Die Unterbrechung der politischen Sommerpause war absehbar. Schon im Juli hatte SPÖ-Klubchef Philip Kucher gefordert, angesichts der Teuerung mehrere Ausschüsse des Nationalrats über die Sommermonate weiterarbeiten zu lassen. Und nachdem Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) die Verankerung von Bargeld in der Verfassung in Aussicht gestellt hatte, regte die FPÖ eine Sondersitzung zu dem Thema an – immerhin hatte der ÖVP-Chef eine Forderung der Freiheitlichen aufgegriffen.
Nun tritt das Plenum am Mittwoch tatsächlich während der tagungsfreien Zeit zusammen. Thema wird allerdings – wie von den Sozialdemokraten gewünscht – die Teuerung sein.
Nachdem sich für den FPÖ-Vorstoß nicht die nötige Unterstützung weiterer Parlamentsparteien abzeichnete – auch die ÖVP winkte ab – entschied man sich, mit der SPÖ gemeinsame Sache zu machen. Denn die scharfe Kritik am Umgang der Regierung mit der Inflation eint die beiden großen Oppositionsparteien.
Dringliche Anfrage an Bundeskanzler Nehammer
Die SPÖ wird jedenfalls eine Dringliche Anfrage an Bundeskanzler Karl Nehammer stellen, fordern wird sie ein Eingreifen bei Lebensmittelpreisen und Kreditzinsen sowie eine Mietpreisbremse. Man wolle den Fokus wieder auf die Teuerung lenken, erklärt Kucher, denn derzeit "beglücken ÖVP und FPÖ die österreichische Bevölkerung mit verzichtbaren Sommerlochdebatten, die mit den echten Problemen der Leute nichts zu tun haben".
Die Regierung habe es zu verantworten, "dass der Wohlstand und die soziale Sicherheit der Österreicher zerstört werden und immer mehr Menschen in die Armut abrutschen", meint auch FPÖ-Chef Herbert Kickl. Allerdings geben die Freiheitlichen auch der SPÖ Mitschuld für die Teuerung, da diese etwa die Coronamaßnahmen oder die Russland-Sanktionen mitgetragen hat, die aus FPÖ-Sicht mitverantwortlich für die Teuerung sind. Die FPÖ will bei der Sondersitzung nun eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, Energie und Treibstoffe, eine Abschaffung der CO2-Abgabe sowie eine Übergewinnsteuer für Banken einfordern.
Davor wird allerdings eine Vorlage des Budgetausschusses zum Covid-19-Förderungsprüfungsgesetz auf der Tagesordnung stehen. Denn aufgrund einer Fristsetzung muss diese bei der erst möglichen Plenarsitzung behandelt werden.
SPÖ und FPÖ machten zuletzt im November gemeinsame Sache
Sondersitzungen des Nationalrats sind übrigens keine Seltenheit. Alleine in der vergangenen Tagungsperiode von September 2022 bis Juli 2023 trat das Plenum siebenmal außertourlich zusammen. Fünfmal wurden die Sitzungen dabei von der Opposition veranlasst, zweimal von den Regierungsparteien. Auch die Kooperation von SPÖ und FPÖ ist keine Premiere: Zuletzt einigten sich die beiden Parteien im November auf einen gemeinsamen Antrag. Damals waren die schweren Anschuldigungen des früheren Öbag-Chefs Thomas Schmid gegen mehrere ÖVP-Politiker bekannt geworden.
Auch in der tagungsfreien Zeit gibt es immer wieder Sondersitzungen. Zuletzt wurden die Abgeordneten 2021 aus der Sommerpause ins Hohe Haus gerufen, auch damals hatten SPÖ und FPÖ gemeinsam die Sondersitzung verlangt. Thema waren unvollständige Aktenlieferungen von Ex-Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) an den Untersuchungsausschuss. Im Sommer 2022 forderte die FPÖ eine Sondersitzung zu den finanziellen Turbulenzen bei der Wien Energie, was allerdings nicht die nötige Zustimmung fand. Denn eine Sitzung während der tagungsfreien Zeit muss ein Drittel aller Abgeordneten mittragen. Nur die ÖVP hätte dafür derzeit alleine die nötige Anzahl an Mandaten.
Unter dem Jahr können bereits 20 Abgeordnete eine Sondersitzung verlangen. Klubs mit weniger Sitzen haben ebenfalls einmal pro Jahr das Recht dazu. Doch es gibt es Grenzen: Jeder Abgeordnete darf ein solches Verlangen nur einmal pro Kalenderjahr unterstützen. Viele Sondersitzungen sind deshalb heuer nicht mehr zu erwarten, SPÖ und Neos haben ihre "Tickets" bereits aufgebraucht. Nur die FPÖ hätte noch eine Sondersitzung gut.