Form gebracht hat. Ich habe ein tolles Team. Danke an meine Familie, die mich da unterstützt hat, an meine Freundin, die das alles mitgemacht hat. Ich freue mich, dass ich übermorgen schon heimfliegen und daheim feiern kann. Es war eine sehr einsame Zeit am Schluss."
"Wer sagt, die Quali ist nervenaufreibend, hat vom Finale keine Ahnung. Nach dem Vierten hätte ich nicht mehr zurückschlagen können, meine Füße waren schon ein bisschen weich. Aber ich jammere jetzt sicher nicht der Silbermedaille nach. Ich habe gehört, dreimal Bronze ist einmal Gold. Von dem her ist es auch okay. Es war ein spannender Wettkampf. Es ist ein bisschen surreal."