2022 war ein Rekordjahr. Noch nie seit 1946 sind so viele Menschen nach Österreich zugewandert wie im vergangenen Jahr. Mehr als 260.000 Menschen ließen sich zum ersten Mal oder erneut in Österreich nieder. Darunter finden sich EU-Bürger und Drittstaatsangehörige, Asylberechtigte ebenso wie Menschen, die ihre Arbeit oder ein Studium nach Österreich führten sowie Zehntausende Vertriebene aus der Ukraine.
Damit hat mittlerweile mehr als ein Viertel aller Menschen in Österreich Migrationshintergrund – das bedeutet, dass beide Elternteile im Ausland geboren sind. Die meisten ausländischen Staatsbürger in Österreich waren auch im Vorjahr Deutsche, Rumänen und Serben.
Zuwanderer bewerten Zusammenleben positiv
Viele Menschen, die bereits in Österreich geboren sind – mit oder ohne Migrationshintergrund –, sehen in einer Befragung der Statistik Austria das Zusammenleben mit Zugewanderten skeptisch. Nur knapp 28 Prozent bewerteten das Zusammenleben als sehr gut oder eher gut – wer allerdings mehr Kontakt zu Zuwanderern hat, beurteilt auch das Zusammenleben positiver. Anders die Zugewanderten selbst: Hier bewerten 60 Prozent das Zusammenleben mit Österreichern positiv.
"Unser Integrationssystem ist durchaus erfolgreich, wenn ein Wille da ist", sagt Integrationsministerin Susanne Raab bei der Präsentation des heurigen Integrationsberichts. Wie einfach oder schwierig die Eingliederung in die österreichische Gesellschaft ausfällt, hänge aber auch von der Form der Zuwanderung ab. Fluchtmigration sei für die Integration etwa herausfordernder als Arbeitsmigration, sagt Raab.
Raab warnt vor Sozialsystem als "Magnet" für Migration
Deshalb solle künftig auch die Arbeitsmigration nach Österreich forciert werden: "Nicht unser Sozialsystem, sondern unser Arbeitsmarkt soll der Magnet für Zuwanderung sein", sagt Raab. Immerhin: Von Jänner bis Ende Juni 2023 wurden rund 3800 Rot-Weiß-Rot-Karten für Hochqualifizierte und Arbeitskräfte in Mangelberufen aus Drittstaaten ausgegeben, 47 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 2022. Im Vorjahr hatte die Regierung gewisse Erleichterungen, etwa bei erforderlichen Sprachkenntnissen, beschlossen.
Dass der Weg in den Arbeitsmarkt für Asylberechtigte oft lang ist, zeigen auch die Zahlen aus dem Migrationsbericht. Bei im Ausland geborenen Menschen aus EU-Ländern lag die Erwerbsquote bei 81 Prozent und damit sogar etwas höher als bei Menschen ohne Migrationshintergrund (78,5 Prozent). Dagegen waren etwa afghanische, syrische und irakische Staatsbürger – also Länder, aus denen zuletzt vor allem Asylsuchende nach Österreich kamen – nur zu 44 Prozent erwerbstätig. Luft nach oben gibt es hier vor allem bei Frauen: Nur gut 20 Prozent der Staatsbürgerinnen aus den genannten Ländern nahmen 2023 am Erwerbsleben teil.
Bei vielen Geflüchteten besteht Alphabetisierungsbedarf
Einen Sonderfall stellen Geflüchtete aus der Ukraine dar: Viele von ihnen sind vergangenes Jahr mit der Erwartung nach einer baldigen Rückkehr nach Österreich gekommen. Doch der Krieg dauert an, der Großteil der Vertriebenen ist bis heute in Österreich geblieben. Ihr Vertriebenen-Status ermöglicht ihnen zwar vollen Zugang zum Arbeitsmarkt, trotzdem ist ein Großteil noch auf materielle Unterstützung aus der Grundversorgung angewiesen. Gleichzeitig erzielen Ukrainerinnen und Ukrainer gute Ergebnisse bei Deutschkursen: Rund 80 Prozent konnten einen Kurs positiv absolvieren, betont Raab.
Aus anderen Staaten flüchteten laut dem Integrationsbericht zuletzt vor allem Menschen mit einem sehr niedrigen Bildungsniveau, was auch den Spracherwerb erschwert. Bei sieben von zehn Menschen, die 2022 Asyl oder subsidiären Schutz erhielten, bestand Alphabetisierungsbedarf. Die Hälfte von ihnen konnte auch in der Muttersprache nicht ausreichend lesen und schreiben, für die andere Hälfte galt es, das lateinische Alphabet zu lernen.
Raab will "Leistungspflicht" bei Deutschkursen
Doch Arbeitgeber seien auch bereit, Menschen mit geringen Deutschkenntnissen zu beschäftigen, meint Raab. Deshalb sollen sich künftig auch Integrationsmaßnahmen stärker in Richtung Arbeitsmarkt orientieren, Menschen bei Deutschkenntnissen etwa Grundkenntnisse vermittelt werden, die auf eine gewisse Branche zugeschnitten sind.
Wie Bundeskanzler und Parteikollege Karl Nehammer pocht auch Raab auf Einschränkungen bei Sozialleistungen für Zugewanderte. Abgesehen von einer "Wartefrist", bis etwa Sozialhilfe in der vollen Höhe bezogen werden kann, will Raab auch eine "Leistungspflicht" bei Deutschkursen. Geht es nach Raab, sollen Menschen, die Kurse nach einer gewissen Zeit nicht positiv abschließen, ebenfalls Kürzungen bei Sozialleistungen hinnehmen müssen.