Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt rund um von mehreren ÖVP-geführten Ministerien in den Jahren 2021 und 2022 in Auftrag gegebene Umfragen beim Demox-Institut. Es gehe um den Verdacht der Untreue, des Betrugs und der wettbewerbsbeschränkenden Absprachen – "durch die Beauftragung von Ministeriumsumfragen mangels sachlicher Notwendigkeit", gab die Staatsanwaltschaft in einer Pressemitteilung am Dienstag bekannt.
Laut WKStA betreffen die Ermittlungen die Beauftragung von Meinungsumfragen durch das Verteidigungsministerium, das Landwirtschaftsministerium sowie das Wirtschaftsministerium. Ermittelt wird demnach gegen fünf namentlich bekannte Beschuldigte und eine unbekannte Person – sowohl auf Auftraggeber- als auch auf Auftragnehmerseite. Drei weitere Personen werden als Angezeigte geführt.
"Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verletzt"
"Es besteht der Verdacht, dass im Namen der Bundesministerien zumindest in den Jahren 2020 und 2021 eine Reihe von Umfragen beauftragt wurde, für die keine oder nur teilweise sachliche Notwendigkeit bestand", schreibt die Staatsanwaltschaft in ihrer Pressemitteilung. "Gleichzeitig hatten die Umfragen auch ministeriumsfremde Fragen zum Inhalt, die zumindest zum Teil anderen Zwecken gedient haben dürften." Damit wäre der "'Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit' der staatlichen Verwaltung verletzt" und "dem Bund mit ihrer Bezahlung ein finanzieller Schaden entstanden, dessen genaue Höhe noch Gegenstand von Ermittlungen ist".
Bestätigt wurde seitens der WKStA auch, dass "vor Kurzem" Hausdurchsuchungen und Sicherstellungen an mehreren Standorten durchgeführt wurden. Daneben seien noch weitere Ermittlungsmaßnahmen gesetzt worden.
Demox-Geschäftsführer in den U-Ausschuss geladen
Demox-Geschäftsführer Paul Unterhuber – ehemaliger Funktionär beim ÖVP-Bauernbund – war bereits im Juni des Vorjahres zum Thema der Umfragen für die ÖVP in den ÖVP-U-Ausschuss geladen. Damals erklärte er, für jeden einzelnen Auftrag seien "zahlreiche Leistungen" erbracht und "branchenübliche Honorare" verrechnet worden. Auch schloss er bei seiner Aussage vor dem Ausschuss "vehement" aus, dass über sein Institut von der öffentlichen Hand finanzierte Studien für die ÖVP erbracht wurden. In Umfragen etwa für das Landwirtschaftsministerium war unter anderem auch eine Frage zur Asylpolitik enthalten, in einer anderen zur Wien-Wahl. Verrechnungen von ÖVP-Umfragen an Ministerien habe es nicht gegeben, betonte Unterhuber. Auch schloss er aus, dass Umfragen von seinem Institut an Dritte weitergegeben worden sein könnten.
Die ehemalige Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) sagte im Juni 2022 vor dem U-Ausschuss aus. Auch sie wies damals alle Vorwürfe zurück. Vorhalte u. a. seitens der SPÖ, wonach ihr Ministerium Umfragen mit parteipolitisch motiviertem Inhalt in Auftrag gegeben habe, wies sie zurück.
Krainer sieht "nächsten Korruptionsskandal"
SPÖ-Abgeordneter Jan Krainer sah sich am Dienstag in seiner Kritik bestätigt: "Die ÖVP schlittert in den nächsten Korruptionsskandal rund um Steuergeldmissbrauch für Parteiumfragen. Während das Beinschab-Tool der ÖVP zum Fälschen von Umfragen diente, dürften mit dem Demox-Tool Parteiumfragen durchgeführt worden sein – finanziert durch das Finanzministerium, das Landwirtschaftsministerium, das Wirtschaftsministerium, das Verteidigungsministerium und das Außenministerium", sagte der SPÖ-Finanzsprecher in einer Aussendung.
Die Ergebnisse hätten nicht der Arbeit in den Ministerien, "sondern ausschließlich der ÖVP" gedient, so Krainer. Dies sei "ein weiterer Beweis dafür, dass die ÖVP korrupt ist. Mit diesen Methoden muss endlich Schluss sein." Krainer fordert von ÖVP-Chef Karl Nehammer "als verantwortlichem Parteiobmann" die Offenlegung sämtlicher Umfragetätigkeiten der ÖVP-Bundespartei.