Deutsch gilt als enger Vertrauter der Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) sowie von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Dessen Vorgänger Michael Häupl hatte ihn als Landesgeschäftsführer dereinst ausgetauscht.
Rendi-Wagner ist mit ihm zufrieden. Sehr gut, sauber und strukturiert sei der von Deutsch organisierte Nationalratswahlkampf gewesen. Auch habe der neue Bundesgeschäftsführer Kenntnis über Parteistruktur und Parteileben und genieße zu 100 Prozent ihr Vertrauen.
Auch Deutsch selbst mangelt es nicht an Selbstvertrauen. Er freute sich, dass ein sehr starker inhaltlicher Wahlkampf gelungen sei: "Vielleicht hätten wir mehr Zeit gebraucht." Jetzt werde man nach dem Ergebnis aber nicht so einfach zur Tagesordnung übergehen: "Die Erneuerung in der Partei ist ein Gebot der Stunde."
Rendi-Wagner kündigte dafür einen "Strukturanpassungsprozess" an, der rasch angegangen werde, aber wohl eine gewisse Zeit dauern werde. Eingebunden würden alle Teile der Partei: "Wir dürfen so gut wie keinen Tag verlieren, wenn es um die Zukunftsfitness der Sozialdemokratie geht."
Selbst denkt die Chefin nicht daran, das Handtuch zu werfen: "Unsere Themen waren die richtigen, weil sie die Probleme der Menschen in Österreich darstellen." Sie werde diesem Kampf treu bleiben: Österreich benötige dringend sozialen Ausgleich und sozialen Frieden: "Dafür braucht es eine Sozialdemokratie, egal in welcher Rolle.
Drozda wolle mit seinem Schritt einen Reformprozess in Gang setzen. Betont wurde vom scheidenden Bundesgeschäftsführer, dass ihm gegenüber niemand Druck ausgeübt habe. Er habe heute Früh Parteichefin Pamela Rendi-Wagner über seinen Schritt informiert und diese habe ihn bedauert. Sein Mandat im Nationalrat wird Drozda "selbstverständlich" annehmen. Auch Kultur- und Mediensprecher will er bleiben.
Zuvor hatte es geheißen, dass neben Deutsch auch Mario Lindner für die Position im Rennen sei. Deutsch, ehemals Wiener Landesparteisekretär und Intimus von Ex-SPÖ-Chef Werner Faymann, war im Jänner als Wahlkampfleiter der SPÖ eingesetzt worden.
Trotz des historischen Wahldebakels wird die SPÖ mit Parteichefin Rendi-Wagner weiter machen. Vor dem allerdings eher schütter besuchten Parteipräsidium stellten sich praktisch alle Parteigranden hinter sie und lobten ihre Performance im Wahlkampf.
Rendi-Wagner selbst versicherte bei ihrem gemeinsamen Eintreffen mit der Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), dass sie zügig für einen Nachfolger für Drozda sorgen wird. Ob es am Montag schon so weit sein könnte, ließ sie offen. Von weiteren personellen Konsequenzen ging die Parteivorsitzende nicht aus.
Dass sie selbst gehen muss, zeichnet sich nicht ab. Im Gegenteil: Wiens Bürgermeister Michael Ludwig meinte etwa, Rendi-Wagner bleibe "natürlich". Sie habe sich im Wahlkampf stark gesteigert. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser betonte: "Es braucht keine Menschenopfer bei der ersten Sitzung nach der Wahl." Auch er lobte ihr Engagement im Wahlkampf. Der Leiter der SP-Delegation im Europaparlament Andreas Schieder vermutete: "Sie ist keine, die die Flinte ins Korn wirft." Für ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian ist sie "absolut die richtige". Praktisch wortgleich äußerte sich Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek.
Unklar blieb vorerst, wie es die SPÖ mit Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP halten würde. Für Niederösterreichs Landeschef Franz Schnabl war das "Debakel" vom Sonntag kein Auftrag für eine Regierungsbeteiligung. ÖGB-Präsident Katzian meinte: "Diese Frage stellt sich am heutigen Tag nicht." Sollte die ÖVP an die SPÖ herantreten, werde man diskutieren.
