Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat den Terror der Hamas im Nahen Osten in Puls 24 erneut verurteilt, sich aber auch für humanitäre Hilfe für die in Gaza eingeschlossenen Menschen ausgesprochen. Er stellte sich am Montagabend als letzter Parteichef im "Bürgerforum" den Fragen eines angriffigen Stammtisches. Wie schon in der vergangenen Woche, als Grünen-Chef Werner Kogler an der Reihe war, stand das Gespräch unter dem Eindruck des Angriffs auf Israel.
Aufgrund der Eskalation der Lage war denn auch Moderatorin Corinna Milborn diejenige, die die ersten Fragen stellte – etwa dazu, wie man mit einer drohenden humanitären Krise in Gaza umgehe. "Humanitäre Hilfe ja", meinte Nehammer, "aber ein klares Nein dazu, dass europäische Gelder, dass österreichische Gelder für das Terrornetzwerk der Hamas missbraucht werden." Terror sei niemals Teil der Lösung, betonte Nehammer, dass die Hamas auch viel Leid über die Palästinenserinnen und Palästinenser gebracht habe. Israel müsse man jedenfalls im Kampf gegen die Terrororganisation unterstützen.
Demonstrationen und "Burger-Video"
Im Zusammenhang mit den pro-palästinensischen Demonstrationen, die etwa in Wien stattfanden, sprach Nehammer davon, dass das Demonstrationsrecht in Österreich ein hohes Gut sei. Es handle sich um eine Desinformationskampagne der Hamas, über deren Verbrechen es Aufklärung brauche. Mit der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) versuche man, diese Kampagnen auch als solche zu benennen.
Das bei einem Auftritt vor Parteifreunden aufgenommene "Burger-Video", in dem Nehammer die hohe Teilzeitquote von Frauen kritisiert und anzweifelt, dass es in Österreich hungernde Kinder gibt, lässt ihn weiterhin nicht los. Er ärgerte sich in der Sendung über den Ursprung des Videos, das "bewusst herausgespielt" worden sei: "Es hat abgelenkt vom Sora-Skandal der SPÖ, die Freiheitlichen haben sich auch noch gefreut, weil ihre Taliban-Reise verschwunden ist."
Eine alleinerziehende Mutter von vier Kindern, die erzählte, mit gestiegenen Betriebskosten kämpfen zu müssen und keine Möglichkeit zu haben, mehr als Teilzeit zu arbeiten, war die erste von mehreren Stammtisch-Teilnehmern, die den Kanzler heftig kritisierten. Nehammer betonte, bei seinen Aussagen zur Teilzeit nicht jene mit Betreuungspflichten im Auge gehabt zu haben.
Kein "sozial kalter Bundeskanzler"
Eltern hätten jedenfalls Verantwortung für ihre Kinder, in Österreich gebe es seitens des Bundes, der Länder und der Gemeinden eine Fülle von Unterstützungsmaßnahmen, er selbst sei kein "sozial kalter Bundeskanzler". Auch Organisationen der Zivilgesellschaft würden bereitstehen, meinte Nehammer, woraufhin seine Gesprächspartnerin einwarf, nicht die Caritas müsse helfen, sondern der Staat. Als sich abzeichnete, dass man sich nicht einig werden würde, betonte Nehammer, zwischen ihm und der Frau gebe es wohl divergierende politische Ansichten.
In der Sendung schilderten eine Pflegerin und eine Kinderpädagogin den schwierigen Arbeitsalltag in ihren Jobs, in denen derzeit viel Personal benötigt wird. Während man bei den Kindergärten nun für mehr Finanzierung sorge, seien die Gemeinden, nicht der Bund, hier u. a. für Gehälter zuständig, so der Kanzler. Bürgermeister würden oft am besten wissen, was ihre Bürger brauchen. Bei der Pflege setze man Schritte in die richtige Richtung, spielte Nehammer etwa auf die "Pflegemilliarde" an, das Thema sei aber aufwendig. Hier brauche es auch geordnete Migration aus dem Ausland.
Den Kurs der ÖVP gegenüber Migranten, die das Mittelmeer überqueren, kritisierte ein Student indes als rechtspopulistisch. Nehammer antwortete, es gehe ihm darum, das Geschäftsmodell der Schlepper zu zerstören. Es brauche in der EU einen starken Außengrenzschutz und schnelle Verfahren.
Klimaschutz-Kurs
Auch beim Thema Klimaschutz verteidigte Nehammer seinen Kurs und betonte, dass man hier sorgsam vorgehen müsse, sodass Österreich konkurrenzfähig bleibe. Gegen das Erneuerbare-Wärme-Gesetz, das Österreichs Heizungen bis 2040 klimafreundlich machen soll, sei die ÖVP nicht, betonte Nehammer und sagte, dass intensiv weiterverhandelt werde. ÖVP-Energiesprecherin Tanja Graf hatte im September erklärt, dass das Gesetz "von der Struktur her falsch aufgebaut" sei.
Einem Angestellten gegenüber, der mit Bezug auf den Krieg in der Ukraine davon sprach, dass jeder Konflikt zwei Seiten habe, verteidigte Nehammer die Sanktionen gegen Russland. Nicht diese seien Problem und Kostentreiber, sondern der Krieg. Mit FPÖ-Chef Herbert Kickl, dessen Ansichten zum Ukraine-Krieg wohl ähnlich weit von den seinen entfernt sind, will Nehammer weiterhin keine Regierung bilden, sei dieser doch ein Sicherheitsrisiko. Das werde sich auch nach der Wahl nicht ändern: "Wenn ich sage, ich gehe mit Herbert Kickl in keine Koalition, wird es keinen Bundeskanzler Karl Nehammer in so einer Koalition geben, das ist ja völlig klar."