Zwischen der ersten Hochrechnung und dem Endergebnis der Wien-Wahl lagen 54 lange Stunden. Und jene Briefwahlstimmen, mit deren Auszählung erst nach dem Wahlsonntag begonnen wurde - immerhin 44 Prozent aller abgegebenen Stimmen - änderten einiges. Die ÖVP erreichte schlussendlich mit einem Zweier vor dem Ergebnis ihre guten Umfragewerte. Die Grünen stiegen letztendlich doch mit ihrem historisch besten Wien-Ergebnis aus. Und der am Sonntagabend als Triumph gefeierter Zugewinn der Neos beläuft sich am Ende auf etwas mehr als ein Prozent.
Das öffentliche Interesse an einem schnellen Ergebnis ist groß. Die Dramaturgie – kein unwesentliches Instrument politischer Arbeit – bleibt am Wahltag ohne Ergebnis auf der Strecke. Und so manche Bewertung vom Sonntagabend müsste im Nachhinein adaptiert werden. Diesmal waren die vielen Briefwahlstimmen der Pandemie geschuldet, doch der Trend ging schon davor in diese Richtung. Es wäre daher an der Zeit, auch die Auswertung zu modernisieren.
Derzeit müssen Wahlbeisitzer die Namen der Kandidaten für Vorzugsstimmen händisch in übergroßen Namenslisten suchen. Ein digital durchsuchbares Dokument wäre hier ein Anfang. Doch man kann ruhig noch weiter denken: Scannbare Stimmzettel würden die Auswertung beschleunigen und weniger fehleranfällig machen.
Das türkis-grüne Regierungsprogramm sieht übrigens eine Wahlrechtsreform vor, der zufolge alle Briefwahlstimmen noch am Wahltag ausgezählt werden sollen. Die Erfahrungen der Wien-Wahl wäre ein guter Anlass, damit in die Umsetzung zu kommen.
Veronika Dolna