Zur ersten TV-Debatte von US-Präsident Donald Trump und seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden schreiben Zeitungen:

"The Times"

"Der klarste Verlierer dieser ersten Präsidentschaftsdebatte zwischen Donald Trump und Joe Biden war Amerika. (...) Tatsächlich war das keine Debatte, die einen vernünftigen Sinn ergab. Es war ein missmutiger und bisweilen unverständlicher Streit zwischen zwei wütenden Männern in den Siebzigern, die sich spürbar gegenseitig verabscheuen. (...) Diese Wahl wird nicht geräuschlos enden. Im letzten Teil der Debatte ging es um die Integrität der Wahl. Trump blieb bei seiner konsequenten Weigerung, sich zur Anerkennung des Wahlergebnisses zu verpflichten. Stattdessen setzte er noch eins drauf und behauptete, dass Briefwahlstimmen Betrug ermöglichen, und er ermutigte seine Anhänger, das Geschehen in den Wahllokalen zu überwachen. Verbunden mit seiner Weigerung, weiße Rassisten zu verurteilen - er forderte die Gruppe 'Proud Boys' auf, sich 'zurückzuhalten und bereitzuhalten' - bot dieser Teil keine großen Hoffnungen auf eine baldige Linderung der tiefen Spaltung Amerikas."

"The Telegraph"

"Unfähig oder nicht willens, die Klingen zu kreuzen, wurde ein frustrierter Biden darauf reduziert, seinen Kopf zu schütteln, manchmal begleitet von einem verärgerten Gekicher. Die schillernde Gestalt, die in der Obama-Administration für etwas Leichtigkeit sorgte, war verschwunden und wurde durch einen verängstigten, müden Mann ersetzt, der entsetzt war über die ihm dämmernde Erkenntnis, dass er von einem Mann übertroffen wurde, den er zweimal als 'Clown' bezeichnete."

"Neue Zürcher Zeitung"

"Trump gelang es in dieser aufgeheizten Atmosphäre nicht, Auskunft über sein politisches Programm für eine zweite Amtszeit zu geben - und zum Beispiel den Fernsehzuschauern zu erklären, wie er die weltgrößte Volkswirtschaft wieder auf Vordermann bringen will. (...) Biden (sah) im Übrigen nicht aus wie die Karikatur, die Trump und seine Wahlkampfberater in den vergangenen Wochen von ihm gezeichnet hatten. Der 77-Jährige war präsent, griff den Präsidenten dort an, wo er angreifbar ist - zum Beispiel bei den Themen Corona-Pandemie und Krankenversicherungsreform - und hatte keinen massiven Aussetzer. Letztlich schnitt Biden damit, gemessen an den Erwartungen an ihn, besser ab als Trump, der in den Meinungsumfragen zurückliegt. Fast alle Kommentatoren waren sich aber einig darüber, dass die Debatte insgesamt keinen guten Eindruck hinterließ."

"Tages-Anzeiger"

"Die Diskussion der beiden Kontrahenten mochte unergiebig sein, sie erlaubte aber eine Einschätzung ihrer charakterlichen Befindlichkeit. Und nach fast vier Jahren Chaos und Clownshow blieb am Ende der gestrigen Debatte jenes Fazit, das bereits Watergate-Starjournalist Bob Woodward nach 19 Interviews mit dem Präsidenten gezogen hatte: Trump ist der falsche Mann für den Job. Und kaum dürfte das Chaos auf der Bühne in Cleveland, verursacht vornehmlich von Donald Trump, jemanden dazu bewegen, ins Lager des Präsidenten zu wechseln. Das aber war die Aufgabe, die Trump in Cleveland hätte erfüllen müssen. Er hat es nicht vermocht, im Gegenteil: Selbst für seine Verhältnisse lieferte der Amtsinhaber gestern eine blamable Vorstellung. Und je lauter er Joe Biden ins Wort fiel, desto mehr entblößte sich der Präsident als ein selbstbezogener Mann auf einem gigantischen Ego-Trip."

"NRC Handelsblad"

"Beide Kandidaten betonten so schnell wie möglich die Punkte, die sie vermitteln wollten. Als es um die Ernennung für das Oberste Gericht ging, begann Biden sofort über das Gesundheitssystem von Präsident Obama zu reden, das sein Nachfolger Trump zu zerstören versucht und mit dem sich das Gericht bald befassen wird. Und als der Moderator das Thema Rassismus ansprach, ignorierte Trump dies und begann stattdessen über die Strafverfolgung zu sprechen. 'Das ist die schlimmste Debatte, die ich je gesehen habe', sagte ein CNN-Kommentator. Und beim Sender CBS fragten sie: 'Brauchen wir wirklich noch zwei Debatten von dieser Art?'

"De Tijd"

"Als geborener Entertainer wirkte Trump schneidiger, schneller, dominanter. Biden stolperte immer wieder mal über seine eigenen Worte und ließ Chancen auf eine schlagfertige Antwort ungenutzt. Aber der senile 77-jährige 'Sleepy Joe', als den Trump seinen Gegner schon seit Monaten darstellt, war Biden nun auch wieder nicht. Verbale Ausrutscher, mit denen er sich in seiner ganzen Karriere hervortat, unterliefen ihm nicht. Und so wurde diese gehypte Debatte vor allem zu einer Bestätigung des Status quo. (...) Haben die amerikanischen Wähler Dienstagnacht etwas gehört, was Trump und Biden noch nicht gesagt hatten? Keineswegs. Haben die Wähler, die laut Umfragen stärker zu Biden neigen, Dinge gehört, die ihre Wahlentscheidung verändern könnte? Ebenso wenig. Und werden die zwei noch folgenden und zweifellos ebenso chaotischen Debatten ihre Wahlentscheidung beeinflussen? Vermutlich ebenfalls nicht."

