Partystimmung herrscht schon, da ist noch gar nicht klar, ob es etwas zu feiern geben würde. Die Neos haben als Ort für ihre Wahlparty den Salon Plafond im Wiener Museum für angewandte Kunst (MAK) gewählt, laute Musik und das Licht zahlreicher pinker Scheinwerfer füllen den Saal mit der historischen goldverzierten Decke. Der Andrang ist groß, Kellnerinnen und Kellner haben Mühe, sich mit Tabletts mit Aperol und Häppchen durch die Menge zu schlängeln. Viele junge Parteimitglieder, aber auch bekannte Gesichter wie EU-Spitzenkandidat Helmut Brandstätter, die Nationalratsabgeordneten Yannick Shetty und Martina Künsberg Sarre oder der Wiener Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr sind gekommen, um zu feiern.

Je näher die erste Hochrechnung um 17 Uhr rückt, desto mehr mischen sich ernste Gespräche über den Wahlausgang in das gelöste Treiben. Als die ORF-Übertragung auf mehreren großen Bildschirmen lauter geschaltet wird, wird es ruhig in der schicken Museumsbar. Der blaue Balken, der auf fast 30 Prozent steigt, sorgt kurz für Bestürzung, das eigene Ergebnis wird mit Jubel aufgenommen. Bei rund neun Prozent kommen die Pinken zum Liegen, ein kleines Plus im Vergleich zu 2019, trotz der massiven Verluste für die Regierungsparteien.

Zufriedenheit und Skepsis

Er sei „sehr zufrieden“, sagt der Nationalratsabgeordnete Yannick Shetty. „Es gibt zwei Parteien, die dazugewonnen haben. Das ist einerseits leider die FPÖ und andererseits wir.“ Weniger begeistert sind drei junge Partygäste, die auf ein größeres Plus gehofft hatten. „Wir treten auf der Stelle“, bedauern sie. Insgesamt überwiegt aber der Optimismus. „Wir sind weiter gewachsen“, betont ein anderer Gast, es sei „ein wirklich guter Wahlkampf gelungen.“

Generalsekretär Douglas Hoyos, Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr und Nationalratsabgeordnete Stefanie Krisper in Jubelstimmung
Generalsekretär Douglas Hoyos, Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr und Nationalratsabgeordnete Stefanie Krisper in Jubelstimmung © APA / Eva Manhart

Ob die Neos ein paar Zehntelprozentpunkte mehr oder weniger dazugewinnen, ist ohnehin nicht die Frage, die an jenem Sonntagabend im Vordergrund steht. Viel mehr schielen die Pinken vorsichtig optimistisch auf die Möglichkeit einer Regierungsbeteiligung. Denn ÖVP-Chef Karl Nehammer lehnt eine Zusammenarbeit mit der FPÖ zumindest unter Parteichef Herbert Kickl ab. Eine Mandatsmehrheit der beiden ehemaligen Großparteien dürfte – wenn überhaupt – hauchdünn ausfallen. Sollten sich ÖVP und SPÖ zu einer Zusammenarbeit zusammenraufen, wird es wohl einen Dritten im Bunde brauchen. „Wir sind bereit“, sagt Parteichefin Beate Meinl-Reisinger in einem ersten ORF-Statement, „ich freue mich sehr über dieses Ergebnis.“

Video: Meinl-Reisinger: Blau-Schwarz wäre schädlich für die Wirtschaft

Regieren, „aber nicht um jeden Preis“

Bei der pinken Party überwiegt die Hoffnung, dass sich eine schwarz-rot-pinke Koalition nicht nur rechnerisch ausgeht. Von einer „sehr wahrscheinlichen Variante“, spricht EU-Abgeordneter Helmut Brandstätter. Andere Gäste sind vorsichtiger. „Blau-Schwarz ist sicher nicht zu 100 Prozent ausgeschlossen“, meint ein junger Mann, immerhin hätten die beiden Parteien in der Vergangenheit immer wieder zusammengefunden. Ein anderer Partygast hat grundsätzliche Zweifel: Es wäre eine „Koalition der Verlierer“, eine solche Konstellation würde von der Bevölkerung nicht als demokratisch legitimiert angesehen werden, befürchtet er.

Vizebürgermeister Wiederkehr und der Abgeordnete Sepp Schellhorn
Vizebürgermeister Wiederkehr und der Abgeordnete Sepp Schellhorn © APA / Eva Manhart

Zuversichtlich sind die Pinken, dass sie auch als kleinster von drei Partnern die im Wahlkampf so stark betonten Reformen durchsetzen können. Erfahrung in diese Richtung hat der Wiener Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr, seit vier Jahren in einer Koalition mit der in Wien nach wie vor mächtigen SPÖ. „In Wien haben wir schon jetzt fast alle Koalitionsbedingungen erfüllen können. Es ist wichtig, gut vorbereitet in die Koalitionsverhandlungen zu gehen. Und wir sind auch jetzt gut vorbereitet.“ Billig hergeben wolle man sich aber nicht, betont die Abgeordnete Martina Künsberg Sarre. „Ja, wir sind bereit. Aber nicht um jeden Preis.“