Vier Wochen haben die Parteien noch Zeit, Wähler zu umgarnen - und bis 15. Oktober wird im schon lange brodelnden Wahlkampf noch ein Schäuferl zugelegt.

Innenpolitisch haben die Österreicher schon den Sommer über kaum anderes erlebt als Wahlkampf - mit Wortgefechten, Kandidatenkür, ersten Plakaten, händeschüttelnden Kandidaten, Interviews und Sommergesprächen. Aber jetzt wird's intensiv: Der Reihe nach haben die Parteien ihre "Wahlkampfauftakte" absolviert (die ÖVP folgt noch am Samstag), auch um die Funktionäre zu noch intensiverem Einsatz anzutreiben.

Dauer-Wahlkampf

Die TV-Programme strotzen nur so vor Wahlkampf-Duellen, -Interviews und Elefantenrunden. Noch nie gab es so viele einschlägige Sendungen: Bis zu drei Wahl-Auseinandersetzungen können Interessierte an einem Tag sehen. Rund 40 mal lachen Spitzenkandidaten in verschiedensten Konstellationen bis zur Wahl noch aus dem TV-Gerät.

Zu sehen sind vor allem die Spitzenkandidaten der sechs Parteien, die mit dem Einzug ins Parlament rechnen können: SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne, NEOS und Liste Pilz. Für SPÖ und Grüne sind die Medienauftritte eine Chance, ihre wenig erfreulichen Aussichten zu bessern. Aber auch die anderen sind gefordert, ist es doch als leichter, mit misslungenen Fernsehauftritten Wähler zu vergraulen als via TV-Ansage welche zu gewinnen.

Kurz in Umfragen voran

Denn die Entscheidung eines guten Teils der Sonntagsfrage-Abgetesteten ist noch nicht unumstößlich. So kann ÖVP-Chef Sebastian Kurz nicht hundertprozentig sicher sein, in der von ihm ausgerufenen Neuwahl tatsächlich Erster zu werden- auch wenn die ÖVP seit Mai in den Umfragen konstant vorne liegt. Umgekehrt hat SPÖ-Chef Christian Kern Platz 1 noch nicht aus den Augen verloren, müsste für einen "Doch-noch-Erfolg" aber massiv aufholen - und am anderen Ende die FPÖ auf Distanz halten, um nicht auf Platz 3 abzurutschen. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zieht diesmal zwar nicht als Kanzlerkandidat in die Wahl - aber Mitregieren ist sein Ziel. Also muss er einerseits Regierungsfähigkeit demonstrieren, aber andererseits auch die Wähler bei Laune halten.

Grüne und NEOS können ziemlich, aber nicht ganz sicher sein, im Nationalrat zu bleiben. Für die nach dem Rücktritt Eva Glawischnigs eingesprungene Grün-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek gilt es, ein Desaster - ihre Partei ist in den Umfragen nicht einmal mehr halb so stark wie 2013 - zu verhindern und zumindest nicht auf Platz 5 abzurutschen. Platz 4 für die NEOS wäre schon ein Erfolg für Matthias Strolz, aber er strebt in seiner zweiten Wahl gleich die "Zweistelligkeit" an. Die Liste Pilz hat gute Aussichten, aber bei weitem keine Gewissheit, kurz nach der Abspaltung von den Grünen in den Nationalrat einzuziehen. Anderen Parteien geben die Meinungsforscher wenig Chancen - auch wenn vier weitere (GILT, FLÖ, KPÖ PLUS und WEIßE) ebenfalls bundesweit antreten.

Wie wird die Wahlbeteiligung?

Unter den Parteien, die mehr als vier Prozent bundesweit schaffen, werden am 15. Oktober 183 Mandate verteilt. Entscheiden könnten 6,4 Millionen Österreicher, die spätestens an diesem Tag 16 Jahre alt werden. Wählen werden davon etwa drei Viertel - wobei ein Teil der Meinungsforscher eine etwas niedrigere, ein Teil aber eine höhere Beteiligung erwartet. 2013 war sie mit 74,91 Prozent gering wie nie zuvor.

Damals haben etwas mehr als 1,6 Millionen auf ihr Stimmrecht verzichtet, damit waren quasi die Nichtwähler die stärkste Partei. Die SPÖ - damals noch von Werner Faymann in die Wahl geführt - kreuzten 1,258.605 Österreicher an; das machte 26,82 Prozent bzw. 52 Mandate. Die ÖVP (mit Michael Spindelegger) war mit 23,99 Prozent und 47 Mandaten deutlich schwächer. Weit von seinem damaligen Ziel, Kanzler zu werden, entfernt landete Straches FPÖ mit 20,51 Prozent (40 Mandate) auf Platz 3.

Die Grünen holten sich ein Rekordergebnis von 12,42 Prozent und stellten 24 Abgeordnete. 232.946 Wähler konnten die NEOS gleich im ersten Anlauf überzeugen, sie zogen mit 4,96 Prozent und neun Mandataren ins Parlament ein. Das Team Stronach bekam sogar 268.679 bzw. 5,73 Prozent und elf Mandate, überlebte die Legislaturperiode aber nicht. Seine Wähler sind heuer ebenso am Markt wie die damaligen 165.746 Wähler des BZÖ - das mit 3,53 Prozent aus dem Nationalrat flog.

Mit der Team Stronach-Auflösung, aber auch mit ÖVP-Abwerbungen und Abspaltungen haben sich die Mandatsstände geändert: Die ÖVP ist mit jetzt 51 Abgeordneten ebenso groß wie die SPÖ, der eine Abgeordnete (zur Liste Pilz) abhandenkam. Die FPÖ hat nach Zu- und Abgängen jetzt 38 Mandate, die Grünen nach dem Abschied der Liste Pilz-Leute 21, die NEOS acht. Die Gruppe der Fraktionsfreien ist mit 14 groß wie nie zuvor.

Mit sechs Parteien war der Nationalrat nach der Wahl 2013 groß wie nie zuvor. Bleiben NEOS und Grüne drinnen und schafft die Liste Pilz den Einzug, werden es nach dem 15. Oktober ebenso viele sein.

Briefwahl: Auszählung zum Teil erst am Donnerstag

Absolute Gewissheit darüber könnte es erst Donnerstag nach der Wahl geben - weil im vorläufigen Endergebnis am Sonntagabend die Briefwahl noch nicht enthalten ist. Sie wird zum größten Teil am Montag und ein Teil davon heuer erstmals erst am Donnerstag (mit den Wahlkarten aus "fremden" Regionalwahlkreisen) ausgezählt. Dass die Briefwähler ein Urnenwahl-Ergebnis noch drehen können, weiß man seit der (vom VfGH aufgehobenen) Bundespräsidenten-Stichwahl vorigen Mai.