Schuld waren sieben frostige Nächte im April und vierzehn heiße Tage im Juli. Sie ließen die heurige Apfelernte in der Steiermark um ein Drittel schrumpfen. Die Auswirkungen des globalen Klimawandels sind damit im heimischen Lebensmittelhandel angekommen.

„Die Obstbauern unternehmen große Anstrengungen, um die Versorgung mit heimischem Obst verlässlich zu sichern“, beruhigt der steirische Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher. Es ist ein Kampf auf mehreren Ebenen. Bei der direkten Frostabwehr hat sich die Frostberegnung in der Praxis als wirksamste Methode erwiesen. Gegen die zunehmende Bedrohung durch Hagel und Starkregen werden Netze gespannt, die auch gegen Hitzeschäden helfen. Und im Handel will man mit einer Qualitätsoffensive die Nachfrage ankurbeln. Vor allem beim Nachwuchs. Denn gerade unter Jugendlichen haben exotische Obstsorten wie Bananen, Kiwi und Co. dem heimischen Apfel mittlerweile den Rang abgelaufen. Der populäre Slogan „frisch-saftig-steirisch“ scheint als Kaufimpuls an Strahlkraft verloren zu haben.

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Das soll sich wieder ändern. Zum einen durch neue Sorten, die bereits auf zehn Prozent der Anbaufläche produziert werden. Zum anderen hat der oststeirische Obst- und Gemüsevermarkter Frutura in Zusammenarbeit mit Steiermark-Tourismus eine eigene Markenlinie kreiert. Unter dem Label „Genussapfel Premium“ werden ab sofort die Sorten Elstar, Golden Delicious und Jonagold besonders in die Auslage gerückt.

Äpfel, die auf diesem Marketing-Tablett serviert werden – unter anderem im Rahmen einer österreichweiten „Genusstour“ durch Einkaufszentren (z. B. heute und morgen im Grazer Murpark) – , müssen allerdings strenge geschmackliche Qualitätskriterien erfüllen, die von eigenen Sensorik-Testern regelmäßig überprüft werden. Aber auch für die Bewirtschaftung gelten eigene Regeln: Die Äpfel müssen in Hanglage angebaut werden, zudem wird besonderes Augenmerk auf die Laubarbeit gelegt. Das beginnt mit dem Winterschnitt, wo die Grundlage für einen entsprechenden Baumkrone-Aufbau gelegt wird, und setzt sich mit gezieltem Ausdünnen der Blätter fort, um den Bäumen und Früchten ausreichend Sonneneinstrahlung zur Aroma- und Mineralstoffbildung zu garantieren.

ARTENSCHUTZ

Neuer Lebensraum im Blumentopf und Park

Mit einer breit angelegten Bepflanzungsaktion kämpfen Apfelbauern und Imker gegen das Bienensterben.

Schon Albert Einstein soll 1949 eindringlich gewarnt haben: „Wenn die Bienen einmal von der Erde verschwunden sind, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben.“ Tatsächlich gäbe es ohne Bienen nicht nur keinen Honig mehr; auch Obst und Gemüse würden zu Luxusgütern oder gänzlich verschwinden. Denn die kleinen Tiere bestäuben rund 80 Prozent unserer Nutz- und Wildpflanzen – unter anderem auch die heimischen Apfelkulturen. Rund die Hälfte der rund 3900 Obstbaubetriebe setzen auf Äpfel. Auf knapp 50 Prozent der gesamten österreichischen Obstfläche im Ausmaß von 15.733 Hektar werden Äpfel erzeugt, der Großteil davon in der Steiermark. Umso dramatischer sind die Meldungen über ein Bienensterben.

Heimische Apfelbauern steuern dieser Bedrohung gemeinsam mit Imkern entgegen. Ziel ihrer Initiative „BioBienenApfel“ ist es, die Bienenpopulation zu stabilisieren und natürlich zu vermehren. Privatpersonen, Biobauern (20 Prozent aller Apfelanlagen werden nach Bio-Richtlinien bewirtschaftet) und öffentlichen Einrichtungen wird Samen für das Kultivieren von Blütenpflanzen in Blumentöpfen, Obstgärten oder Parkanlagen zur Verfügung gestellt. So soll neuer Lebensraum für bis zu einer Milliarde Bienen geschaffen werden.

HERKUNFTSTEST
Zwei Drittel aus Ausland

Im Handel: Apfelsaft mit Migrationshintergrund.
Die Ergebnisse sind eine herbe Enttäuschung für das Obstland Steiermark.“ Die Bilanz von Werner Brugner, Direktor der steirischen Landwirtschaftskammer, nach einem Einkaufstest im steirischen Handel fällt ernüchternd aus. Überprüft wurden 82 Apfelsäfte.

Konkret sind in 66 Prozent der angebotenen Apfelsäfte vermutlich ausländische Äpfel (2019 waren es noch 60 Prozent). Vermutlich? Hinter dieser Schätzung steckt eine weitere Krux. Denn der verkaufsfördernde Slogan „Abgefüllt in Österreich“ verleitet beim schnellen Griff ins Regal zum Irrglauben, ein regionales Produkt gekauft zu haben.

Tatsächlich stimmt aber nur der enge Wortsinn – dass der Saft in Österreich abgefüllt wurde, nicht aber, dass die Äpfel aus Österreich stammen. Brugner empfiehlt daher, im Kleingedruckten die Herkunftsangabe nachzulesen, sofern sie überhaupt vermerkt ist. „Keine Angabe bedeutet meist, dass Ausland drinnen ist.“

Was noch auffällt? 60 Prozent der angebotenen Apfelsäfte werden aus energieaufwendig eingedicktem Konzentrat hergestellt. Es stammt meist aus China, dem weltweit größten Apfelsaft-Konzentrat-Hersteller, in Europa ist es Polen. In Österreich angekommen, wird das Konzentrat unter Beigabe von Apfelaroma wieder rückverdünnt.