Zum Auftakt des „Sommergesprächs“ überrascht Bundeskanzler Karl Nehammer die ORF-Moderatorin wie auch die Öffentlichkeit mit einer Ankündigung. Bis 2030 werde der Bund 4,5 Milliarden Euro in die Hand nehmen, um die Lücken bei der Betreuung der Allerjüngsten zu schließen. „Die Kinderbetreuung ist schon in den Sommerferien eine große Herausforderung, da gibt es eine Versorgungslücke.“
Nach Informationen der Kleinen Zeitung schwebt Nehammer vor, dass die Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr "bedarfsorientiert für alle garantiert" werden, die diese Betreuung brauchen. Ab dem zweiten Lebensjahr will Nehammer die Betreuungsquote auf 90 Prozent anheben, derzeit liegt sie bei 60 Prozent. Überlange Schließzeiten in den Ferien sollen ebenfalls der Vergangenheit angehören.
Der Vorstoß dürfte im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Finanzausgleich zu sehen sein, bekanntlich liegt die Verantwortung bei den Gemeinden. „Die Bürgermeister haben die Sorge, dass alles zu kostenintensiv wird.“ In einem ersten Schritt müsse die Infrastruktur ausgebaut bzw. das nötige Personal gefunden werden. Auf die Frage, ob Eltern auch einen Rechtsanspruch haben sollten, meint Nehammer: „Wenn wir die Infrastruktur und das Personal haben, ist ein Rechtsanspruch möglich.“
"Wir dürfen kein Freilichtmuseum werden"
Nicht so euphorisch zeigt sich der Kanzler bei der Frage, ob die ÖVP bald ihren Vorbehalt gegen das Klimaschutzgesetz aufgebe. „Wir sollten uns darauf verständigen, dass das Klima global ist, nicht national. Dass das Klimaschutzgesetz alle Probleme löst, ist falsch.“ Europa sei der einzige Kontinent, der den Verbrennungsmotor verboten habe. „Wir laufen Gefahr, den Menschen falsche Versprechen zu machen.“ Österreich sei „nicht allein auf dieser Welt“, deshalb brauche es ein „Klimaschutzgesetz mit Hausverstand, das den Wohlstand nicht gefährdet.“ Und generell: „Wir dürfen nicht ein Freilichtmuseum werden.“
Energiefrage sei "moralisch nicht ganz einfach"
Nehammer beteuert, er sei mit Vizekanzler Werner Kogler übereingekommen, bis zum Ende der Legislaturperiode zusammenzuarbeiten. Argumentativ keinen leichten Stand hat er beim Themenkomplex Teuerung: „Das Glas ist halb voll, nicht halb leer.“ Die Regierung habe die Kaufkraft gestärkt. Nehammer wartet mit zwei positiven Botschaften auf: „Es war noch nie so leicht für junge Menschen, einen Job zu finden.“ Und zur Energieversorgung: „Wir haben sichergestellt, dass der nächste Winter gesichert ist“, um allerdings einzuräumen: Die Energiefrage sei wegen der Abhängigkeit von Russland „moralisch nicht ganz leicht.“
Kickl hat "sich selbst radikalisiert"
Der ÖVP-Chef wiederholt, dass er FPÖ-Chef Kickl für ein Sicherheitsrisiko halte. „Er hat sich selbst radikalisiert.“ Bei Corona habe er „nicht an die Sicherheit der Menschen gedacht, sondern Ängste ausgenutzt.“ So habe er falsche Medikamente empfohlen. Beim Raketenschutzschirm Sky Shield habe die FPÖ „das russische Narrativ übernommen. Und einmal mehr versichert Nehammer: „Es wird mit mir als Kanzler keine Regierung mit Kickl als Minister geben.“ Das gelte auch für eine Koalition ohne Kickl als Minister, aber mit Kickl als Parteichef.
"Ich glaube an die Unschuld von Sebastian Kurz"
Zur Causa Kurz meint er, es sei „für die ÖVP kein leichtes Jahr“ gewesen. „Sebastian Kurz ist froh, dass er seine Unschuld beweisen kann, und ich glaube an die Unschuld von Sebastian Kurz.“