Der Süden wurde vom Hochwasser heimgesucht. Es gibt die Befürchtung, dass das Geld nicht schnell genug fließt. Muss man da nachbessern?

MAGNUS BRUNNER: Wir haben in der Vergangenheit bewiesen, dass wir bei solchen Katastrophen schnell und rasch helfen. Das war bei Niederösterreich schon so, das gilt jetzt auch für die Steiermark und Kärnten. Der Katastrophenfonds ist ausreichend dotiert.

Kärntens Landeshauptmann Kaiser, aber auch Bürgermeister klagen, dass das Geld zur Neige geht.

Es muss zuerst ermittelt werden, wie hoch die Schäden sind. Sollten zusätzliche Mittel benötigt werden, werden wir für das Geld sorgen. Daran wird es nicht scheitern. Es sind im Übrigen die Länder, die die Gelder auszahlen, nicht der Bund. Wir ersetzen den Ländern die Mittel, und diese Mittel fließen schnell und unkompliziert.

Beim Finanzausgleich wollen Länder und Gemeinden den budgetären Verteilungsschlüssel zu ihren Gunsten verändern – mit dem Argument, die Ausgaben bei Gesundheit und Pflege steigen. Wird der Schlüssel geändert?

Ich habe Verständnis, dass jede Gebietskörperschaft mehr Geld braucht. Ich bitte auch um Verständnis für den Finanzminister, der der Treuhänder der Steuerzahler ist. Das Geld muss effizient eingesetzt werden. Gesundheitsminister Rauch und ich haben gesagt, wir sind bereit, mehr Geld in die Hand zu nehmen, aber nur in Kombination mit strukturellen Reformen.

An welche strukturellen Reformen denken Sie zum Beispiel?

Dass es mehr Geld bei den Primärversorgungszentren gibt, allerdings daran geknüpft, dass die Versorgung zu Randzeiten gewährleistet ist. Das ist unser Ansatz. Im Übrigen ist es nicht so, dass nur die Länder Mehrausgaben haben. Es gilt auch für den Bund, bei Pensionen, Baukosten, der Zinsentwicklung.

Sie verhandeln jetzt auch das Budget. Braucht es ein Sparpaket?

Nein, es wird kein Sparpaket geben. Wir müssen einige Pflöcke einschlagen. Maßnahmen, die wir wegen der Krisen beschlossen haben, müssen auslaufen. Im Juni ist die erhöhte Pendlerpauschale ausgelaufen. Die Stromkostenbremse ist bis Mitte 2024 befristet.

Kein "Koste es, was es wolle"?

Mein Zugang ist ein anderer: Wir stellen zur Verfügung, was notwendig ist. Es hat sich ein ausgeprägtes Anspruchsdenken entwickelt. In Krisenzeiten ist es in Ordnung. Der Staat kann nicht zu hundert Prozent alle Krisen kompensieren.

Kein "Her mit dem Zasta, her mit der Marie!"?

(schmunzelt) Genau.

Was heißt das für die Budgetverhandlungen?

Die Ressorts müssen Prioritäten setzen. Die Steigerungen in den letzten Jahren waren enorm. Ich kann mir vorstellen, dass Ministerien auf Rücklagen zurückgreifen, die in der Pandemie angespart worden sind, weil Projekte nicht umgesetzt werden konnten.

Was passiert bei den Pensionen?

Das Regierungsprogramm enthält keine Pensionsreform. Wir arbeiten aber daran, wie wir es attraktiver gestalten können, damit ältere Arbeitnehmer länger im Arbeitsleben bleiben. Es gibt eine Studie, wonach von 100.000 Leuten, die in Pension gehen, 40.000 weiterarbeiten wollen. Das wäre für den Arbeitsmarkt wichtig. Da könnten die Pensionsversicherungsbeiträge gestrichen werden.

Die Pensionen sollen um 9,7 Prozent angepasst werden. Das geht ordentlich ins Geld?

Der Kanzler hat bereits zugesagt, dass es bei diesem von der Kommission errechneten Wert bleibt. Das unterstütze ich auch. Das ist eine große und angemessene Erhöhung. Die Kosten sind gewaltig. Dann kommt auch noch die Zinsentwicklung dazu, die das Budget belastet.

Der Anstieg des Frauenpensionsalters wurde vor 30 Jahren beschlossen. Warum nicht jetzt über die Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters nachdenken, etwa ab 2028? Das kann nicht auf Dauer ein Tabu bleiben?

Wir haben den Punkt nicht im Regierungsprogramm. Ich kann mir aber vorstellen, dass die nächsten Bundesregierungen diese Themen andenken. Die Kosten gehen nach oben, die Lebenserwartung steigt, viele Parameter haben sich in den letzten Jahrzehnten verändert.

Sollte der nächste Kanzler Kickl heißen, muss Kickl das Pensionsantrittsalter hinaufschrauben?

Ich gehe davon aus, dass der nächste Kanzler nicht Kickl oder Babler, sondern Nehammer heißt.

Warum wollen Sie bitte das Bargeld in der Verfassung verankern? Niemand hindert Sie, Maßnahmen zu ergreifen?

Es ist schon interessant, dass es in Österreich ein Volksbegehren gab, wo das gefordert wurde, aber das wurde nicht diskutiert. Nun will es der Kanzler, weil es für die Bevölkerung ein sehr wichtiges Thema ist …

Es macht einen Unterschied, wer das fordert?

Der Kanzler hat mir den Auftrag erteilt, eine Taskforce einzurichten, die das seriös diskutiert.

Sie selbst haben immer gesagt, dass es das gar nicht braucht?

Es geht auch um eine Art Absicherung, die über die Legislaturperiode hinausgeht. Die Taskforce soll sich im Detail anschauen, wie es um die Infrastruktur steht. Der digitale Euro spielt da hinein. Wir werden das Bargeld in Österreich ohnehin nicht abschaffen.

Auch Brüssel denkt nicht daran.

Stimmt. Manche europäische Länder haben die Infrastruktur komplett aus den Augen verloren. Wir sind gut aufgestellt. Die Taskforce wird sich anschauen, wie weit weg ein Bankomat verfügbar sein soll. Ich kenne Gemeinden, die noch nie einen Bankomaten hatten, aber in der Nachbargemeinde, die direkt angrenzt, ist einer. Das muss seriös diskutiert werden.

Ist es vorstellbar, dass man alle Geschäfte verpflichtet, dass man auch mit Bargeld zahlt?

Das muss man sich anschauen, obwohl ich skeptisch bin, ob alles der Staat regeln soll. Ich bin für die Wahlfreiheit. Meine Frau verwendet eher Bargeld, ich greife eher zur Karte.

In Italien hat die Regierung Meloni überfallartig eine Art Sondersteuer für Banken fixiert, weil die Banken die niedrigen Zinsen nicht an den Kunden weitergeben. Ist so etwas in Österreich auch vorstellbar?

Wir sind mit den Banken im engen Austausch, auch wegen der Zinsentwicklung. Bei den Neukrediten klappt es gut, beim Wechsel noch weniger. Wir werden im Herbst nochmals intensiv Gespräche führen, aber eine Krisensteuer ist bei uns momentan nicht vorgesehen.

Was heißt "momentan"?

Dass wir uns anschauen müssen, wie die Banken reagieren, ob ihre Maßnahmen, die sie jetzt setzen, ausreichend sind oder nicht.
Wenn die Banken nicht liefern, haben wir dann italienische Verhältnisse.
Gott sei Dank funktioniert die Zusammenarbeit mit dem Bankensektor hervorragend. Die Banken in Österreich sind gute Gesprächspartner.