Frauen, alleine in Dessous, abgelichtet in lustvoller Pose mit herausforderndem Blick und dennoch nicht als Objekte: Mit der Palmers-Kampagne „Trau dich doch“ provozierte Elfie Semotan in den späten, prüden 1970ern eine handfeste Aufregung. Auffahrunfälle und eingeschlagene Schaufenster waren die Folge. Ihrer Popularität schadete das nicht.
Sie revolutionierte das Bild von Frauen und ihren Körpern in der Werbung und steuerte emanzipierte Erotik bei. Der neue Dokumentarfilm „Elfie Semotan, Photographer“ von Joerg Burger, aktuell im Kino, blickt ihr beim Schaffensprozess über die Schulter und holt Weggefährten wie Cordula Reyer vor die Kamera – einst Model, das der aalglatten Werbewelt eine Extraportion Individualität aufdrängte.
Nach der Modeschule Hetzendorf arbeitete Semotan zunächst bei Designerin Gertrud Höchsmann. „Sie war eine großartige, konsequente Frau, die aber nichts von dem Glamour hatte, den ich aus der ‚Vogue‘ und anderen Magazinen herausgelesen hatte. In Wien war das damals nicht so.“
Sie ging nach Paris, arbeitete als Model. „Wir haben alles selbst gemacht – Make-up und Styling, teilweise haben wir auch mitgebracht, was wir hatten“, erinnert sie sich. Sie habe sich von den Fotografen viel abgeschaut. „Und ich war natürlich auch mit deren Ansprüchen konfrontiert, die mir nicht immer gefallen haben“, erzählt Semotan in ihrer Altbauwohnung in Alsergrund, in der viele Kunstwerke ihrer beiden bereits verstorbenen Männer Kurt Kocherscheidt und Martin Kippenberger zu sehen sind.
Über ihre Anfänge als Fotografin sagt sie heute: „Es war eigentlich fast eine Selbstverständlichkeit, dass die Männer Fotografen waren, komischerweise. Für mich war das Thema Freiheit wichtiger: dass ich tun konnte, was ich wollte.“
Biografische Einordnungen oder die Tatsache, dass Semotan Stars wie Ben Stiller, Marion Cotillard, Colin Farrell oder Milla Jovovich ablichtete sowie Aufträge für „New Yorker“, „Interview“, „Vogue“, „Elle“ oder „Bazaar“ hatte, lässt die Doku aus. Vielmehr inszeniert Burger eine Hommage an die Passion, den Schaffensprozess und die Semotan’sche Bildersuche. Die 78-Jährige pendelt zwischen New York, Wien und dem Burgenland. „Ich werde sicher nie aufhören, zu arbeiten. Ich mache das einfach gerne und ich kann ja mein Leben nicht lesend verbringen! Oder mit meinen Hobbys, die ich nicht habe – ich mag das Wort schon nicht.“
DIE Semotan. Nicht viele Frauen in Österreich haben es zu dieser ehrfürchtigen Anrede gebracht. Sie schon. Und sie hat eine andere – DIE Dohnal (die Doku läuft gerade ebenso im Kino) – als Dandy fotografiert. Semotan erinnert sich: „Die müsste man zurückholen. Sie war ein Phänomen, das wohl nur alle fünfzig Jahre auftaucht, sie war einfach eine großartige Frau. Und dieses Bild stellt sie total unabhängig dar – das hat wohl auch mit der Zigarette zu tun und ihrem direkten Blick.“ Ist aktuell eine Politikerin wie sie in Sicht? „Eigentlich nicht, leider. Die Dohnal hatte eine genaue Vorstellung davon, was notwendig ist, was zu tun ist, wen man bewegen muss, und sie hat die Zusammenhänge erkannt, an denen man arbeiten muss.“
Nicht abhängig sein
Wie es heute um die Gleichstellung steht? „Es ist klar, dass sich die Frauen um ihre Rechte kümmern müssen, dafür kämpfen müssen. Genauso wie die Männer dafür kämpfen müssen, das zu verstehen und zu akzeptieren, dass sie eine gleichberechtigte Partnerin haben. Außerdem habe ich schon mit 16 gepredigt: Ihr müsst alle etwas dafür tun, damit ihr unabhängig seid, damit ihr eine gleichberechtigte Partnerin seid, für wen auch immer. Man sollte als Frau nicht von einem Mann abhängig sein.“