Zu anderen Zeiten hätte sich ihre Familie eng um sie geschart, bei einem Anlass wie diesem. Zehntausende hätten die Straßen gesäumt, Gäste aus aller Welt sich auf den Kirchenbänken gedrängt. So aber, den Coronaregeln gehorchend, musste Königin Elizabeth II. in der St.-Georgs-Kapelle auf Schloss Windsor einsam und allein auf ihrem Platz vorne im Chorgestühl sitzen, als ihr Gemahl und langjähriger Gefährte Philip zu Grabe getragen wurde. Hinter ihrer schwarzen Maske und unterm schwarzen Hut nahm sie sich noch einsamer aus: klein, gebeugt, sorgsam abgeschirmt von der Welt.
Separat von allen anderen Trauergästen war die Queen vorab von ihren Gemächern zur Kirche chauffiert worden. Ein bisschen unsicher schien sie auf den Beinen und fast versunken dann im Dunkel des Gestühls. Ein schmaler Schatten geradezu, unter den vielen stolzen Bannern und Buntglasfenstern.
Corona hat dann auch den Trauerzug erheblich begrenzt, auf eine Acht-Minuten-Prozession vom Schloss zum Kirchenportal. Eine kleine Gruppe von Mitgliedern der Königsfamilie zog hinter Philips Sarg her, allen voran Prinz Charles, der Thronfolger, und Prinzessin Anne, seine Schwester. Ihnen folgten die Prinzen Andrew und Edward, dann William und Harry, die ihren Cousin Peter Phillips, Annes Sohn, in die Mitte genommen hatten. Die höchsten Militärs, die „Service Chiefs“, marschierten voraus.
Aller Augen auf William und Harry
Auf William und Harry richtete sich, wie zu erwarten, besonderes Interesse. Endlos war spekuliert worden, ob der zwischen ihnen platzierte Cousin die anhaltende Verstimmung zwischen den beiden Brüdern signalisierte, oder ob es doch nur um „eine gewisse Symmetrie“ in der Marschordnung ging – wie man es bei Hofe sah. Harrys Ausstieg aus der „Kerntruppe“ der Royals im Vorjahr und die wenig schmeichelhaften Äußerungen Harrys und seiner Frau Meghan über die lieblose und womöglich auch noch rassistische Verwandtschaft hatten ja für beträchtlichen Ärger in Windsor gesorgt.
Umso bemerkenswerter fanden es auch Harrys Kritiker, dass der in ein anderes Leben abgedriftete Prinz sich nach Philips Tod, ohne zu zögern, zum Heimflug nach London entschloss und fünf Quarantänetage auf dem Gelände von Windsor absaß, um seinem Großvater die letzte Ehre zu erweisen.
Um Harry weitere Peinlichkeiten zu ersparen, trat der Rest der Familie, gegen alle sonstigen Gepflogenheiten, in Zivil zu der Zeremonie an. Die Queen hatte den unbotmäßigen Enkel vor Kurzem aller militärischen Ehrenränge enthoben. Für Harry lag im Schloss daher keine Uniform mehr bereit.
Erinnerungen an eine bessere Zeit
Zugute kam diese Anpassung der Kleiderordnung auch seinem Onkel Andrew, dessen Beförderung zum Admiral auf Eis liegt, seit bekannt ist, dass er sich in üble Sexskandale verstrickt hat, zu denen ihn das FBI gern „befragen“ würde. Genau wie Andrew saß auch Harry hübsch sozial isoliert im Chorgestühl von Windsor. Kein Wunder, dass er nach der Feier rasch Anschluss suchte an William und dessen Frau Catherine. An alte Bilder enger Verbundenheit des Trios sollte das erinnern. An eine bessere Zeit.
Wie um den Mangel an Uniformen bei den Royals wettzumachen, wimmelte es auf dem Schlossgelände von Truppenverbänden, die gleichsam um die Wette pfiffen, trommelten und posaunten. Über 700 Mitglieder der Streitkräfte hatten, in ihrer buntesten Gewandung, das Schlossgelände besetzt. Genau so hätte es sich Prinz Philip gewünscht. Draußen vor den Schlosstoren versammelten sich unter einem „königsblauen“ Himmel Royalisten, die sich auch von der Bitte, dem Schloss fernzubleiben, nicht beirren ließen. Für sie war Anwesenheit Pflicht. Anders gestimmte Briten, die sich beklagt hatten über die schier endlosen Würdigungen des Prinzen auf allen Fernsehkanälen, waren hingegen erleichtert, als die Zeremonie ausklang. Was sie mit einer humorigen, von Philip gewählten Note tat – dem Trompetenstoß der Royal Marines, der im Ernstfall „zur Gefechtsstellung“ ruft.
Hier finden Sie den Tag der Beisetzung als Nachlese:
Peter Nonnenmacher aus London