Am Ende der Debatte taucht Donald Trump höchstpersönlich im sogenannten „Spin Room“ auf, wo Wahlkämpfer von Republikanern und Demokraten den Journalisten ihre Interpretation des TV-Duells verkaufen wollen. Und Trump hat eine verblüffend einfache Erklärung für die Tatsache, dass er bei der TV-Debatte mit Hillary Clinton verschnupft klang.
Er sei in Wirklichkeit ziemlich gut gewesen, sagt der Bauunternehmer aus New York in die Mikrofone der Fernsehteams. Aber: „Man hat mir ein defektes Mikrofon gegeben. Haben Sie das bemerkt? Mein Mikrofon war defekt. Ich frage mich, ob das absichtlich gemacht wurde?“ Das ist Trump, wie er aus dem mittlerweile 18 Monate dauernden Wahlkampf um die Nachfolge von US-Präsident Barack Obama bestens bekannt ist. Läuft es nicht so, wie gewünscht, dann sind die Anderen schuld. Er jedenfalls ist es nicht. Seine Konkurrentin, die Ex-Außenministerin, hat wenige Minuten zuvor gesagt: „Ich weiß, Donald, dass du in deiner eigenen Realität lebst.“
Clinton hat das erste TV-Duell gegen Trump verdient gewonnen. Das liegt weniger an ihrem Auftritt, der solide war. Sondern vor allem darin, dass Trump unvorbereitet und fahrig wirkte. Er nahm jeden Köder an, den ihm Clinton hinhielt, verbiss sich in unwichtige Details und bediente im Grunde nur seine Anhänger, die er ohnehin sicher hat. Vom Bemühen, Unentschiedene auf seine Seite zu ziehen, war wenig zu sehen. Und davon, wie er seine wolkigen Versprechen Realität werden lassen will, war noch weniger zu hören.
Der Schlagabtausch zwischen Clinton und Trump war reines Spektakel. Es hatte Unterhaltungswert, bot aber wenig Informationsgewinn. Die Ex-Außenministerin immerhin bemühte sich, ließ sich aber zu oft zu unnötigen Provokationen hinreißen. Doch das war nichts im Vergleich zu Trump. Der Mann, den das US-Fernsehen bekannt gemacht hat, versagte eklatant.
Dabei lag die Messlatte für ihn ohnehin schon tief. Er hätte sie mit Leichtigkeit überspringen können, hätte er sich nur ein wenig angestrengt. Aber Trump kann das offenbar gar nicht. Es ist erstaunlich, dass der Kandidat der Republikaner selbst vor einem Fernsehpublikum von bis zu 100 Millionen Menschen nicht zu mehr in der Lage ist, als Phrasen zu dreschen und Unwahrheiten zu verbreiten.
Das hat die Debatte zu einer Veranstaltung gemacht, deren Wiederholung man mündigen Bürgern ersparen möchte. Argumente, wie sie Hillary Clinton zumindest teilweise anbrachte, verhallen wirkungslos, wenn der andere Debattenteilnehmer sich darauf nicht einlassen will oder kann. Das war kein Streitgespräch, das Wähler zum Nachdenken anregen könnte. Das war nur eine Show, bei der es darum ging, so lange mit Schmutz zu werfen, bis etwas davon hängen bleibt. Würdig ist das nicht, aber von Würde war in diesem Wahlkampf, der nun schon 18 Monate dauert, noch nie die Rede.
Glücklicherweise oder leider entscheidet eine Debatte nicht die Wahl. Sie sagt nichts darüber aus, ob Trump nun seine Chancen verspielt hat. Es sind noch sechs Wochen bis zur Wahl. Es ist deswegen immer noch nicht ausgeschlossen, dass eine Mehrheit der US-Bürger in den entscheidenden US-Bundesstaaten für Trump stimmt. Wie nie zuvor ein Kandidat in der Geschichte der USA hat der Bauunternehmer aus New York den Populismus und die Inhaltsleere zu einem Markenzeichen gemacht und damit erstaunliche Erfolge erzielt.
Das bessere von zwei Übeln?
Verlauf und Ergebnis der Debatte sagen auch nichts darüber aus, ob es Clinton gelingen wird, das Werben um Vertrauen in ihre Person und ihre Fähigkeiten in Wählerstimmen umzusetzen. Die Ex-Außenministerin ist im Wahlvolk nach wie vor unbeliebt. Sie genießt kein Vertrauen, und jeder ihrer Vorschläge wird daraufhin abgeklopft, ob er dem Land und seinen Menschen nutzt oder doch nur wieder dem Establishment, wie es Trump seinen Anhängern einhämmert.
Ein Sieg Clintons am 8. November wäre lediglich der Beleg dafür, dass die Mehrheit der Amerikaner Trump ablehnt. Das bessere von zwei Übeln zu sein, das ist kein Vertrauensbeweis.
Aber immerhin eines hat die Debatte sehr deutlich gemacht: Clinton hat einen Plan. Man kann über Details streiten. Aber es ist ein Plan. Trump dagegen hat keinen Plan. Er trägt nur die Attitüde zu Markte, dass er es besser machen wird, und fordert die Menschen ernsthaft auf, ihm Glauben zu schenken.
Trump ist offenbar überzeugt davon, dass alle außer Donald unfähig sind. So kann man sich als Geschäftsmann vielleicht gerieren. Für das Amt des US-Präsidenten qualifiziert das allerdings nicht. Und es ist auch wenig wahrscheinlich, dass Trump bis zum 8. November daran arbeiten wird, das zu verändern. Er kann es schlichtweg nicht.