Ludwig wiederum betonte, dass die SPÖ eine staatstragende Partei sei. Man habe schon vor der Wahl gesagt, dass man einzig Rot-Blau ausschließe und das gelte auch jetzt. Der Bürgermeister ist dafür, Gespräche aufzunehmen und zu schauen, ob es ausreichend Schnittmengen gibt.
Der Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer kritisierte die Performance der Sozialdemokraten in letzter Zeit: "Zu sagen, dass der Sebastian Kurz ganz ein Schlimmer ist, wird zu wenig sein." Die Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner wollte er nicht infrage stellen. Sie habe sich im Wahlkampf "bemüht".
Dennoch ließ er Zweifel durchscheinen, ob sie die richtige Wahl für diesen Urnengang war, zumindest wenn es das Ziel gewesen sei, Wähler von den Freiheitlichen zurückzuholen: "Der klassische FPÖ-Wähler wählt keine Frau mit Doppelnamen."
Die Botschaft des Wählers insgesamt sei angekommen, meinte Dornauer, zumindest bei ihm. Es müssten alle gesellschaftspolitischen Themen angegangen werden, auch die Migrationsfrage. Zudem brauche es eine bessere Kommunikation. Kritik an Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda war das aber sichtlich nicht. Der sei nämlich das kleinste Problem der Partei gewesen. Er habe mit Drozda immer gut zusammengearbeitet.
Überraschend war, dass immerhin rund die Hälfte der Landesvorsitzenden der Sitzung fernblieb. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil hatte sich wegen seiner Stimmprobleme entschuldigt, der Steirer Michael Schickhofer will seine Bundesfunktionen nicht mehr wahrnehmen. Aber auch andere erschienen zumindest vorerst nicht. Nach dem Präsidium ist noch eine Vorstandssitzung angesetzt, am Abend tritt dann Rendi-Wagner vor die Presse.
Im Westen Österreichs wurde die SPÖ indes durch die Briefwähler degradiert: In Tirol zogen die Grünen mit der Wahlkarten-Auszählung am Montag an den Sozialdemokraten vorbei - die damit erstmals auf Platz 4 abfielen. In Vorarlberg setzte es gar den ersten fünften Platz bei einer Nationalratswahl, weil auch noch die NEOS letztlich mehr Stimmen bekamen als die SPÖ.
24.167 Wähler konnte die SPÖ in Vorarlberg (laut vorläufigem Ergebnis nach Auszählung der ersten Wahlkartentranche) nur mehr für sich gewinnen - erlitt damit zwei Wochen vor der dortigen Wahl ein Minus von 4,7 Prozentpunkten auf nur mehr 13,16 Prozent ein. Da NEOS auch ohne den Vorarlberger Parteigründer Matthias Strolz 24.880 Wähler fanden - was ein Plus von 4,5 Prozentpunkten auf 13,5 Prozent bedeutete - blieb für die SPÖ nur mehr Platz 5 hinter ÖVP, Grünen, FPÖ und NEOS übrig.
Auch in Tirol rangiert die SPÖ jetzt schlecht wie nie zuvor: Nachdem die Grünen mit der ersten Briefwahltranche noch auf 14,7 Prozentpunkte zulegten, zogen sie an der SPÖ mit ihren 13,0 Prozent vorbei. Nicht ganz reichte es allerdings, um der FPÖ Platz 2 streitig zu machen: Denn 56.752 Tiroler wählten blau und 56.478 grün. Aber die Grünen bekamen ein Mandat dazu - so dass sie künftig zwei Tiroler Abgeordnete stellen werden. Dafür muss die ÖVP auf eines ihrer im Sonntagsergebnis ausgewiesenen sieben Mandate verzichten.
In Oberösterreich bewirkten die Briefwähler - da die Parteien schon im Sonntags-Ergebnis ziemlich weit auseinanderlagen - zwar keine Umreihungen. Aber sie verschafften den Grünen ein viertes Mandate.
Am Donnerstag müssen zwar noch die am Sonntag in Wahllokalen abgegebenen Briefwahl- und Wahlkartenstimmen ausgewertet werden. Das werden allerdings voraussichtlich weniger als 50.000 sein - womit weitere Mandatsverschiebungen unwahrscheinlich sind.