Was wird gefordert?
Antwort: Bargeld als Zahlungsmittel war zuletzt vor allem eine Forderung der FPÖ – und wurde nun von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) aufgegriffen. Wie genau eine solche Verankerung aussehen soll, lässt dieser bis dato offen, damit soll sich eine Taskforce im Finanzministerium befassen. Im September ist ein Gipfel geplant. Die FPÖ pocht jedenfalls auf eine möglichst umfassende Absicherung des Bargelds: Unternehmen sollen zur Annahme verpflichtet, Obergrenzen ausgeschlossen werden.
Welche Einwände gibt es?
Antwort: Martin Selmayr, Vertreter der EU-Kommission in Österreich, weist darauf hin, dass Euro-Banknoten schon jetzt in den EU-Verträgen als gesetzliches Zahlungsmittel festgeschrieben sind. Damit sei das Bargeld EU-rechtlich abgesichert – denn um die Verträge zu ändern, bräuchte es die Zustimmung sämtlicher Mitgliedstaaten. Auch der "digitale Euro", an dem derzeit gearbeitet wird, könnte das Bargeld laut Selmayr nur ergänzen. Kritik gibt es auch grundsätzlich daran, die Verfassung mit tagespolitisch motivierten Regelungen zu überfrachten. Sie sei das "Regelwerk für das Funktionieren des Staates", kein "lyrisches Lesebuch", meinte dazu etwa der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP).
Wäre eine Verankerung in der Verfassung möglich?
Antwort: Mit einer entsprechenden Mehrheit im Nationalrat könnte man etwa eine allgemeine Zielbestimmung in die Verfassung aufnehmen, dass Österreich am Bargeld festhalten will, sagt Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk zur Kleinen Zeitung. Daraus würden sich laut dem Juristen allerdings viele neue Fragestellungen ergeben: Gibt es sachliche Gründe, Unternehmen zur Annahme von Bargeld zu verpflichten und damit in ihr Recht auf unternehmerische Freiheit einzugreifen? Muss – wie zuletzt von der SPÖ gefordert – in jeder Gemeinde ein Bankomat stehen? Sollte es das Bargeld tatsächlich in die Verfassung schaffen, rechnet Funk mit zahlreichen politischen und juristischen Auseinandersetzungen über diese und weitere Fragen. "Es hineinzuschreiben, ist nicht das Problem. Die Probleme beginnen, sobald es in der Verfassung steht", so Funk.
Wie halten es andere Länder mit dem Bargeld?
Antwort: In wenigen Ländern innerhalb der Eurozone ist die Barzahlung so beliebt wie in Österreich. Vor allem, um Korruption und Geldwäsche zu erschweren, haben die Mehrheit der EU-Staaten bereits nationale Obergrenzen für Bargeldzahlung eingeführt, meist in der Höhe von einigen Tausend Euro. Besonders streng ist allerdings Griechenland: Dort dürfen nur Beträge bis zu 500 Euro mit Scheinen und Münzen bezahlt werden, es gibt allerdings Ausnahmen. Die Pläne für eine EU-weite Obergrenze in der Höhe von 10.000 Euro dürften der Ursprung vieler Sorgen sein, Brüssel wolle Bargeld "abschaffen".
Wie ist die Situation in Griechenland?
Antwort: Griechenland will den Anteil von Barzahlungen insgesamt drosseln, um Steuerhinterziehung vorzubeugen. Schon derzeit ist mit 500 Euro die EU-weit niedrigste Obergrenze festgelegt, immer wieder gibt es Bestrebungen, das Limit noch weiter zu senken. Im Jahr 2019 bezeichnete die Europäische Zentralbank eine damals geplante Obergrenze von 300 Euro als "unverhältnismäßig". Auch ein Entwurf, Barzahlungen auf 200 Euro zu beschränken, wurde heuer wieder fallen gelassen.
Wie sind die gesetzlichen Bestimmungen derzeit in Österreich?
Antwort: "Es gibt im Nationalbankgesetz eine Bestimmung, die immer wieder in diese Richtung interpretiert wird, aber unklar ist", sagt der Grazer Rechtsanwalt Stefan Schoeller. Unternehmen seien zwar verpflichtet, sich in Euros bezahlen zu lassen, auf welche Weise, stehe ihnen aber offen.
Gelten für Marktbeherrscher andere Regeln?
Antwort: Für Marktbeherrscher bzw. Unternehmen mit einem Monopol besteht, wie Schoeller betont, ein sogenannter Kontrahierungszwang: "Sie können die Bargeldzahlung oder die Kartenzahlung nicht verweigern, wenn es keine sachlich gerechtfertigten Motive dafür gibt. Marktbeherrscher sind zu Objektivität und Gleichbehandlung verpflichtet." Das würde übrigens auch für das einzige Gasthaus in einem Ort gelten.
Könnten Supermärkte die Annahme von Bargeld verweigern?
Antwort: Konkret wollte die Tiroler Supermarktkette MPreis heuer in einer Filiale nur noch Kartenzahlung zulassen. Die Arbeiterkammer Tirol drohte damit, dagegen gerichtlich vorzugehen, und MPreis lenkte ein. Die Argumentation der AK? Die AK verwies auf Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel und auf den Obersten Gerichtshof, der am Beispiel von Online-Shops bereits entschieden habe, dass die starke Einschränkung von erlaubten Zahlungsarten nicht zulässig ist. Es müsse ausreichende Wahlmöglichkeiten geben. Der Fall landete, wie erwähnt, nicht vor Gericht.