Auf der dritten Etage im Hauptquartier der „Partei der Regionen“ in der Lipskaya Straße von Kiew standen zwei Tresore, die mit frischen Hundert-Dollar-Noten gefüllt waren. Dort bewahrten die Helfershelfer des 2014 aus dem Amt gejagten pro-russischen Präsidenten Viktor F. Janukowitsch auch handgeschriebene Listen auf, die auf über 400 Seiten festhielten, wer wie viel Geld aus den Tresoren erhalten hat.

Die Beträge reichten von ein paar Hundert Dollar Handgeld über 67.000 Dollar für eine Luxusuhr bis hin zu 8,4 Millionen Dollar, die der Chef einer Werbeagentur erhielt. Bei Durchsicht der Schwarzgeldlisten stolperten die Ermittler des „Nationalen Anti-Korruptionsbüros" der neuen Regierung über den nicht sehr slawischen Namen Paul Manafort. Und Manafort ist nicht irgendwer. Donald Trump hat den erfahrenen Politikberater im späten Frühjahr als Chef-Manager seines Präsidentschaftswahlkampfs eingekauft. Er gilt als skrupelloser Stratege, der nicht nur für Klienten in den USA, sondern auch im Ausland tätig war. Unter anderem stand Manafort in Diensten des längst abgetretenen philippinischen Diktators Ferdinand Marcos, der rechten Unita in Angola und der früheren Regierung in Nigeria.

Trumps Wahlkampfmanager äußerte sich selber nicht zu den Enthüllungen der „New York Times“, sondern ließ durch seinen Anwalt mitteilen, zu keinem Zeitpunkt Schwarzgeld erhalten zu haben. Richard A. Hibey erklärte, es handele sich um eine Schmierenkampagne gegen seinen Klienten. Es gebe „keine Beweise“ gegen Manafort „und wir verneinen, dass es jemals solche Beweise geben wird“.

Die Nationale Anti-Korruptionsbehörde der Ukraine arbeitet daran, herauszufinden, wofür die 12,7 Millionen Dollar flossen, neben denen der Name des Trump-Vertrauten steht. „Er hat genau verstanden, was in der Ukraine los war", sagt Vitali Kasko, der für die Generalstaatsanwaltschaft in Kiew tätig war. „Jede vernünftige Person wusste, dass der Janukowitsch-Clan korrupt war“.

Nach dem Sturz des pro-russischen Präsidenten gingen Bilder um die Welt, die zeigten, wie dieser und seine Getreuen ein Leben in Saus und Braus geführt hatten. Zu seiner noblen Residenz gehörten ein Privatzoo, eine Golfanlage und Tennisplätze.

Spätestens seit 2007 stand Manafort in Diensten des selbstherrlichen Staatschefs und dessen „Partei der Regionen“. Der Amerikaner half dem Putin-Freund, Wahlen zu gewinnen, und stellte ein Dossier zusammen, das der Öffentlichkeit die strafrechtliche Verfolgung der Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko verkaufte.

Die Enthüllungen über Paul Manaforts Verwicklungen mit der gestürzten pro-russischen Regierung in der Ukraine werfen ein Schlaglicht auf Donald Trumps dunkles Beziehungsnetz zu Moskau. Kritiker nennen den Rechtspopulisten bereits unter Anspielung auf Richard Condons Politthriller („The Manchurian Candidate“) den „sibirischen Kandidaten“.

Offizielle Gehaltsliste

Eine Zuspitzung, gewiss, aber eine, die mehr als einen Funken Wahrheit in sich trägt.

Ein Blick auf das Personaltableau in Trumps Wahlkampfteam liefert ein paar erhellende Erkenntnisse. Unabhängig davon, ob Manafort Schwarzgeld von Putin-Freund Viktor Janukowitsch kassiert hat, stand er von 2004 an ganz offiziell auf der Gehaltsliste des russischen Statthalters in Kiew.

Manafort unterhielt auch beste Kontakte zu russischen Oligarchen, die das Rückgrat der Macht Wladimir Putins bilden. Er arbeitete unter anderem mit Rinat Achmetow, Dmitri Firtasch und Oleg Deripaska zusammen.

Dann ist da aber auch noch Carter Page, der Trump in außenpolitischen Fragen berät. Der Investmentbanker hat beste Kontakte zu Gazprom und gilt als ausgesprochener Putin-Freund.

Der Dritte im Bunde ist der pensionierte Generalleutnant Michael Flynn, der Trump sicherheitspolitisch berät und für die Vizepräsidentschaftskandidatur im Gespräch war. Flynn saß im vergangenen Jahr beim zehnjährigen Jubiläum des russischen Propagandasenders „RT“ zwei Plätze neben Putin und hielt bei der Gala in Moskau eine gut bezahlte Rede.

Donald Trump selbst pflegt seit den 1980er-Jahren gute Geschäftsbeziehungen mit Russland, die dem Magnaten Geldquellen erschlossen, als amerikanische Banken ihm keine Kredite mehr gaben.

2013 reiste Donald Trump nach Moskau, um in der von Putin-Freund Aras Agalarow gebauten Crocus City Hall der Premiere der russischen Ausgabe der „Miss Universe“-Wahl beizuwohnen, für die Trump die Rechte hält.

Freund der Oligarchen

Anschließend plusterte sich der New Yorker Milliardär auf, Wladimir Putin habe mit ihm in Moskau „direkt und indirekt“ gesprochen. Außerdem sei er mit „fast allen“ Oligarchen zusammengetroffen. Sohn Donald Junior räumt ein, dass russisches Geld nicht nur im 46 Stock hohen Soho-Hotel von Manhattan, sondern „in vielen unserer Vermögenswerte“ steckt.

So bedenklich die Geschäftskontakte in die undurchsichtige Welt der Oligarchen für sich genommen sind, so alarmierend sind die politischen Anbiederungen Trumps an Putin.

Er stellt den NATO-Beistand für Russlands Nachbarn infrage, denkt laut über die Anerkennung der Annexion der Krim nach, bewundert den autokratischen Stil des russischen Präsidenten, fordert Russland auf, Hillary Clintons E-Mails zu hacken, und sorgt auf dem Parteitag der Republikaner klammheimlich dafür, dass eine Passage aus dem Parteiprogramm gestrichen wird, in der es um Waffenhilfe für die Ukraine ging.

Und nun sorgt auch noch Trumps Tochter Ivanka mit einem Foto auf Instagram für Schlagzeilen, auf dem sie und Wendi Deng, die ehemalige Frau von Medienmogul Rupert Murdoch, beim Urlauben in der kroatischen Küstenstadt Dubrovnik zu sehen sind. Wendi Deng soll nach Angaben des US-Magazins „US Weekly“, das sich auf Putin-nahe Kreise beruft, seit Längerem schon mit dem Kremlchef liiert sein.

Dass Donald Trump ein „sibirischer Kandidat“ ist, gehört freilich zu den Übertreibungen des Wahlkampfs. Als nützlicher Helfer Wladimir Putins geht der - dank seines Narzissmus - leicht manipulierbare Spitzenkandidat aber allemal durch. Ein Grund mehr, warum seine Wahl ins Weiße Haus mehr als bedenklich wäre.