Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu hat sich bei US-Präsident Joe Biden bei einem Treffen im Weißen Haus am Donnerstag für dessen Unterstützung für Israel bedankt. „Ich möchte Ihnen für 50 Jahre im öffentlichen Dienst und 50 Jahre Unterstützung für den Staat Israel danken“, sagte Netanyahu. Bidens Vize Kamala Harris drängte auf ein Abkommen für eine Waffenruhe zwischen Israel und Hamas. Sie habe Netanyahu ihre „ernste Besorgnis“ über die Opferzahlen übermittelt.
Es gebe „hoffnungsvolle Fortschritte bei den Gesprächen“, sagte die demokratische Präsidentschaftsbewerberin nach dem Treffen. „Und wie ich Ministerpräsident Netanyahu soeben gesagt habe: Es ist an der Zeit, dieses Abkommen zustande zu bringen.“ Trotz der Mahnung bekannte sich Harris klar zu Israel und verurteilte sowohl Antisemitismus als auch Islamophobie.
Lücken für Waffenruhe schließen
Das Weiße Haus teilte mit, dass Biden Netanjahu auf die Notwendigkeit hingewiesen habe, die Lücken für eine Waffenruhe im Gazastreifen zu schließen, Hindernisse für Hilfslieferungen zu beseitigen und die Zivilbevölkerung bei Militäroperationen zu schützen. Seit Monaten wird über einen Waffenstillstand verhandelt. Aus US-Regierungskreisen heißt es, dass die Parteien einer Vereinbarung über einen sechswöchigen Waffenstillstand im Austausch für die Freilassung von Frauen, sowie kranken, älteren und verwundeten Geiseln durch die Hamas näher sind als je zuvor.
Am Freitag will Netanyahu noch den Präsidentschaftskandidaten der Republikaner, Donald Trump, in Florida treffen. Das Verhältnis zwischen dem amtierenden US-Präsidenten Biden und Israels Ministerpräsident ist schon lange angespannt. Wegen des Vorgehens der israelischen Führung im Gaza-Krieg hat sich die Stimmung weiter verschlechtert. Die USA als wichtigster Verbündeter drängen Israel seit Monaten, die humanitäre Hilfe in Gaza zu verstärken und den Schutz der Zivilbevölkerung zu verbessern. Netanyahu weist jegliche Kritik am militärischen Vorgehen seines Landes im Gazastreifen zurück.
Keine Fragen beantwortet
Biden hatte am Sonntag seinen Rückzug aus dem Präsidentschaftsrennen erklärt. Vor dem Treffen sagte er, es gebe eine Menge zu besprechen. Die beiden beantworteten keine Fragen der anwesenden Presse.
Video: Netanyahu vor US-Kongress
Seinen Kurs hatte Netanyahu am Mittwoch mit aller Deutlichkeit bei einer Rede vor dem US-Kongress gerechtfertigt. Der in der Heimat und international unter Druck stehende Premier ließ sich im Kapitol in Washington insbesondere von Republikanern feiern, teilte in alle Richtungen gegen Kritiker aus und nannte unter anderem die Vorwürfe des Internationalen Strafgerichtshofes gefährliche Lügen. Entgegen den Hoffnungen von Angehörigen der 120 noch im Gazastreifen verbliebenen Geiseln verkündete Netanyahu keine Vereinbarung über eine Waffenruhe im Gegenzug für die Freilassung der Geiseln.
Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, sagte, bei dem Treffen zwischen Biden und Netanyahu stehe viel auf der Tagesordnung. Die USA seien überzeugt, dass der Geisel-Deal zustande kommen müsse. Man sei der festen Überzeugung, dass die noch vorhandenen Lücken geschlossen werden könnten, „aber es wird, wie immer, ein gewisses Maß an Führung, Kompromissbereitschaft und Anstrengung erfordern, um dieses Ziel zu erreichen.“
Erster Besuch seit vier Jahren
Es ist Netanyahus erster Besuch in Washington seit fast vier Jahren und seine erste Auslandsreise seit dem Terrorüberfall der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober, der zum Krieg in Gaza führte. Der Auftritt vor dem US-Parlament war zugleich sein vierter dieser Art, was eher ungewöhnlich ist. Biden und Netanyahu waren zuletzt persönlich im Oktober in Tel Aviv zusammengekommen, kurz nach dem Massaker der Hamas.
Netanyahus Aufenthalt in Washington wurde begleitet von größeren Protesten. Dabei kam es auch zu antisemitischen Vorfällen. Harris verurteilte diese auf Schärfste: „Ich verurteile alle Personen, die sich mit der brutalen Terrororganisation Hamas solidarisieren, die geschworen hat, den Staat Israel zu vernichten und Juden zu töten“, teilte die US-Vize mit. „Pro-Hamas-Graffiti und -Rhetorik sind verabscheuungswürdig und dürfen in unserem Land nicht geduldet werden.“
Verbrennen der US-Flagge
Sie verurteile auch das Verbrennen der US-Flagge, so Harris. „Sie sollte niemals auf diese Weise geschändet werden.“ Sie unterstütze das Recht, friedlich zu protestieren, sagte Harris, und fügte hinzu: „Aber lassen Sie uns klar sagen: Antisemitismus, Hass und Gewalt jeglicher Art haben in unserem Land keinen Platz.“
Die Proteste waren auch Thema in der regelmäßig stattfindenden Pressekonferenz des Weißen Hauses. Kommunikationsdirektor Kirby wurde gefragt, ob er Behauptungen zustimme, dass der Iran einige der Demonstranten finanziell unterstütze. Darauf antwortete er, man wisse, „dass der Iran einige der Proteste hier in den Vereinigten Staaten finanziert und unterstützt“. Man glaube aber nicht, dass aller Protest vom Iran unterstützt werde.