Jetzt geht es Schlag auf Schlag beim Bundesheer. Erst vorigen Dienstag gab das Verteidigungsministerium die Absicht bekannt, mit dem in der Ukraine erprobten System Iris-T in die Luftabwehr mittlerer Reichweite einzusteigen – eine milliardenschwere Investition. Nicht ganz so kostspielig, aber für den Einsatzalltag der Streitkräfte immens wichtig, ist die zukünftige Flotte der Transportmaschinen. Dieser Tage wird Ministerin Klaudia Tanner (ÖVP) verkünden, welche Flugzeuge unsere drei alten C-130 "Hercules" bis 2030 ersetzen.
In der Wiener Rossauer Kaserne, Sitz des Ministeriums, dürfte die Entscheidung bereits gefallen sein. Zur Auswahl standen, wie mehrfach berichtet, ohnehin nur zwei Flugzeugmuster: die "Super-Hercules" C-130J vom US-Hersteller Lockheed Martin und die C-390 "Millennium" von Embraer aus Brasilien. Als Favorit galten von Beginn an die Südamerikaner, die sich bei der Airpower in Zeltweg im Vorjahr geschickt in Szene setzen konnten.
Zwischenhändler Niederlande?
Deren Manko bisher: Tanners Kabinett ist fest entschlossen, den Flugzeugdeal als korruptionsfeindliches "Government-to-Government"-Geschäft abzuwickeln, wie es schon bei den Leonardo-Hubschraubern mit Italien erfolgreich vorexerziert wurde. Nun soll man aber mit den Niederlanden einen Partner gefunden haben, der seine eigene Bestellung an C-390 um vier Maschinen aufstocken würde – um diese direkt an Österreich weiterzuverkaufen. Die "Super-Hercules" könnte man hingegen einfach über die US-Regierung beziehen, die für solche Geschäfte ein eigenes "Foreign Military Sales"-Programm (FMS) betreibt.
Für die Luftstreitkräfte zählen primär die Leistungsdaten. "Da hat Embraer zwei große Vorteile: Man braucht weniger Flugzeuge, um die notwendigen Flugstunden zu erzeugen. Zwei Jettriebwerke sind weniger wartungsintensiv als vier Turboprop-Motoren, damit hat man eine höhere Einsatzfähigkeit", sagt der ehemalige Kommandant der Luftstreitkräfte, Karl Gruber. Die höhere Geschwindigkeit des Düsenfliegers gegenüber der C-130J und das damit verbundene Mehr an Reichweite seien ein weiterer Aspekt. Zwischenstopps samt Übernachtungen bei Flügen zu weiter entfernten Auslandsmissionen (Westafrika) sind dann nicht mehr notwendig – das sei auch eine Frage der Sicherheit, so Gruber.
PR-Duell der Konkurrenten
Nicht zu vernachlässigen sind die Betriebskosten, wo ebenfalls die C-390 die Nase deutlich vorne haben soll. Ex-Airchief Gruber weiß: "Bei einer Nutzungsdauer von rund 30 Jahren wirkt sich das gewaltig aus. Und wer weiß, wann sich das Zeitfenster der hohen Heeresbudgets wieder schließt."
US-Konkurrent Lockheed Martin pocht unter anderem auf seine enorme Marktmacht: Über 525 "Super-Herkys" wurden bereits weltweit ausgeliefert, sie fliegen für 25 Betreiber in 21 Ländern. Als eine Delegation von Lockheed Martin Ende August in Wien unter anderem die hohe Verlässlichkeit der C-130J anpries, präsentierte man den Journalisten schon Grafiken seiner (gestreckten) "Super-Hercules" im Bundesheer-Design. Die Amerikaner werben auch mit den Vorzügen ihres FMS-Programms, das unseren Piloten und Technikern Zugang zu Trainings mit der US Air Force und technischen Support auf höchstem Niveau gewährt.
Auch die Brasilianer erhöhten kurz vor der Entscheidung in Österreich ihre PR-Aktivitäten. Don Turnbull, ehemaliger Pilot und Stabsoffizier in der Royal Air Force, wurde als Topexperte aufgeboten. Bedenken, die C-390 komme mit kurzen oder unbefestigten Pisten schlecht zurande, wischt er im Gespräch mit der Kleinen Zeitung vom Tisch. "Nein, sie kommt beim Landen vielleicht sogar mit weniger Startbahn aus als die C-130J." Turnbull verweist auch auf die im Vergleich einfachere und schnellere Be- und Entladung des Frachtraums, was im Einsatz viel Zeit spare. "Speziell Fahrzeuge können aufgrund der längeren und damit flacheren Rampe ganz einfach verladen werden."
Dass ihre Transportflugzeuge auch Luft-zu-Luft-Betankung beherrschen und für Fallschirmabsprünge, Patiententransporte wie auch für die Waldbrandbekämpfung eingesetzt werden können, betonen beide Hersteller. All diese Punkte stehen aber auch im Anforderungsprofil des Bundesheeres. Zu den möglichen Kosten blieb das Verteidigungsministeirum zuletzt vage. Fest steht nur: Für den gesamten Bereich "taktische Luftmobilität", zu dem auch die Hubschrauber zählen, sind im Heeres-Aufbauplan 1,35 Milliarden Euro veranschlagt.
Schlüsselfaktor Personal
"Was immer da jetzt herauskommt: Faktum ist, dass wir ein sehr gutes Transportflugzeug bekommen", sagt der pensionierte Brigadier Karl Gruber. "Wichtig ist auch, dass es mehr sein werden als die bisherigen drei." Das aber löse laut Gruber ein anderes Problem nicht: "Bei allem Material, das jetzt das Bundesheer überraschend schnell erhält, bleibt die Personalfrage eine kritische." Dass dem Heer die notwendigen Fachkräfte noch auf Jahre hin fehlen werden, müsse daher bei jeder Beschaffung mitgedacht werden.