Wochenlang war Bundespräsident Alexander Van der Bellen von der Bildfläche verschwunden, nun ist seine Stunde gekommen. Mit dem Wahlabend wurde er mit einem Schlag wieder zurück in die Öffentlichkeit katapultiert. Nach dem Erdrutschsieg der FPÖ stellte sich die Frage: Was nun, Herr Bundespräsident?
In den Abendstunden meldete er sich im ORF zu Wort. Zunächst machte er - wohl an die Adresse der FPÖ gerichtet - deutlich, dass es bei der Regierungsbildung nicht darum gehe, wer als Erster durchs Ziel kommt, sondern wer über die nötige Mehrheit im Parlament verfügt. „Es gibt eine Latte, und wer allein nicht drüber kommt, muss andere überzeugen.“ Die FPÖ besitzt die relative, aber nicht die absolute Mehrheit.
Regierungsrücktritt am Dienstag
In gewisser Weise spielte er den Ball an die Parteien weiter. Wen er mit der Regierungsbeteiligung beauftragen wird, ließ er offen. Er werde in der nächsten Woche Gespräche mit allen Parteichefs führen, so auch mit FPÖ-Chef Herbert Kickl. „Jetzt geht es darum, aufeinander zuzugehen, Lösungen und Kompromisse zu finden. Das kann schon dauern, aber es ist gut investierte Zeit.
Im Umfeld seiner zweiten Angelobung im Jänner 2023 hatte Van der Bellen deutlich gemacht, dass die stimmenstärkste Partei nicht damit rechnen könne, automatisch mit der Regierungsbildung beauftragt zu werden, was ihm nicht nur aus dem blauen Lager Kritik eingebracht hatte. Nun betonte er, dass die Ernennung des Kanzlers das Vertrauen des Bundespräsidenten voraussetze. Unverhandelbar seien ein Bekenntnis zur EU, zu den Menschenrechten, zu unabhängigen Medien. Am Dienstag dürfte die amtierende Regierung ihren Rücktritt anbieten, Van der Bellen wird sie mit der Fortführung der Amtsgeschäfte betrauen.