Zum zweiten Mal binnen einer Woche ist ein E-Mail beim falschen Adressaten gelandet. In diesem Fall ist es ein internes ÖVP-Planungspapier, das irrtümlich in einem Postfach des Parlamentsklubs der Neos auftauchte. Diese sehen nun prompt einen türkisen Koalitionsbruch ante portas: Die ÖVP wolle offenbar einen eigenen U-Ausschuss installieren, der sich nicht nur gegen SPÖ und FPÖ richtet – sondern auch gegen die Grünen, den aktuellen Regierungspartner. Der türkise Klubchef August Wöginger dementierte aber postwendend derartige Überlegungen.
Das Papier ist mit 16. September datiert und verlangt die Einsetzung eines "Transparenz-Untersuchungsausschuss". Aufgeklärt werden sollte laut diesem Antrag, "ob öffentliche Gelder im Bereich der Vollziehung des Bundes aus sachfremden Motiven zweckwidrig verwendet wurden". Das erinnert an den Anfang dieses Jahres zu Ende gegangenen ÖVP-U-Ausschuss, sollte sich aber nun gegen die Konkurrenz richten.
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Konkret soll untersucht werden, ob Mitglieder der Bundesregierung sowie Mitarbeiter, die mit der SPÖ, der FPÖ oder den Grünen "verbunden" sind, aus "sachfremden Motiven" gehandelt haben. Dabei geht es um Inseratenschaltungen, Medienkooperationsvereinbarungen, Umfragen, aber auch um die Beauftragung von Werbeagenturen. Mit 11. Jänner 2007 ist ein Datum des Beginns bereits eingetragen, ein genaues Enddatum fehlt, nur „bis zum XX. Oktober 2023“ ist vermerkt. Besonders brisant ist, dass demnach auch Aufträge der grünen Klimaschutzministerin Leonore Gewessler durchleuchtet werden sollte.
Wöginger: "Kein U-Ausschuss geplant"
„Das ist ein Frontalangriff auf den eigenen Koalitionspartner, ein Bruch der Koalition und ein neuer Tiefpunkt“, sagte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Sie sieht eine „Schlammschlacht“ sowie den „Missbrauch eines parlamentarischen Instruments“. Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist ein Minderheitsrecht, ein Viertel der 183 Abgeordneten ist dafür notwendig. Die ÖVP hätte mit 71 Mandaten mehr als genug.
Was genau plant also da die Volkspartei? Laut Klubchef Wöginger nichts. Er bestätigt zwar, dass ein Mitarbeiter einen E-Mail-Lapsus begangen habe, das Dokument sei jedoch „nichts Neues“, heißt es in einer Aussendung, sondern Teil der parlamentarischen Arbeit. Nur für den Fall, dass Oppositionsparteien einen weiteren U-Ausschuss planen, wollte man vorbereitet sein, damit „Einseitigkeiten in der Aufklärungsarbeit vermieden werden“.
Die Grünen reagierten über ihre Generalsekretärin Olga Voglauer "erstaunt", aber relativ ruhig. Voglauer wunderte sich in einer Stellungnahme, "worüber man sich alles Gedanken machen kann, anstatt sich um seriöse Arbeit" zu kümmern. Man gehe nun aber davon aus, dass "alle in der ÖVP nach einer - sicherlich turbulenten - Woche wieder Nervosität abbauen und ins Konstruktive zurückfinden". Ohne kritische Worte in Richtung des Koalitionspartners kommt die Wortmeldung nicht aus: "Die Bevölkerung erwartet sich von einer Regierungspartei zu Recht, dass sie ihre Energie in die Arbeit für das Land investiert. Nebelgranaten, Taktierereien, das Anschütten politischer Mitbewerberinnen und Mitbewerber gehört da nicht dazu. Diesen politischen Stil lehnen wir ab."