Ein Mann täuscht mehr als sechs Jahre lang eine massive Sehbehinderung vor, genießt Vorteile eines Behindertenpasses, eines Parkausweises sowie steuerliche Vorteile. Als ihn Beamtinnen und Beamte von Kriminal- und Finanzpolizei bei Kontrollen erwischen, beläuft sich der Schaden bereits auf 900.000 Euro. Fälle wie diese präsentierten Finanz- und Innenministerium zum fünfjährigen Bestehen der gemeinsamen Taskforce "SOLBE" (Sozialleistungsbetrug). Seit dem Start der Einheit wurden insgesamt 89 Millionen Euro Schaden aufgedeckt.
Zuletzt wurden die Kontrollen laut Taskforce-Leiter Gerald Tatzgern um zehn bis 15 Prozent verstärkt, 14 Millionen Euro Schaden wurde allein im ersten Halbjahr 2023 entdeckt. Mehr als 2.200 Fälle wurden bisher bearbeitet, mit 2.288 Tatverdächtigen. "72 Prozent von ihnen sind ausländische Staatsbürger", erklärte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Die Top 5 der Herkunftsländer seien laut Tatzgern Afghanistan, Syrien, Ukraine, Serbien und Bosnien-Herzegowina.
Aufklärungsquote: 99,5 Prozent
Mehr als die Hälfte der Anzeigen entfallen auf Wien. Es handle sich um ein Kontrolldelikt, vermehrte Kontrollen würden also zu mehr Fällen führen, vermehrte Aufklärung diene wiederum der Abschreckung. Die Aufklärungsquote liegt laut Karner aktuell bei 99,5 Prozent, man arbeite mit ausländischen Behörden in weltweit 80 Ländern zusammen.
Die kontrollierenden Beamten stoßen großteils auf drei Arten von Delikten:
- Widerrechtlicher Bezug von Ausgleichszulagen zur Pension, obwohl die Person ihren Wohnsitz in Österreich nur vortäuscht
- Der Bezug von Sozial- oder Arbeitslosenhilfe, obwohl die Person Einkünfte hat (häufigster Fall)
- Der widerrechtliche Bezug von Familienbeihilfe mit gefälschten Geburtsurkunden
Mehr als 25.000 Kontrollmaßnahmen führe man im Jahr circa durch. Unter anderem wurde eine Dame, die einen lukrativen Parfumhandel führe, dabei erwischt, Notstandshilfe zu beziehen. Knapp eine Million Euro Schaden wurden aufgedeckt. In einem anderen Fall wurde Arbeits- und Notstandshilfe bezogen, obwohl die Person mehr als 300 Tage im Jahr nicht im Land gelebt hatte. Schadenssumme: 200.000 Euro.
Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren
Wer bei solchen Delikten erwischt wird, dem droht bei Betrug eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten. Sind gefälschte Unterlagen und ein größerer Schaden im Spiel, drohen bis zu drei Jahre. Agiert man in einer kriminellen Organisation (häufig mit dem Waschen von Schwarzgeld über fiktive Firmen), drohen bis zu fünf Jahre. Als Höchststrafe sind bis zu zehn Jahre vorgesehen, wenn der Schaden über 300.000 Euro hinausgeht.
Laut Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) dürfe das Sozialsystem "keine Einbahnstraße sein", die man ausnutze. Engmaschige Kontrollen sollen verhindern, "dass sich jemand ungerechtfertigt Sozialleistungen erschleicht".