Mit steinernen Mienen schleppt sich das Team um FPÖ-Spitzenkandidat Dominik Nepp aus dem freiheitlichen Büro in den Festsaal des Wiener Rathauses, um im Scheinwerferlicht den guten Wahl-Verlierer des Abends zu geben. Doch das Entsetzen in den blauen Reihen ist groß. Das Ergebnis blieb sogar noch unter jenem spärlichen Stimmenanteil, der in jüngsten Umfragen prophezeit worden war. Die Partei rasselt damit auf ein Drittel ihrer Stimmen der letzten Wahl hinunter. „Wir müssen jetzt alles daran setzen, jede einzelne Stimme zurückzugewinnen“, sagt Nepp mit ernstem Blick in die unzähligen im Saal aufgebauten Kameras.

Vor fünf Jahren lag man sich in diesen Räumen – den Tränen nahe – in den Armen und feierte einen grandiosen Wahlerfolg. Dank Flüchtlingskrise und einem charismatischen und erfahrenen Parteichef konnten die Blauen mehr als 30 Prozent der Wählerstimmen erringen. Fünf Jahre später ist Heinz-Christian Strache, dem die Partei ihren damaligen Höhenflug zu verdanken hatte, der Grund für ihre herbe Wahl-Niederlage. Skandale wie der auf Video aufgezeichnete feuchtfröhliche Abend auf Ibiza und die Spesenaffäre haben die blauen Wählerinnen und Wähler vergrault, trotz recht zeitnaher Trennung muss die Partei auch bei dieser Wahl für ihren Ex-Chef zahlen.



Doch auch mit der Themenlage hatte die FPÖ diesmal ihre liebe Not. Warnungen vor einer Islamisierung der Stadt und zu hohen Sozialleistungen für Ausländer fielen diesmal dank der Corona-Pandemie und ihrer wirtschaftlichen Folgen auf taube Ohren. Auch das Fischen im Pool der Corona-Skeptiker konnte nicht für den erhofften Stimmenzuwachs sorgen.

Die Partei will nun nach vorne blicken. Statt Wunden zu lecken, wolle man sich nun etwaigen Reformen widmen. Was dieses Vorhaben für die Zukunft von Dominik Nepp bedeutet, ist noch unklar. Der anfangs eher hölzern wirkende Kandidat, der in die von Beginn an verlorene Schlacht geschickt wurde, konnte nicht nur Polit-Beobachter, sondern sogar seine eigene Partei mit einem solide geführten Wahlkampf überraschen. Dass das den herben Stimmenverlust nicht verhindern konnte, wird aber wohl dennoch Stoff für interne Debatten sein. Im Bund will man von eben solchen hingegen nichts hören. Das Ergebnis sei kein Anlass für personelle Konsequenzen, bekräftigte Bundesparteichef Norbert Hofer. „Die Talsohle ist durchschritten, jetzt kann es nur noch aufwärtsgehen.“

In den Reihen des großen Verlierers FPÖ ist an diesem Wahltag aber auch ein leises Aufatmen zu vernehmen. Denn es hätte noch schlimmer kommen können. Hätte Strache den Einzug geschafft, wäre die Partei dank energischer Aufbauversuche von „Team HC“-Ablegern in den Bundesländern auf Jahre nicht zur Ruhe gekommen. Dass die Wähler den Ex-Chef nun endgültig in die politische Belanglosigkeit verabschiedet haben, lässt den Wiener Freiheitlichen mehr Zeit zum Wiederaufbau. Wohl auch deshalb entlockt es Nepp an diesem Wahlabend nicht einmal ein Stirnrunzeln, als Strache der FPÖ vor laufenden Kameras mehrfach vorwirft, durch „eiskaltes und herzloses Verhalten“ die freiheitliche Familie „zerstört“ zu haben. Dennoch: Die Wiener Partei liegt am Boden.