Die Klebeaktionen im Straßenverkehr haben in der Bevölkerung denkbar geringe Akzeptanz. Laut einer Unique Research-Umfrage für das "profil" befürworten mehr als drei Viertel der Österreicher Haftstrafen gegen die Umweltaktivisten. 52 Prozent sehen diese Option als sehr positiv, 24 Prozent immerhin noch als positiv. Lediglich sechs Prozent beurteilen diese Möglichkeit als sehr negativ.
Verschärft hatte die innenpolitische Debatte über Klimakleber zuletzt die ÖVP. Wer sich auf Österreichs Straßen klebt oder diese anderweitig blockiert, um politisches Handeln im Kampf gegen die Klimakrise einzufordern, dem sollen laut der Volkspartei nämlich künftig bis zu drei Monate Freiheitsstrafe drohen. Vorausgesetzt, die Demonstrantinnen und Demonstranten "behindern die Durchfahrt von Einsatzfahrzeugen und führen dadurch eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit anderer Personen herbei", heißt es im türkisen Vorschlag.
Hintergrund für die Forderung: Immer wieder werden Fälle von behinderten Rettungsfahrzeugen bekannt, die dank Klimaprotest verspätet zu Unfällen oder Reanimationen kommen. Dafür müsse man die Verantwortlichen belangen, heißt es aus der ÖVP. Und zwar mit Strafen, die "deutlich mehr weh tun" als die bisher verhängten Verwaltungsstrafen.
Harte Kante gegen Klimakleber
Es ist der jüngste Vorstoß in einer Reihe von türkisen Bemühungen, mit klarer Kante gegen Klimakleber aufzutreten. Im Mai verkündete Innenminister Gerhard Karner, dass radikale Klimaaktivisten unter Beobachtung des Staatsschutzes stehen. Bundeskanzler Karl Nehammer nannte in der Debatte über den Begriff "normal" die Klimakleber in einem Satz mit Identitären und islamistischen Hasspredigern, die allesamt "nicht normal" seien. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner bezeichnete die Demonstranten als "rücksichtslose Chaoten" und forderte eine Verschärfung der Gesetze, um den Aktivisten klare Grenzen aufzuzeigen.
Nun macht die ÖVP ernst. Das Innenministerium übermittelte dem grünen Koalitionspartner bereits einen entsprechenden Vorschlag für die angestrebte Strafverschärfung. Dort reagiert man erwartungsgemäß wenig begeistert. Das Demonstrationsrecht sei wesentlich für eine Demokratie, zudem gebe es schon jetzt genügend rechtliche Möglichkeiten, bei einer Behinderung von Einsatzfahrzeugen einzugreifen.
Haft schon jetzt möglich
Damit liegt die Partei nicht ganz falsch. Denn bereits jetzt können die Klimaaktivisten wegen "Gefährdung der körperlichen Sicherheit" angezeigt werden, schon jetzt drohen ihnen dann bis zu drei Monate Freiheitsstrafe. In der ÖVP räumt man ein, diese Möglichkeit mit der geplanten Verschärfung schlicht deutlicher und in Kombination mit einer Behinderung von Einsatzfahrzeugen festschreiben zu wollen, um Rechtssicherheit für beide Seiten zu schaffen. Freilich geht es den Türkisen aber vielmehr um Signalwirkung als um klare Verhältnisse.
156 Kundgebungen, 46 Strafanzeigen, 2114 Verwaltungsstrafanzeigen und 483 Festnahmen – so lautet die Bilanz der bisherigen Klimademos. Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit sind ein hohes und unantastbares Gut. Doch wer Menschenleben durch ein Blockieren von Einsatzfahrzeugen mutwillig gefährdet, soll mit ernsthaften Konsequenzen rechnen müssen. Mit einem als Verschärfung verkauften Festschreiben einer bereits existierenden Möglichkeit ist jedoch niemandem geholfen.
Christina Traar/APA