"Politiken"

"Unterbrechungen, Chaos, grobe Beschuldigungen, persönliche Angriffe, abfällige Spitznamen und erhobene Stimmen: Das waren die Grundzutaten der ersten TV-Debatte zwischen Präsident Trump und Joe Biden. Würdig war das nicht. Im Gegenteil. Obwohl Fox-News-Moderator Christopher Wallace mit imponierender Ruhe sein Bestes gab, um die Debatte in der Spur zu halten, war sie eine demütigende und deprimierende Vorstellung für eine verehrte Demokratie wie die USA. Sie zeigte eine Supermacht, die im extremen Streit mit sich selbst ist. Trotzdem war die Debatte wichtig. Zum einen zeigte sie im Übermaß die Tiefen, in die Trump bereit ist, im Kampf um den Machterhalt zu versinken. Zum anderen - und das ist vielleicht wichtiger - hat die US-Bevölkerung Joe Biden endlich im Nahkampf mit Trump sehen können. Und er hat sich in feinem Stil geschlagen. Das war nicht 'Sleepy Joe', wie Trump seinen Gegner abfällig nennt. Er war klar, ruhig, eindeutig mental frisch und überraschend aggressiv. So wurde in der Nacht auch klar, wer der Sieger der US-Präsidentenwahl sein sollte: Biden."

"Wall Street Journal"

"Niemand hat eine Lincoln-Douglas-Debatte erwartet, aber musste es ein World-Wrestling-Kampf sein? Wobei das unfair gegenüber den Ringern sein könnte, die präsidentenhafter sind als Donald Trump oder Joe Biden in ihrer ersten Debatte am Dienstagabend geklungen haben. (...) Das Event war ein Spektakel an Beleidigungen, Unterbrechungen, endlosem ins Wort Fallen, Übertreibungen und totaler Lügen selbst nach den Lügen-Standards der derzeitigen US-Politik. (...) Keiner hat das Fiasko gewonnen, aber Mr. Biden bestand den Test, 90 Minuten lang schlüssig zu erscheinen. (...) Wir hoffen, es wird besser, wenn die beiden Vizepräsidentschaftskandidaten nächste Woche debattieren. Vielleicht wird einer von ihnen sich wie ein Präsident verhalten."

"Washington Post"

"Es dauerte nur 15 Minuten, bis sich die erste Debatte zwischen Präsident Trump und dem ehemaligen Vizepräsidenten Joe Biden in ein unverständliches Chaos verwandelte. Doch in dieser Viertelstunde sahen Wähler die einzigen Dinge, die sie über Trump wissen müssen: seinen Drang, zu dominieren, seine Unfähigkeit, sich zurückzuhalten, und wie schwierig es sein wird, das öffentliche Leben in den USA zurück zur Normalität zu bringen, wenn er weg ist. (...) Trump sagt immer wieder Dinge, die einem den Atem stocken lassen. Schaut man ihm beim Debattieren zu, so fühlt es sich ein bisschen wie eine Asthma-Attacke an. Biden begab sich nicht auf Trump-Niveau herab: Sein persönlicher Aufzug fährt nicht so weit hinab. (...) Zum Glück endete die Debatte zur vorgesehenen Zeit. Aber es fiel schwer, viel Erleichterung zu empfinden als es vorbei war."

"New York Times"

"Unsere Demokratie ist in schrecklicher Gefahr, in größerer Gefahr, als sie es seit dem Bürgerkrieg war, in größerer Gefahr als nach Pearl Harbor, in größerer Gefahr als während der Kuba-Krise und in größerer Gefahr als während der Watergate-Affäre. (...) Zugegebenermaßen hat Biden in der Debatte nicht besonders geglänzt. Leider habe ich ihn in keiner Debatte glänzen sehen. Aber ich habe keinen Zweifel daran, dass die Menschen, Werte und Integrität, die er in die Regierung bringen würde, von einer Qualität wären, die die Nation verdient. Wenn Trumps monströse Darbietung Ihnen das Gefühl gegeben hat, dass Sie vier weitere Jahre seiner Präsidentschaft wollen - dass er das Wahlergebnis anerkennen wird, wenn er verliert, dass er das Land wieder vereinen wird, dass er der Präsidentschaft Stolz verleihen und sich mit Menschen umgeben wird, die von einer Qualität sind, die das Land verdient - dann haben Sie und ich verschiedene Debatten gesehen."

"El País"

"Die erste Wahldebatte zwischen dem Republikaner Donald Trump und dem Demokraten Joe Biden war ein chaotisches und boshaftes Spektakel, das im mächtigsten Land der Welt schockierte. (...) Ein Trump in seiner aggressivsten Version, der den Gegner nicht zu Wort kommen lässt, warf sich wie ein Wirbelwind gegen einen Biden, der versuchte, die Rolle des Präsidenten zu spielen, bei dem Versuch, Trump Paroli zu bieten, aber auch in den Schlamm griff. Biden nannte ihn einen "Lügner", einen "Clown" und sagte, er solle die Klappe halten. Dieses Duell wird nicht als eine der Debatten in die Geschichte eingehen, die letztendlich das Schicksal einer Wahl bestimmt haben, sondern als Zeichen des feindseligen Klimas, das fünf Wochen vor der Wahl im Land herrscht. Biden sprach mehr in die Kamera und versuchte, die Wähler anzusprechen. Trump tat das Gegenteil mit schlechten Manieren, ganz nach dem Geschmack seiner treuesten Anhänger. (...) Er (Biden) wirkte so wie dieser schmächtige Schüler, der eines Tages alle Kraft zusammennimmt und sich gegen den Raufbold der High School stellt: 'Wirst du die Klappe halten, Mann?'"