Knapp eine Woche vor dem Start des Prozesses gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz wegen Falschaussage vor dem U-Ausschuss haben dessen Rechtsanwälte in einer sogenannten "Gegenäußerung zur Anklage" einen Freispruch für ihren Mandanten gefordert. Das 20 Seiten umfassende Schreiben, das auch der Kleinen Zeitung vorliegt, wurde am Donnerstag dem zuständigen Richter zugestellt.

In den Schreiben werden die großteils bekannten Argumente angeführt. Der von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) verfasste, 108 Seiten umfassende Strafantrag erhalte "keine sachliche und objektive Begründungen", vielmehr handle es sich "um eine bloße Anhäufung von Scheinargumenten gegen die Angeklagten", wobei Beweisergebnisse, die die Angeklagten entlasten, nicht gewürdigt werden. "Ein solches Vorgehen entspricht nicht dem Objektivitätsgebot."

Vorwurf der Falschaussage gegen Mitterlehner

Neu ist, dass die Anwälte an Hand von drei konkreten Beispiel den Beweis zu erbringen versuchen, dass die WKStA "Gleiches nicht gleich" behandle und auf diese Weise das Objektivitätsgebot verletzte. So habe die Korruptionsstaatsanwaltschaft ein Verfahren gegen den ehemaligen Chef des ÖBB-Aufsichtsrats, Arnold Schiefer, wegen des Vorwurfs der falschen Aussage als Auskunftsperson im U-Ausschuss "betreffend mutmaßlicher Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung" eingestellt. Aus Sicht der Kurz-Anwälte seien die Fälle gleich gelagert, das Verfahren gegen Schiefer sei eingestellt worden.

Video: Darum geht es im Kurz-Prozess

Die Kurz-Anwälte werfen auch Kurz-Vorgänger als ÖVP-Chef, Reinhold Mitterlehner, eine Falschaussage als Zeuge vor der WKStA vor. Dieser habe sich acht Tage nach seiner Zeugenvernehmung telefonisch bei der Anklagebehörde gemeldet, um einzuräumen, dass er sich bei seinen Angaben, die er unter Wahrheitspflicht getätigt habe, geirrt habe. "Obwohl Mitterlehner unrichtig aussagte, hat die WKStA kein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet."

Auch Chefankläger soll falsch ausgesagt haben

Auch der Chefankläger der WKStA, Gregor Adamovic, soll vor dem U-Ausschuss falsch ausgesagt und bei der Zeugenbefragung wahrheitswidrig erklärt haben, dass nur zwei Beschuldigte einvernommen worden wurden. Tatsächlich seien es vier gewesen. Auch gegen Adamovic wurde nicht Anklage erhoben.