Die Plattenverkäufe rasseln weiter in den Keller, Hits werden auf ungeduldig zappende Streaminghörer hin getrimmt, anonyme Algorithmen bestimmen, was wir hören, und mit Herzblut gemachte Musikzeitschriften sterben weg die Fliegen. Wenn dem Musikfan Ende der 2010er-Jahre etwas bestimmt nicht fehlt, dann sind es Gründe zu verzweifeln. Doch: Es sind seit Jahrzehnten männlich geprägte Strukturen, die da aufbrechen. Ein eingeschworener Zirkel aus männlichen Musikern, männlichen Plattenfirmen, Produzenten und Technikern und männlichen Musikjournalisten, die ihren Fokus klar auf männliche Konsumenten setzten.

2019 wird zum Jahr der Frauen!


Dass sich da in den letzten Jahren viel geändert hat, ist deutlich spürbar: Siehe nicht nur Ariana Grandes jüngsten Rekorderfolg – sie platzierte Ende Februar 2019 drei Songs auf den ersten Plätzen der „Billboard Hot 100“ und zog somit mit den Beatles im Jahr 1964 gleich.

Siehe nicht nur die Grammys 2019, bei denen die Männer zu Statisten wurden und Cardi B als erste Frau im traditionell männerdominierten Hip-Hop-Genre den Grammy für das „Rapalbum des Jahres“ erhielt.

Auf Wired.com sagt Jason Parham nahezu euphorisch für 2019 ein Jahr der Frauen voraus, in dem Künstlerinnen ganz nebenbei auch die Musikindustrie auseinandernehmen: „Sie übernehmen nicht nur den Thron, sie zeigen uns: Wer sich an die konventionellen Strukturen der Branche klammert, setzt auf etwas, das sich im Niedergang befindet.“

Perspektivenwechsel


Klassischer Mainstream-Rock hat an Bedeutung verloren: Es ist Zeit, den Blickwinkel zu erweitern, den Blick auch auf andere – nicht so stark männlich geprägte – Musiken zu richten. Und es ist Zeit, dass das auch bei den großen Musikfestivals ankommt. Das wegweisende Primavera Sound Festival in Barcelona hat es heuer bereits geschafft, eine Frauenquote von mehr als 50 Prozent zu erreichen. Hashtag: #thenewnormal.


Zum Vergleich: Beim größten österreichischen Festival Novarock standen 2018 nur 3,8 Prozent weibliche Künstler auf den Bühnen, 2019 dürfte es kaum anders sein. Die Initiative „Keychance“ setzt sich dafür ein, bis 2022 Geschlechter-Gleichheit in die Billings zu bekommen. 45 internationale Festivals haben sich bereits dazu verpflichtet, in Österreich bislang nur das Wiener Showcase-Festival Waves Vienna. Die Aufgabe sollte eine machbare sein. Während das vom SR-Archiv österreichischer Popularmusik ins Leben gerufene Projekt Fem.Pop 2014 noch einen „drastisch niedrigen“ Frauenanteil von nur zehn Prozent feststellte und berechnete, dass es viel mehr fünfköpfige reine Männerbands (804) als Solokünstlerinnen (467) gab, arbeitet man mit einer Datenbank konsequent weiter an der Sichtbarmachung von Frauen in der heimischen Musiklandschaft.

Playlist: 10 heimische Musikerinnen, die Sie hören sollten

Vor den Vorhang, bitte:

Vielleicht mit ein Grund, dass es nie so viele interessante Musikerinnen und/oder Bands mit mehr als 50 Prozent Frauenanteil gab. Mit Mavi Phoenix und Avec bildeten 2018 zwei Sängerinnen, Songwriterinnen und Produzentinnen die Spitze der FM-4-Jahrescharts, gefolgt vom Mann-Frau-Duo Cari Carimit der multitalentierten Multiinstrumentalistin Stephanie Widmer. Außerdem wären da noch: Soap&Skin, Gustav, Clara Luzia, Dives, HVOB, Squalloscope, Monsterheart, Pænda, AnJosef, Ana Threat, Joyce Muniz, MIBLU, Electric Indigo, Schmieds Puls, Lea Santee, Leyya, Lylit, Anna F. mit ihrer neuen Band Friedberg, Crush, Resisters, Eloui, Sinah, Lonesome Hot Dudes, Luise Pop, Lady Lynch, Just Friends and Lovers, Facelift, Killa Marilla, Klitclique, Mynth, Yasmo, Lylit, Vida Noa, Alicia Edelweiss, maneki nekoc, Mika Vember, Clara Moto, die Grazer Grrrls DJ Crew und, und, und … bitte vor den Vorhang, die Zukunft wartet!