Die Grillzeit ist offiziell in den Dienstag-Abendstunden zu Ende. Die Hearings der Kandidaten für die EU-Kommission, das "Grilling", ist ebenso Show wie Zeugnis einer (eingeschränkten) Macht des EU-Parlaments. Die Abgeordneten wollen von jeder designierten Kommissarin, von jedem designierten Kommissar, wissen, wie es im jeweiligen Ressort weitergehen soll, welche Pflöcke eingeschlagen werden, welche Themen wichtig sind und welche Wege beschritten werden sollen. Ist diese Übung noch relativ leicht zu bewerkstelligen (das Parlament bekommt tendenziell das zu hören, was es hören will), so wird auch der Hintergrund der Bewerber auf Integrität und Tauglichkeit durchleuchtet, hier kamen einige ins Straucheln.
Ungarn und Rumänien mussten Kandidaten nachbennen, Frankreich, Polen und Schweden wurden zum "Nachsitzen" geschickt. Rumänien gilt nach wie vor als offen, aber man darf davon ausgehen, dass die künftige Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an den richtigen Strippen zieht, um auch diese Frage bis zur Abstimmung im EP am 23. Oktober zu klären.
Die Zeit drängt
Scheitern ist für von der Leyen keine Option. Die Kommission muss zusehen, die Arbeit aufzunehmen - am selben Tag (1. November), an dem möglicherweise Großbritannien mit Getöse aus der EU ausscheidet. Damit in Zusammenhang muss auch der Abschluss des mehrjährigen Finanzrahmens - Hauptaufgabe des österreichischen Budgetkommissars Johannes Hahn - möglichst rasch umgesetzt werden.
Sollte in letzter Sekunde doch etwas schiefgehen und sich der Start der neuen Kommission verzögern (es wäre nicht das erste Mal) wird man das kaum der neuen Präsidentin zuschreiben können. Die Kandidaten werden von den jeweiligen Mitgliedsländern nominiert, der Einfluss der Präsidentin ist gering. Sie muss nehmen, was kommt - und im Einzelfall darauf vertrauen, dass das EU-Parlament schwarze Schafe rechtzeitig, also jetzt schon, aus dem Spiel nimmt.