Wie schauen Ihre Erbschaftssteuerpläne im Detail aus?

ANDREAS BABLER: Es gibt einen Freibetrag von einer Million Euro pro Person. Wenn also zwei Personen etwas in Höhe von 1,8 Millionen Euro erben, zahlen sie null Euro. Außerdem wollen wir die Häuslbauersteuer, konkret die Grunderwerbssteuer bei Schenkungen und Erbschaften, abschaffen. 

Was heißt es für den Gastwirt, den Landwirt, den Tischler?

Für Betriebsübergaben haben wir ein eigenes Konzept entwickelt, nach   deutschem Modell. 85 Prozent sind bei Betriebsübergaben komplett steuerfrei, wenn der Betrieb weitergeführt wird und die Arbeitsplätze erhalten werden. Die Erbschaftssteuer ist ein Teilsegment mit rund 700 Millionen. Der große Bereich ist die Vermögensbesteuerung mit einem Volumen zwischen fünf und acht Milliarden. Mehr kann ich noch nicht verraten.

Warum nicht? Haben Sie Angst vor dem Aufschrei?

Wir müssen das noch intern im Detail ausdiskutieren. Ich kann garantieren, dass sich die kleinen Bauern oder andere nicht fürchten müssen. Uns geht es um Gerechtigkeit im Steuersystem. Es geht um Vermögenszuwächse, die wir ein bisschen gerechter verteilen wollen. Es gibt das berechtigte Gefühl, dass bei der Vermögensverteilung viel schiefläuft. 

Die stellvertretende Klubobfrau Julia Herr hat den Lebensstil der Frau Swarovski in einem Video kritisiert. Haben Sie ein Problem mit Leuten, die viel Geld haben? Mateschitz, Swarovski, Dichand?

Bei uns geht's nicht um ein Personen-Bashing. Wenn jemand mit seinem Vermögen prahlt, darf man im Zuge der Gerechtigkeitsdebatte schon die Frage stellen, ob das okay ist. Wenn jemand im Privatjet unterwegs ist, verbraucht er das Vierzehnfache eines Linienflugs. 

Wollen Sie Privatflugzeuge verbieten?

Das finde ich sehr gescheit. Es ist jedem zumutbar, Linie zu fliegen. Ich möchte die breite Mehrheit vor dem moralischen Zeigefinger schützen, wenn sie einmal im Jahr mit dem Enkerl auf Urlaub fliegt, den Kindern das Meer zeigen will.

Sollten Sie Kanzler werden, würden Sie Linie fliegen?

Logischerweise.

So wie Sebastian Kurz?

Ich glaube nicht, dass es stimmt, aber das Image hat er gepflegt, zumindest in Bildern. 

Zur Bargeld-Debatte: Soll der Handel verpflichtet werden, dass überall Bargeld angenommen wird? Es gibt ja schon Geschäfte, wo das nicht mehr geht?

Ja, ich bin für eine Annahmepflicht, von der Apotheke beginnend überall. Wir haben eine andere Prioritätensetzung als die ÖVP, das ist eine Schaumschläger-Debatte. Am wichtigsten ist mir, dass die Leute Geld am Konto haben, auch vor dem Hintergrund der vielen Insolvenzen. Das ist wichtiger als das Bargeld in der Verfassung. Die Österreicher geben bald die Hälfte ihres Einkommens für die Miete aus. Früher hat man 44 Jahre gebraucht, um ein Eigenheim abzuzahlen, jetzt sind es 60 Jahre.

Da könnten Sie einen Schulterschluss mit Frau Plakolm machen?

Ich weiß als Bürgermeister, wie schwer es für Jugendliche ist, auf eigenen Beinen zu stehen. Wer in die Stadt studieren geht, muss nebenbei lang arbeiten, um sich die WG zu leisten. Wenn man keinen finanziellen Polster hat, hat man keine Chance auf die Finanzierung eines Eigenheims.

Sie fordern einen Bankomaten in jeder Gemeinde?

Die Banken haben einen Versorgungsauftrag: Sie müssen den Leuten den Zugang zu ihrem Geld garantieren. Wir müssen die Banken endlich in die Pflicht nehmen. In Traiskirchen eröffnet zum Beispiel eine Post-Banken-Filiale, die die Gemeinde selbst betreibt, auf eigene Kosten, mit eigenem Personal. Die Bankomat-Diskussion ist die Spitze des Eisbergs.

Es geht um die Ausdünnung des ländlichen Raums? 

Schauen Sie sich an, wie es um die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel bestellt ist. Man müsste viel stärker Überlegungen anstellen, wie attraktive Bus- oder Bahnverbindungen aussehen könnten.

Das wird teuer? 

