Die Wochenzeitung "Falter" berichtet in der aktuellen Ausgabe erneut über die Finanzen der ÖVP. Aus anonym zugespielten Buchhaltungs- und Personalunterlagen geht demnach hervor, dass die Schulden unter ÖVP-Chef Sebastian Kurz stärker gestiegen sind als bisher bekannt. Demnach hatte die Partei schon Ende 2017 Bankverbindlichkeiten von 18,5 Millionen Euro. Hohe Kosten fallen auch für die Kurz-Berater an.
Als Quelle für die Geschichte nennt der "Falter" einen Informanten, der sich bei der Zeitung den Angaben zufolge als "ganz normaler, unbescholtener Bürger mit Vollzeitjob" vorgestellt habe. Sein Ziel sei es gewesen, "an Informationen zu kommen, die eine Verbindung der ÖVP zu dem Ibiza-Video beweisen". Dabei sei er "unerwartet" auf "eine Vielzahl an Daten" gestoßen, heißt es in dem "Falter"-Bericht. Die ÖVP hatte in der vergangenen Woche einen Hackerangriff auf die Parteizentrale gemeldet. Am Mittwoch befasst sich der Nationale Sicherheit mit dem Angriff.
Finanzreferenten schlugen Alarm
Dem aktuellen "Falter"-Bericht zufolge ist es um die Finanzen der ehemaligen Kanzler-Partei jedenfalls nicht gut bestellt - so schlimm, dass sogar Finanzreferenten Alarm schlugen. In einem Dokument mit dem Titel "Planungsrechnung für die Bundespartei" heißt es, der Partei sei durch die Nationalratswahl 2017 "eine außergewöhnliche finanzielle Belastung" widerfahren. Dass die Partei 2017 Kredite über 15 Millionen Euro aufgenommen hat, ist aus dem Rechenschaftsbericht bekannt. Insgesamt hatte die Partei zu Jahresende laut "Falter" Verbindlichkeiten bei Banken von 18,5 Millionen Euro und ein negatives Eigenkapital von 21,5 Millionen Euro.
Für den aktuellen Nationalrats-Wahlkampf soll die Volkspartei einen weiteren Kredit (3,8 Millionen Euro) aufgenommen haben, für den EU-Wahlkampf weitere 3,9 Millionen Euro von der Raiffeisen Bank International. Weiters soll der Wirtschaftsbund der Partei unter dem Titel "Mitgliedsbeiträge Wirtschaftsbund 2019-2023" 1,5 Millionen Euro überwiesen haben.
Von Klagenfurt zur Papstaudienz
Der "Falter" listet in seinem Artikel auch diverse Beraterkosten, die von ÖVP als "manipulativ und falsch" bezeichnet werden, auf. Stefan Steiner, dem wichtigsten strategischen Berater des ÖVP-Chefs, werden monatlich 33.000 Euro überwiesen. Aus dem Bericht geht nicht hervor, ob es sich um das Bruttogehalt handelt oder ob nicht auch zahllose Aufwendungen eingerechnet sind. An die Agentur "Campaigning Bureau" des Kurz-Weggefährten Philipp Maderthaner sollen 2017 1,7 Millionen Euro geflossen sein. Ein Sprecher des "Campaigning Bureau" hat am Dienstag betont, dass ein guter Teil der 2017 der ÖVP in Rechnung gestellten Summe Durchlaufposten gewesen seien. Die 1,7 Mio. Euro seien "überwiegend Drittkosten, vor allem Mediakosten für Facebook und andere Plattformen gewesen", weil die ÖVP auch Social Media-Werbung über die Firma abgewickelt habe.
Szene-Gastronom Martin Ho erhielt laut "Falter" von der ÖVP im Jahr 2018 60.000 Euro, davon 26.000 Euro für eine "100 Tage Regierung"-Veranstaltung. Außerdem findet sich in den Unterlagen eine Abrechnung für eine Reise nach Rom im Privatflieger um 7.700 Euro. Dass der ÖVP-Chef im Jet unterwegs ist, ist ungewöhnlich, hat aber einen Grund. Am Vorabend einer Privataudienz bei Papst Franzikus weilte Kurz in Klagenfurt. An dem Tag wählte Kärnten einen neuen Landtag, Kurz wollte sich den Wahlabend nicht entgehen lassen. Mit Linie hätte es Kurz nicht mehr rechtzeitig zum Papst nach Rom geschafft.
ÖVP weist den Bericht als "falsch" zurück
Die ÖVP wollte in einer ersten Reaktion den Bericht auf APA-Anfrage nicht kommentieren und auch keine Angaben zum aktuellen Schuldenstand der Partei machen. "Daten wurden von Hackern gestohlen und offenbar manipuliert" hieß es von einem ÖVP-Sprecher gegenüber dem "Falter". Nun werde versucht, durch die Verbreitung eines Mix aus Wahrem und Falschem an unterschiedliche Medien der Volkspartei zu schaden. Später hießt es ganz allgemein in ÖVP-Kreisen, der Bericht beruhe einmal mehr auf falsche Angaben.