Der Möbelhandel lockt permanent mit Rabatten. Man fragt sich, wie das geht.
Das ist nicht nur ein Thema der Möbelbranche, sondern des gesamten Handels. Wir sprechen über die Vermarktung der Rabatte die Kunden an. Wenn jemand behauptet, dass dies nicht nötig sei, schwimmt er gegen den Strom des Amazonas – und das bekommt niemandem gut.
Fürchten Sie nicht, dass diese Flut Kunden abstumpfen lässt und der Reiz verloren geht?
Es ist ein gewisser inflationärer Anteil dabei. Aber es gilt: Die Volksabstimmung findet an der Kasse statt. Wir können diskutieren, solange wir wollen. Der Kunde sagt uns, was wir zu tun haben.
Zusperren, aufsperren, zusperren: Wie läuft das Weihnachtsgeschäft unter diesen Umständen?
In der Möbelbranche spielt sich das primär im Oktober und November ab, da Bestellzeiten eine Rolle spielen. Im November waren zwei Wochen geschlossen, im Dezember eine. Das Erfreuliche ist, dass mit dem Wiederaufsperren Umsätze aufgefangen werden konnten – trotz zurückhaltender Frequenz. Es kamen Leute mit großer Kaufbereitschaft. Wir sind zufrieden.
Corona hat die Debatte um den offenen Sonntag neu angefacht. Sie sagen, Sie wollen „einige Stunden aufsperren“. Aber rentiert sich das?
Aus Deutschland weiß ich es definitiv. Ich habe in meinem Berufsleben Jahr für Jahr vier Sonntagsöffnungen im Jahr mitgemacht und es war immer ein Mehrumsatz. Wir müssen uns mehr den Bedürfnissen der Verbraucher anpassen – und die wollen am Sonntag einkaufen. Möbel sind Güter des Investitionsbedarfs und die werden mit der Familie gekauft. Wann hat die Familie Zeit? Am Sonntag. Es würde sich ein Teil der Frequenz vom Samstag auf den Sonntag verlagern. Alle Erhebungen, die wir in Deutschland gemacht haben, sagen mit überwältigender Mehrheit, dass Verbraucher am Samstag länger als 18 Uhr einkaufen wollen und sich den einen oder anderen offenen Sonntag wünschen.
Was wollen die Mitarbeiter?
Sie arbeiten am Sonntag auf freiwilliger Basis. Es würde außerhalb der kirchlichen Zeit beginnen, um 13 oder 14 Uhr, und fünf Stunden dauern. Aus meiner Erfahrung in Deutschland wehren sich die Mitarbeiter gegen Gewerkschaften und Kirchen. Wir reden hier von einem Sonntag pro Quartal.
Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr haben Sie über das Geschäft gesagt, es sei „besser als Weihnachten“. Was bleibt vom Coronajahr?
Die Möbelbranche ist trotz der fehlenden Wochen ohne Wenn und Aber zufrieden. In Krisenzeiten besinnt sich der Mensch seiner vier Wände. Der Ansturm mit der Öffnung am 2. Mai war groß und hielt lange an. Wir konnten alles aufholen und im Vergleich zu 2019 ein Plus im einstelligen Prozentbereich erwirtschaften.
2018 sind Sie mit der Aufgabe angetreten, das Unternehmen zu sanieren. 700 Jobs wurden abgebaut, mehrere Häuser geschlossen. Wo steht die Sanierung jetzt?
Wir haben 2018 Möbelhäuser vorgefunden, die 10 bis 16 Jahre nicht renoviert wurden. Daher haben wir jene Standorte, wo wir glaubten, am schnellsten etwas entwickeln zu können, umgebaut, um Möbel zu inszenieren. Wir haben sechs Häuser runderneuert und sind sehr zufrieden. 2021 werden wir weitere sechs Häuser renovieren und im Zuge dessen 200 neue Arbeitsplätze schaffen. Wir besetzen die Jobs primär mit Personen aus der Arbeitslosigkeit und arbeiten eng mit dem AMS zusammen.
