Was ist wahr, was sind Fakenews? Bis zur Wahl werden wir Ankündigungen und Versprechungen der Spitzenkandidaten und der Parteien auf ihren Wahrheitsgehalt hin abklopfen.

Die Redakteurinnen und Redakteure der Kleinen Zeitung überprüfen die Aussagen, und die junge Jury, die uns im Nationalratswahlkampf begleitet, 20 Junge Wähleirnnen und Wähler aus der Steiermark, aus Kärnten und aus Wien, geht uns dabei zur Hand

21. September:

Im ORF-Duell zwischen SPÖ-Spitzenkandidat Christian Kern und Neos-Spitzenkandidat Matthias Strolz hat Kern behauptet, dass die Pensionen im Jahr 2017 600 Millionen Euro weniger kosten werden als geplant, und Strolz hat gekontert, dass das durchwegen einer Einmalzahlung der Bank Austria der Fall sei.

Der ORF lieferte im Nachhang einen Faktencheck: Tatsächlich seien von der Bank Austria 790 Millionen Euro in die Pensionsversicherung eingezahlt worden, als Pensionsbeitrag für jene Bank Austria Beschäftigten, die in das ASVG-System übergeführt wurden. Allerdings: Dieses Geld sei wieder an die Bank Austria zurücküberwiesen worden, nachdem diese gleichzeitig eine Klage wegen der Höhe der Summe - rund das Doppelte des von der Bank geplanten Beitrages - eingebracht hatte. Die tatsächliche Zahlung erfolge zu einem späteren Zeitpunkt. Somit hat Kern Recht: Die Pensionen kosten um 600 Millionen Euro weniger, noch ohne dass eine zusätzliche Zahlung der Bank bereits in den Vergleich eingeflossen ist.

14. September:

Ein Zitat von Neos-Chef Matthias Strolz im „Reality-Check“ von ATV Mittwoch abend schlug gestern Wellen. Strolz hatte gesagt: „Ich bin der einzige Spitzenkandidat, der jemals Arbeitsplätze geschaffen hat“ ... Der eine, Kern, hat Arbeitsplätze abgebaut, der andere, Kurz, hat ein sechswöchiges Praktikum gemacht - sein einziger Ausflug in die Privatwirtschaft.“

Matthias Strolz: Nicht der einzige Unternehmer
Matthias Strolz: Nicht der einzige Unternehmer © APA/GEORG HOCHMUTH

Aber auch FP-Chef Heinz-Christian Strache war Unternehmer. Er antwortete uns, direkt angesprochen auf das Strolz-Zitat: „Ich hatte als selbstständiger Zahntechniker (Dentallabor Strache) drei bis vier Arbeitsplätze in meinem Kleinbetrieb, und weitere vier in einer GmbH als Gesellschafter.“

12. September:

Die Liste Peter Pilz fordert eine öffentliche Klarstellung und Entschuldigung: Die Tageszeitung "Österreich" hat das angeblich von der ÖVP gestreute Gerücht in die Welt gesetzt, im Hintergrund werde an einer Rot-Blau-Piilz-Koalition gebastelt. Anwalt Alfred Noll, Kandidat auf der Liste Pilz: "Peter Pilz hat für die Liste Pilz wiederholt und nachdrücklich erklärt: Eine Koalition mit der FPÖ ist definitiv ausgeschlossen – und dabei bleibt es auch nach den Wahlen.“  Listenführer Kurz solle seine Getreuen bei den langen Nasen nehmen: "Das ist kein neuer Stil, das ist noch der alte Stil.“ 

11. September:

Ulrike Lunacek und Heinz-Christian Strache sagten im TV-Duell mit Heinz-Christian Strache auf Puls 4, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer mehr aufgehe. Die junge Jury stellte fest. Der so genannte "Gini-Koeffizient" des äquivalisierten Hauseinkommens  in Österreich spiegle diese Ausnahme nicht wider, auch nicht die Statistik der Agenda Austria über die Armutgefährdung.

Allerdings: Eine Studie des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) der Uni Mannheim und des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) hatte unlängst festgestellt, dass die Berechnungen fragwürdig sind: Die Kapitaleinkünfte seien zu wenig berücksichtigt, und die Berechnungen fußten auf Umfragen, in denen sehr wohlhabende Haushalte unterrepräsentiert seien. Je stärker die Kapitalerträge stiegen, desto stärker würden die Einkommensunterschiede, selbst wenn sinkende Arbeitslosigkeit am unteren Ende der Skala zu steigenden Haushaltseinkommen führe.

11. September:

Heinz-Christian Strache (FPÖ) sagt im TV-Duell mit Matthias Strolz auf Puls 4, dass die amtierende Bundesregierung die höchste Arbeitslosgigkeit zu verantworten habe.

Heinz-Christian Strache: Hohe, aber nicht höchste Arbeitslosigkeit unter der aktuellen Regierung
Heinz-Christian Strache: Hohe, aber nicht höchste Arbeitslosigkeit unter der aktuellen Regierung © APA/GEORG HOCHMUTH

Fakt ist, dass die Arbeitslosigkeit zuletzt wieder zurückgegangen ist, und zwar auf 311.492 Arbeitslose im August 2017 bzw. 8,3 Prozent, ein Minus von 5,6 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahresmonat. Allerdings: Ebenso in dieser Legislaturperiode und unter dieser Regierung hatte die Arbeitslosigkeit bereits eine Zahl erreicht wie es sie zuvor noch nie gab.  Nur im Jahr 1953 war sie mit 8,5 Prozent (nach heutigen internationalen Kriterien berechnet) höher.

2. September:

"Mittendrin in der Heimat" mit Heinz-Christian Strache (FPÖ): Strache fand den Marshallplan „lächerlich“.  Aber: Immerhin sind nach heutigem Wert 130 Milliarden Dollar nach Europa geflossen, fünf Prozent davon nach Österreich. „Es war viel weniger, und das meiste davon waren Kredite“,  behauptete Strache.

Die Wahrheit ist:  Erlöse aus von den USA geschenkten Waren flossen zwar zurück in einen Topf, der aber als ERP-Fonds wieder Österreichs Wirtschaft zugutekam.

2. September:

Heinz-Christian Strache hatte in der selben Sendung auch behauptet: "Auf meinen Seiten gibt es keine Fake-Profile, die sind alle echt." Strache nahm allerdings nicht auf Facebook Bezug sondern auf Twitter und das Messinstrument "Twitteraudit".

Tatsächlich sind bei Strache, der auf Twitter im Vergleich nur wenige Follower hat, von 19.500 Followern nur 2.600, die auf Bots (computergenerierte Tweets) und Fake-Accounts zurückgehen. Bei  Sebastian Kurz mit seinen derzeit 239.000 Nutzern ist nur rund die Hälfte echt. Bei Christian Kern sind es derzeit rund 66.000 Follower, und auch hier sind laut Twitteraudit rund die Hälfte Fake-Profile.