Alle wollten die ersten gewesen sein. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) dankte SPÖ und FPÖ für die Sondersitzung des Nationalrats zur Teuerung „die uns die Möglichkeit gibt, die Maßnahmen, die wir im regulären Sitzungsbetrieb umsetzen wollten, vorzuziehen“. Unmittelbar davor hatte die Regierung unter anderem einen geplanten Mietpreisdeckel vorgestellt – im Frühjahr war ein ähnliches Vorhaben gescheitert.

„Sie machen nichts dafür, dass Mieten, die um bis zu 25 Prozent gestiegen sind, auch nur um einen Euro sinken“, bemängelte Jan Krainer, Finanzsprecher der SPÖ, zu Beginn der hitzigen Debatte. Unklar sei zudem, wie viele Mieter tatsächlich von dem Deckel profitieren würden. Seine Partei forderte in ihrem Dringlichen Antrag eine Einfrierung der Mieten bis 2025 und eine Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel. Man sei die erste Partei gewesen, die vor zwei Jahren vor einer „Lawine der Inflation“ gewarnt habe, so Krainer.

Beate Meinl-Reisinger sieht "Bullshit-Politik"

Die FPÖ widersprach in einer tatsächlichen Richtigstellung, sie habe bereits vor drei Jahren einen entsprechenden Antrag eingebracht. Heute fordern die Freiheitlichen „Mietenstopp sofort, Zinsen runter bei Krediten, Weg mit der Mehrwertsteuer bei Nahrungsmitteln“, so Klubobmann Herbert Kickl, der die Russland-Sanktionen sowie die Klima- und Coronapolitik der Regierung für die Teuerung verantwortlich machte.

„Bullshit-Politik“ warf auch Neos-Chefin Beate Meinl Reisinger der Koalition vor. „Wir sind nicht gut durch die Krisen gekommen“, resümierte sie. Es brauche nun eine Senkung der Lohnnebenkosten und der Kapitalertragssteuer. Kein Verständnis für die Oppositionskritik zeigten ÖVP und Grüne. „Verantwortung zu tragen heißt Redliches tun und selten Lorbeeren dafür zu ernten“, beklagte Nehammer.

Regierung präsentierte Entlastungspaket kurz vor Sondersitzung

Im Vorfeld der von SPÖ und FPÖ am Mittwoch anberaumten Sondersitzung des Nationalrats hatte die Bundesregierung in einer Pressekonferenz am Vormittag Eckpunkte eines neuen Anti-Teuerungspakets vorgestellt. Offensichtlich wollte die Koalition der Opposition, die sich in den letzten Tagen bereits verbal aufmunitioniert hatte, thematisch das Wasser abgraben.

Bundeskanzler Karl Nehammer präsentierte gleich zu Beginn des Pressegesprächs die Details. Die Regierung werde einen Deckel für Mieterhöhungen einführen, ein Antrag soll bereits heute im Parlament eingebracht werden. Betroffen davon sind der geförderte Wohnbau, Kategoriemieten, Richtwertmieten.  Konkret soll sichergestellt werden, dass die Mieten in den kommenden drei Jahren maximal um fünf Prozent steigen.

ÖVP hatte Deckel bisher abgelehnt

Das ist insofern beachtlich, weil vor allem die ÖVP bisher die Idee eines  Deckels abgelehnt hat. In der Vergangenheit hatte die Volkspartei den von der SPÖ eingeforderten Deckel noch als "populistische Forderung" abgetan. Vizekanzler Werner Kogler rechnete in der Pressekonferenz vor, dass Mieter im nächsten Jahr in einer Höhe zwischen 500 und 1000 Euro entlastet werden. 

Nehammer verteidigte den Schwenk: "Die Opposition hat immer einfache Antworte für komplexe Fragen. Das funktioniert so nicht." Und: "Wir arbeiten systemisch. Wir arbeiten nicht auf Zuruf der Opposition."

Vignette und Klimaticket werden nicht erhöht

Auch sollten die Gebühren eingefroren werden. Im nächsten Jahr werden weder die Autobahnvignette noch das Klimaticket erhöht. Auch die Gemeinden sollten keine Erhöhung vornehmen, der Bund stellt den Kommunen 150 Millionen Euro zur Verfügung.

Im kommenden Jahr stünden Mietpreiserhöhungen um bis zu 15 Prozent im Raum, das wolle man verhindern, hieß es. Zusätzlich habe man über den Sommer ein Modell erarbeitet, das Spitzen bei den Mietpreisen nachhaltig unterbinden soll. "Bei den Mieten werden wir fix eingreifen als Staat, sie steigen zu hoch", erklärte Nehammer (ÖVP) im Vorfeld.

Zufallsgewinne sollen abgeschöpft werden

Auch bei den Gebühren will die Regierung ansetzen. Ob es zu einem Stopp der Gebührenerhöhung kommt oder diese sogar gesenkt werden, steht in den Sternen. Bereits am Wochenende ist durchgesickert, dass Konzerne, die mit fossiler Energie Krisengewinne machen, künftig stärker zur Kasse gebeten werden. Wurde bisher nur der Zufallsgewinn abgeschöpft, wenn er 20 Prozent über dem Durchschnittsgewinn vergangener Jahre lag, soll künftig bereits bei zehn Prozent angesetzt werden, so der Plan.

Zwei Drittel der Österreicher stöhnen unter der Teuerung

Die Teuerung ist in der Zwischenzeit das größte Sorgenkind der Bevölkerung, sie trifft, so eine Imas-Umfrage, zwei Drittel (69 Prozent) der Österreicher hart. Die Preissteigerungen haben das Konsumverhalten deutlich geändert. 22 Prozent meinten, ihr Haushalt sei "sehr stark" von der Teuerung betroffen, 47 Prozent sagten "eher stark". 21 Prozent erklärten, "eher keine" Belastungen zu spüren. Nur fünf Prozent wollen "gar nichts" spüren.