Ihr Ziel war, im dritten Geschäftsjahr, 2021, eine schwarze Null zu schreiben.
Das ist sehr realistisch.
Der Onlinehandel war bei Kika/Leiner lange im Hintertreffen. Welche Rolle spielt er jetzt?
Noch immer eine viel zu geringe. Das Thema hat man verschlafen. Die ganze Branche ist da im Hintertreffen, da sie lange glaubte, Möbel würden nur stationär gekauft. Aber wir haben unseren Onlineshop im November neu ans Netz gebracht und jetzt werden wir richtig Gas geben.
Wieviel Prozent vom Umsatz soll auf online entfallen?
Das Ziel muss mittelfristig lauten: ganz klar zweistellig. Jetzt sind wir noch weit darunter.
Mit "Eskole" machen Sie nun auch auf der Fläche wieder einen Expansionsschritt. Die Marke steht für besondere Küchen, in Graz wurde das erste Studio eröffnet. Warum dieses Segment?
Die Küche ist zum Statussymbol geworden. Sie werden größer, gehen in den Wohnraum über, man lebt in der Küche. Das spielt eine immer wichtigere Rolle. Auch bei Kika und Leiner führen wir Küchen in großem Umfang, mit Eskole setzen wir da auf, wo wir bei Leiner enden. Wir möchten das Premiumsegment ansprechen. Das ist ein anderer Kundenkreis als auf der Großfläche.
Wo beginnt die Preisspanne?
Sie können hier ohne Weiteres eine Küche ab 10.000 Euro bestellen. Nach oben sind relativ geringe Grenzen gesetzt.
Wie groß ist die Zielgruppe?
Küchenstudios leben von einzelnen Kunden. Wir sprechen hier 30 Prozent an, 70 Prozent sind auf der Großfläche.
Wie sieht der Expansions-Fahrplan von Eskole aus?
Wir wollen zwei bis drei Standorte pro Jahr eröffnen. Mit dem Standort in Linz haben wir begonnen, danach wird Salzburg und Wien kommen. Kärnten ist ein Thema, ich gehe von 10 bis 12 Standorten in Österreich und 100 Mitarbeitern aus. Wir tragen uns außerdem mit dem Gedanken, mit Eskole nach Süddeutschland zu gehen.
Planen Sie mittelfristig auch eine Flächenexpansion von Kika/Leiner?
Wenn wir einen Standort finden, der für uns hochinteressant ist, dann denken wir natürlich über Expansion nach. Das muss sich ja nicht nur auf die neue Premiummarke Eskole beschränken. Nur muss das in aller Ruhe geschehen und man muss von einem Standort absolut überzeugt sein. Expandieren um der Expansion willen geht mit mir nicht.
Wann haben Sie ihr persönliches Ziel mit Kika/Leiner erreicht?
Ich glaube, dass es ein längerer Weg ist. Ich bin jetzt 68 Jahre alt und habe im November meinen noch über ein Jahr laufenden Vertrag mit Rene Benko um weitere drei Jahre verlängert. Das heißt, ich will noch mindestens vier Jahre mit von der Partie sein. Ich glaube, diese Zeit ist nötig, um Kika/Leiner nicht nur zu sanieren, sondern dort wieder hinzubringen, wo das Unternehmen einmal war.
Die Marktführung kann nicht das Ziel sein.
Nein, aber wir wollen in der Champions League spielen. Da sind wir auch.
Das Geschäft lässt sie nicht los.
Nein. Wenn man etwas bewegen kann und die Arbeit Freude macht und wie ich 50 Jahre in der Möbelbranche ist und sich einbringen kann, besteht ja die Möglichkeit der Selbstverwirklichung. Meine Frau und ich fühlen uns in Österreich außerdem sehr wohl, daher sagen wir, ja, wir hängen noch eine Zeit dran. Außerdem sagt meine Frau: "Du zu Hause, das geht nicht."