Es geht nicht nur darum, wie es finanziert wird. Mir geht es auch um den politischen Gestaltungswillen. Wir sehen das überall. Mich schockiert der drohende Personalmangel bei der Polizei. Es gibt eine Politik, die nicht über das nächste Jahr hinausdenkt. Das gilt auch für den Gesundheits- und Lehrerbereich. Jetzt kommen an Schulen Leute aus anderen Sektoren als Troubleshooter zum Einsatz, etwa aus dem Bundesheer.

Geht es um die Militarisierung der Schule? 

Die Militarisierung ist nicht mein Argument. Es geht um eine Respektsfrage. Wie erklärt man einer Pädagogin, die Lehramt studiert hat, die sich weiterbildet, um das Rüstzeug zu haben, Wissen zu vermitteln, wenn jemand in eine Nachbarklasse kommt, der halbherzig angelernt wurde? Kinder haben ein Recht auf die besten Pädagogen.  

Wie würden Sie die Arbeit der Bundesregierung bewerten? Ist sie überfordert, ideologisch verbohrt, zu abgehoben? Was ist Ihre Wahrnehmung? 

Es wäre respektlos, wenn ich die Regierung in eine Schublade stecke. Sie setzt falsche Prioritäten, wenn ich mir beispielsweise den Umgang mit dem Gesundheitssystem und den Umbau der Krankenkassen anschaue. Das öffentliche Gesundheitssystem wird ausgehungert, gleichzeitig explodieren die privaten Krankenversicherungen. Da steckt Ideologie dahinter.

Ist der Ärztemangel wirklich ideologiegetrieben? Viele gehen nach der Ausbildung ins Ausland?

Man muss sich was überlegen, etwa, dass jene, die hierbleiben und im öffentlichen System arbeiten wollen, bei der Frage der Studienzulassung vorgereiht werden. Und es ist auch immer eine Frage der Bezahlung. Aus der Schweiz gehen aktuell beispielsweise viele nach Deutschland, wo sie besser bezahlt werden.

Themenwechsel Migration – es gibt das Kaiser-Doskozil-Papier, wonach Aufnahmezentren an den Außengrenzen etabliert werden.

Dem habe ich zugestimmt. Die Schlüsselfragen sind, nach welchen Kriterien die Asylverfahren ablaufen, wie die Rückführungsabkommen ausgestaltet sind. Wenn ich an die Pushbacks in Südosteuropa denke, das verstehe ich nicht unter geordnete Asylverfahren. Die ÖVP führt eine verlogene Debatte.

Ihr Tiroler Parteifreund Georg Dornauer ist eher auf ÖVP-Linie?

Wo sind die Differenzen? Wir dürfen unseren Humanismus für nichts in der Welt aufgeben. Das ist ein hohes Gut, das man sich in der Gesellschaft bewahren sollte. 

Gefordert wird auch ein Außengrenzschutz mit 20.000 Leuten?

Man muss schon wissen, wer reinkommt. Aber wenn Menschen im Meer ertrinken, dann müssen sie klarerweise gerettet werden.

Da geht es wohl eher um Polizisten, nicht um Seenotretter?

Ich war selbst als Soldat an der Grenze stationiert, da wird ein falsches Bild gezeichnet. Wenn jemand an der Grenze aufgegriffen wird, sind es Schlepper, nicht Flüchtlinge. Die Flüchtlinge waren froh, als sie die rot-weiß-rote Fahne gesehen haben.

Sollte Österreich dem Raketenschutzprogramm Sky Shield beitreten?

Für uns ist die Neutralitätskonformität kein Schlagwort. Wir machen uns ernsthafte Sorgen um die Neutralität. Natürlich ist eine wirksame Raketenabwehr wichtig, aber die konkreten Verträge müssen verfassungsrechtlich geprüft werden.

Sie reden gern von Solidarität. Was spricht dagegen, dass man sich gemeinsam in Europa verteidigt, etwa mit einer europäischen Armee?

Die Frage stellt sich doch ohnehin nicht. Wir beklagen, dass es keine aktive Neutralitätspolitik mehr gibt. Wir haben einen Kanzler erlebt, der bei Putin sitzt und um Gas bettelt, ganz zu schweigen von den wirtschaftlichen Verflechtungen mit Russland.

Letzter Fragenkomplex: Beim SPÖ-Parteitag wird die Mitgliederbefragung für die Wahl des Vorsitzendes statutarisch festgeschrieben. Die Wiener Genossen halten nichts davon?

Ich bin zuständig für die Bundespolitik. Mit dem Konzept sind wir zuletzt ganz gut gefahren.

Beim Parteitag soll auch die EU-Liste fixiert werden. Ist Andreas Schieder Spitzenkandidat?

Ich möchte nicht vorgreifen, wir regeln das am Parteitag.

Der in Graz stattfindet, wie man vernimmt?

Die formale Einberufung obliegt dem Bundesparteivorstand.