Die Gastronomiebranche in Österreich blickt gespannt den für Dienstag avisierten Rahmenbedingungen durch die Bundesregierung zur Wiederöffnung in der Coronakrise entgegen. Mitte Mai soll es bei günstiger Entwicklung der Fallzahlen losgehen. Die Hotellerie fürchtet aber, weiter vertröstet zu werden. Susanne Kraus-Winkler von der Wirtschaftskammer Österreich warnte am Sonntag eindringlich davor.
"Wir haben sehr große Sorge, dass es überhaupt kein Statement oder Information zur Hotellerie geben wird. Wir brauchen aber endlich einen konkreten Zeitpunkt", erklärte Kraus-Winkler am Sonntag im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur. Die Obfrau des Fachverbandes Hotellerie in der WKÖ schließt aus gewissen Signalen, dass die Bundesregierung die Hotelbranche vorerst weiter warten lässt. "Wir hören nicht ein Sterbenswort zum Thema Hotellerie."
Dabei habe man gemeinsam mit der Gastronomie ein umfassendes Papier mit Verhaltens-Empfehlungen in beiden Branchen verfasst. "Wir haben es sogar sozialpartnertechnisch abgestimmt und an die Regierung weitergeleitet. Wir haben wirklich gehofft, dass das gesamte Papier besprochen wird, was aber nicht der Fall war." Zwar seien etwa zwei Drittel des Papiers genauso relevant für die Hotellerie, aber: "Die Punkte, die dazukommen, sind sicher, Check-in, Check-out, Zusatzprogramme und Zimmer. Die haben wir genau aufgelistet."
Auch in der Hotellerie bedürfe es gewisser Vorlaufzeiten und Eingewöhnungsphasen. "Idealerweise gibt es einen Termin, an dem die gesamte Hotellerie die Grundsatzgenehmigung bekäme, aufzusperren unter den Rahmenbedingungen. Für uns ist ja auch Schutz und Sicherheit der Gäste und Mitarbeiter an höchster Stelle. Dann kann jeder aufsperren, wann er glaubt, dass es für ihn der beste Zeitpunkt ist", erläutert Kraus-Winkler. So würden etwa Sommersaisonbetriebe vielleicht etwas später aufsperren oder wenn sie wissen, wann die Grenzöffnungen beginnen.
Ein heikler Punkt ist neben der Beobachtung der Corona-Fallzahlen in Österreich aber auch in den Nachbarländern natürlich auch die Thematik von Stornierungen. "Sie haben einen der heikelsten und brennendsten Punkte bei uns angesprochen. Es gibt für den Sommer schon gute Buchungen in manchen Bereichen, zum Beispiel in Kärnten an den Seen, die haben viele Stammgäste aus Deutschland auch. Meine Kollegen aus Kärnten sagen, sie müssen jetzt irgendwann einmal wissen, wie es weitergeht. Dürfen sie überhaupt aufsperren?"
Für den Konsumenten ist das Thema Storno natürlich auch interessant. Kraus-Winkler verspricht schon jetzt großes Entgegenkommen seitens der Hoteliers. "Es wird sicher ein Jahr sein, in dem man das, was man bisher an klassischen Fristen und Vorgaben gewohnt war, nicht so leben kann. Wir werden sehr großzügig mit den Stornomöglichkeiten sein." Jedem Unternehmer sei bewusst, dass man die Planung auch der Gäste berücksichtigen muss. "Wir müssen extrem flexibel sein, möglicherweise wird es bis drei Tage vorher oder in manchen Fällen bis einen Tag vorher stornierbar sein."
Wichtig sei aber nun, dass man ein konkretes Buchungsmanagement nur mit gewissen Vorgaben machen kann. "Wir können nicht im Nebel weiter agieren. Es haben viele Betriebe richtige Existenzängste, und viele Betriebe haben ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit genommen. Wenn wir nicht bald wissen, wie es weitergeht, dann haben wir Kurzarbeit über Monate, ohne dass ein Tag kurz gearbeitet wurde. Was sollen wir unseren Mitarbeitern sagen?", erklärt die WKÖ-Obfrau.
Kraus-Winkler ist überzeugt, dass Corona eine Zeit lang bleiben wird. "Ich glaube, dass wir uns herantasten werden. Wir können nicht die Modelle und Denkansätze von vorher nehmen. Es geht nicht mehr darum, den bestmöglichen Umsatz zu machen, sondern wie kann ich mich vorwärtsbewegen, dass ich halbwegs Wirtschaftlichkeit und Gesundheit in einer Balance habe?"
Der Aufsperrwille im Verhältnis zum erwarteten Umsatzeinbruch ist unterschiedlich, wie Kraus-Winkler aus einer Umfrage weiß. "Einige Betriebe haben gesagt, sie würden bei 40 Prozent aufsperren und schon problemlos wirtschaften können. Andere sagen, bevor es nicht 50 Prozent sind, brauchen wir nicht aufsperren." Schließlich gäbe es etwa städtische Jahresbetriebe in Wien, die allein eine 55-prozentige Auslastung zur Deckung der operativen Kosten brauchen. Zur Abdeckung der Pacht bedürfe es dann zwischen 70 und 75 Prozent.
Ein bisschen Einblick gab die Unternehmerin auch in geplante Zusatzmaßnahmen spezifisch für die Hotellerie. So war schon von der Streichung von Frühstücksbuffets zu lesen. "Genau. Weiters sollen in den Zimmern möglichst wenig Einzelteile liegen, damit man sie nicht reinigen und desinfizieren muss. Man wird sicher den Gästen schon mit der Buchung eine Anleitung mit Verhaltensempfehlungen geben und auch den Check-in sehr sorgsam planen, damit Abstände eingehalten werden." Jeder, der dies technisch schon kann, wird wohl den Check-in-Vorgang auch schon digital durchführen.
Von einer Stornierungswelle für den Sommer ist der Obfrau nichts bekannt, außer dass aktuell fast alle Seminar- und Firmenbuchungen storniert wurden. In der Branche gibt es Überlegungen mit Sonderaktionen und Gutscheinen Gäste zu locken bei einer Buchung. Vor einem Preisverfall bzw. Schleuderpreisen warnt Kraus-Winkler schon jetzt eindringlich. "Wenn wir unsere Mitarbeiter weiterhin gut bezahlen wollen, wenn wir unser Produkt sicher und gut halten wollen, dann können wir nicht verschleudern."
Früher habe man immer gesagt, 'wenn der Preis um so und so viele Prozent fällt, muss die Auslastung um so und so viele Prozent steigen. "Das geht jetzt nicht. Wie soll die Auslastung um so viel mehr steigen?" Wenn sich die Preise nun auch nicht rechnen würden, dann käme die Branche in eine "Doppel-Todes-Spirale". Apropos Gutschein: Dies könnte für manchen Touristen auch abschreckend sein, im Falle einer zweiten Corona-Ansteckungswelle etwa. "Wir sind derzeit noch immer der Meinung, dass es besser ist, wir versuchen auf Freiwilligkeit, dem Gast Gutscheine anzubieten." Sollte es eine allgemeine Regelung geben, könne man sich ja dennoch mit dem Kunden etwas vereinbaren.