Scharmützel zwischen beiden Lagern gab es schon vor dem Duell zur Genüge, jetzt treffen die Kontrahenten im Rennen um das Weiße Haus direkt aufeinander: Am Dienstagabend (Ortszeit) kreuzen Kamala Harris und Donald Trump in ihrem ersten TV-Duell die Klingen. Und es ist überhaupt das erste Mal, dass der für seine beleidigenden Attacken berüchtigte Republikaner und die besonnene und oft mit einem Lachen auftretende Kandidatin der Demokraten persönlich aufeinandertreffen.
Viel steht auf dem Spiel, manche TV-Duelle haben die US-Wahl entschieden. Aussetzer oder Fehler können verheerende Folgen haben - im Fall des scheidenden Amtsinhabers Joe Biden bedeutete seine Fehlleistung im Duell mit Trump am 27. Juni das Ende seines Plans, trotz seines hohen Alters noch einmal für vier Jahre ins Weiße Haus einzuziehen.
Trump bedient sich gerne übler Tricks
Trump ist ein Veteran des TV-Duells: Für den 78-jährigen Ex-Präsidenten ist es bereits der dritte Wahlkampf und die siebente TV-Debatte, für Harris ist es die erste. Der frühere Moderator der Reality-Show „The Apprentice“ ist fernsehgewandt und bedient sich gerne übler Tricks. So brachte er 2016 Hillary Clinton aus dem Konzept, indem er, während sie sprach, hinter ihrem Rücken auf und ab spazierte.
Harris zeigt sich von Trumps Gebaren bisher unbeeindruckt und verweist auf ihre Zeit als Staatsanwältin in Kalifornien. Damals habe sie es „mit Tätern aller Art aufgenommen“, darunter auch solche, die Frauen missbrauchten und Konsumenten hinters Licht führten. Niemand solle sich täuschen: Sie kenne „Typen wie Trump“.
In der Fernseharena tritt die einstige Staatsanwältin nun nicht nur ihrem Widersacher im Rennen um das Weiße Haus gegenüber, sondern auch einem verurteilten Straftäter: Wegen Vertuschung einer Schweigegeldzahlung an eine Pornodarstellerin wurde Trump im Mai als erster ehemaliger US-Präsident in einem Strafverfahren verurteilt.
Trump lästerte über Harris
Nachdem Harris die Kandidatur übernommen hatte, zeigte Trump bereits mehrfach, dass er auch im Duell mit ihr seinen Politikstil jenseits der guten Sitten fortsetzen will. Auf seiner Plattform Truth Social verbreitete er unlängst den Beitrag eines Nutzers, der andeutete, Harris habe ihre politische Karriere durch sexuelle Gefälligkeiten befördert.
Der Republikaner mokierte sich über ihr häufiges Lachen, bezeichnete Harris als „verrückt“ oder „radikale Linke“ und fabulierte darüber, die 59-Jährige habe sich erst im späteren Verlauf ihrer Laufbahn als schwarz begonnen zu beschreiben, um sich politische Vorteile zu verschaffen.
Harris erklärte dazu trocken, das amerikanische Volk habe Besseres verdient. „Wir verdienen einen Anführer, der begreift, dass unsere Unterschiede uns nicht trennen, dass sie eine wesentliche Quelle unserer Stärke sind“, sagte sie.
TV-Duell: Keine Zuseher, keine Notizen
Und auch sonst lassen Harris und ihr Kampagnenteam die rüden Attacken des Rechtspopulisten nicht unkommentiert. Als Trump zögerte, dem TV-Duell im Sender ABC zuzustimmen, und lamentierte, dieser sei der „mit Abstand fieseste und unfairste“ der Branche, veröffentlichte das Harris-Team ein Wahlkampfvideo, das mit Hühnergackern unterlegt war -„Chicken“ (Huhn) ist im Englischen eine Bezeichnung für einen Feigling.
Die Regeln für das TV-Duell werden nun weitgehend die gleichen sein wie bei der CNN-Debatte am 27. Juni. Die Duellanten dürfen keine Notizen mit an ihre Redepulte nehmen und das Mikrofon jenes Teilnehmers ist stummgeschaltet, der gerade nicht an der Reihe ist.
Für ihre Antworten haben die Kandidatin und der Kandidat zwei Minuten Zeit, zwei Minuten werden dann für eine Replik zugestanden. Zuschauer wird es nicht im Raum geben; es sind zwei Werbepausen geplant, während derer die Mitarbeiter aus den Wahlkampfteams aber nicht mit den Kandidaten sprechen dürfen.
Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Harris und Trump
Beim Duell Trump-Biden sahen 51,3 Millionen Menschen zu, am Dienstag dürfte diese Zahl noch übertroffen werden. Bei der Präsidentschaftswahl am 5. November wird ein äußerst knapper Ausgang erwartet. Derzeit liefern sich Trump und Harris in den Umfragen vor allem auch in den besonders umkämpften US-Bundesstaaten, den sogenannten Swing States, ein Kopf-an-Kopf-Rennen.