Warum empört sich die ÖVP über das "weibliche Gesetz" der Grünen-Justizministerin Zadić?

Gute Frage. Die ÖVP weiß seit gut drei Monaten davon. Am 26. Mai stellte Zadić den Entwurf bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ÖVP-Finanzminister Brunner vor. Beim Termin waren auch Start-up-Gründerinnen dabei. Als Zadić explizit auf die weibliche Ausgestaltung verwies, brandete Applaus auf – ein Video kursiert auf der vormals Twitter genannten Plattform X.

Wurde die ÖVP überrumpelt?

Nein. Jeder Entwurf muss mit dem Koalitionspartner koordiniert werden. In Zadićs Umgebung erinnert man sich daran, dass Kritik an der weiblichen Formulierung "in keiner der unzähligen Verhandlungsrunden" geäußert wurde. In Brunners Umgebung räumt man ein, man war informiert.

Kann die ÖVP den Entwurf zu Fall bringen?

Ja, denn das Vorhaben muss als Regierungsvorlage ins Parlament eingebracht werden. Dazu bedarf es einer Ministerratssitzung im Herbst, die immer einstimmig entscheidet.  

Ist Zadić zu Änderungen bereit?

Nein. Die ÖVP habe den Entwurf "in der vorliegenden Form" freigegeben, heißt es im Umfeld der Ministerin, deshalb sehe man "in logischer Konsequenz derzeit auch keine Gründe", an der mit der ÖVP abgesprochenen Formulierung Änderungen vorzunehmen.

Was sagt der Verfassungsdienst dazu?

Dieser hat in einer Stellungnahme nahegelegt, dass der Entwurf nicht in weiblicher Form verfasst wird. "Sollte intendiert sein, den Entwurf in einer geschlechtergerechten Sprache zu formulieren, müssen Paarformen verwendet werden." In der Vergangenheit hat sich der Verfassungsdienst, der Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) unterstellt ist, nie explizit gegen das Gendern, aber gegen die Verwendung des Gendersterns und des Binnen-I ausgesprochen.

Ist der Zadić-Entwurf verfassungswidrig?

Nein.

Was ist, wenn beide Seiten hart bleiben?

Dann haben Jungunternehmerinnen und Jungunternehmer das Nachsehen.

Was könnte der Kompromiss sein?

Die Verwendung der Paarform – laut Duden die "höflichste und eindeutigste Variante der sprachlichen Gleichstellung".