Für die Republik war es die größte Einzelbeschaffung der Geschichte. Für die vielen Kritiker ist und bleibt es der „Eurofighter-Krimi“. Das Kampfflugzeug „Typhoon“ (offizielle Bezeichnung) des europäischen Konsortiums Eurofighter machte 2002 das Rennen um die Nachfolge des ersten österreichischen Überschall-Abfangjägers Saab Draken J35. Wie es dazu gekommen ist, beschäftigt bis heute die heimische Innenpolitik und Justizbehörden.
24 Flugzeuge plus Option auf sechs Doppelsitzer lautet die Vorgabe für den Ende 2000 eingeleiteten Beschaffungsvorgang. Die erste Angebotsrunde scheitert noch, 2002 sind noch drei Anbieter dabei: Saab mit dem Gripen, der Typhoon und Lockheed Martin mit der F-16. Nachdem auch die Amerikaner aufgrund nicht erfüllter Muss-Kriterien ausscheiden, rechnet alles mit dem Zuschlag für den in der Anschaffung günstigeren Gripen. Doch eine 33-köpfige Bewertungskommission im Verteidigungsministerium spricht sich mehrheitlich (4 zu 1 Stimmen) für das Flugzeug aus dem EADS-Konzern aus.
Nach dem Ministerrat am 2. Juli 2002 verkündet Verteidigungsminister Herbert Scheibner (FPÖ, später BZÖ) den eben beschlossenen Kauf von 24 Eurofighter. Doch nach dem „Jahrhunderthochwasser“ im August reduziert die schwarz-blaue Regierung die Stückzahl auf 18, ohne dass sie neue Anbote einholt. Der Kaufpreis von 1,97 Milliarden Euro soll über Gegengeschäfte doppelt in die heimische Wirtschaft zurückfließen. Der Vertrag mit EADS wird am 1. Juli 2003 unterzeichnet.
Wahlversprechen
Von der Schweiz geleaste F-5E "Tiger" füllen die bis 2008 bestehende Lücke zwischen dem Ende der Draken- und dem Beginn der Eurofighter-Ära. Alfred Gusenbauer (SPÖ) geht 2006 mit dem Versprechen in die Wahl, die Eurofighter abzubestellen. Er wird Kanzler, setzt seinen Wahlkampfmanager Norbert Darabos als Verteidigungsminister ein und beauftragt ihn mit Ausstiegsverhandlungen mit Eurofighter. An deren Ende steht ein Kompromiss: 15 Stück der Tranche 1 (davon sechs gebrauchte) werden um 1,59 Milliarden Euro beschafft.
Die Folgen des „Darabos-Deals“ auf den Betrieb der im Leistungsumfang deutlich abgespeckten Kampfjets sind nachhaltig. Durch den Verzicht auf die technisch ausgereiftere Tranche 2 kommt es zu Engpässen und teils Wucherpreisen bei Ersatz- und Umlaufteilen. Wegen der verkleinerten Flotte steigen die Kosten pro Maschine und Flugstunde zusätzlich.
Obwohl die Techniker in Zeltweg das hochkomplexe System binnen kurzer Zeit im Griff haben, schaffen Politiker und Boulevardmedien den Ruf des „Pannenjets“ und des „Teurofighters“. Für das unterfinanzierte Bundesheer ist ein Kampfflugzeug der vierten Generation tatsächlich eine Belastung. Immer noch überwachen uralte Trainingsjets vom Typ Saab 105 den Luftraum mit, weil es mit dem Typhoon alleine zu teuer wäre. 4,5 zu 65 Millionen Euro lautete das Verhältnis der Jahresbetriebskosten zuletzt.
Schmiergeld-Verdacht
Dass rund um den Abfangjäger-Kauf hohe Summen in Sponsoring, Honorare und auch dunkle Kanäle geflossen sind, gilt als gesichert. Drei parlamentarische Untersuchungsausschüsse und Ermittlungen in mehreren Ländern liefern auch Indizien auf Schmiergeldzahlungen. In Österreich kommt es jedoch zu keinen Anklagen.
Ermittlungen gegen Schlüsselfiguren in der Causa werden 2011 eingestellt: Sie betrafen Generalmajor Erich Wolf, früher Chef der Luftstreitkräfte, dessen Frau und der Trauzeuge des Paares, EADS-Lobbyist Erhard Steininger. „Airchief“ Wolf ist offenbar jener Regierungsbeamte, von dem im aktuellen Vergleich zwischen EADS-Rechtsnachfolger Airbus und der US-Justiz die Rede ist. Dessen „guter Freund“ ist demnach Steininger, der laut Airbus 17 Millionen Euro plus 2,75 Millionen Euro Erfolgshonorar erhielt und der 87.600 Euro an die Firma von Wolfs Frau überwies.
Ins Visier der Ermittler geraten ist auch Gernot Rumpold – heute tätig für „Die Allianz für Österreich“ – und seine Frau. Deren Werbeagentur erhielt einen Auftrag im Wert von 6,5 Millionen Euro. Rumpold war einst Wahlkampfleiter des BZÖ. Der Verdacht der versteckten Parteienfinanzierung kann nie bewiesen werden.
Überraschende Anzeige
Alfons Mensdorff-Pouilly sitzt 2009 fünf Wochen in Österreich in U-Haft. Dem Schlossbesitzer wird falsche Zeugenaussage vor dem parlamentarischen U-Ausschuss vorgeworfen. Seine Rolle als Lobbyist für den britischen Rüstungshersteller BAE, Partner von EADS, bringt ihn auch unter Korruptionsverdacht.
Im Februar 2017 überrascht SPÖ-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil Freund und Feind mit einer Betrugsanzeige gegen Airbus und Eurofighter. Eine Taskforce in seinem Haus will Belege dafür gefunden haben, dass rund 183 Millionen Euro vom Kaufpreis in dubiose Firmengeflechte geflossen sind. Außerdem wäre der Hersteller ursprünglich gar nicht in der Lage gewesen, vereinbarungsgemäß zu liefern.
Als logischen Schritt bereitet Doskozil den Ausstieg aus dem System Eurofighter vor – das Szenario lässt er sich von einer Sonderkommission unter der Leitung von „Airchief“ Karl Gruber untermauern. Der Gripen ist als Alternative wieder im Rennen. Nach vorgezogenen Neuwahlen im Herbst 2017 lässt Nachfolger Mario Kunasek (FPÖ) neuerlich Varianten zur aktiven Luftraumüberwachung ausarbeiten. Doch auch die türkis-blaue Regierung ringt sich zu keiner Entscheidung durch.
Nun darf sich die siebente Koalitionsregierung am Dauerthema „Eurofighter“ abarbeiten.