Bundespräsident Alexander Van der Bellen rechnete in seiner Rede zur Eröffnung der Salzburger Festspiele mit der Logik der sozialen Medien ab, die durch ihre Algorithmen die gesellschaftliche Kluft vertiefen und die Bildung von Meinungsblasen fördern. „Wir diskutieren kaum mehr miteinander, oft bestätigen wir uns nur in der eigenen Meinung.“ Wenn jemand anderer Meinung sei, „hören wir ihn oder sie kaum noch, weil er oder sie zu weit weg ist - auf der anderen Seite des Grabens, der durch unsere Gesellschaft führt, schalldicht eingepackt und behütet in der Blase, in den sozialen Medien.“ Das führe dann dazu, dass „Follower von Herbert Kickl glauben, in einer ganz anderen Welt zu leben als Follower von Werner Kogler oder von Beate Meinl Reisinger oder von Karl Nehammer oder von Andreas Babler oder von Alexander van der Bellen.“
Die schönsten Bilder der Eröffnung
Van der Bellen folgt nun Norbert Hofer
Statt den Zustand zu bedauern, fordert Van der Bellen die Gesellschaft auf, diese Logik zu durchbrechen und einen „begründeten Optimismus“ an den Tag zu legen. „Wieso nicht einmal die Algorithmen verwirren, indem wir auch denen „followen“, deren Meinung vielleicht nicht so ganz unserer Meinung entspricht?“ Und dann die konkrete Aufforderung: „Bringen Sie Ihre Blase zum Platzen! Reden Sie mit Leuten, die Sie nicht kennen. Die nicht zu „Ihrer Gruppe" gehören.“
Auf offener Bühne klickte Van der Bellen den Instagram-Account seines einstigen politischen Widersachers Norbert Hofer an. „Besuchen Sie einmal die benachbarte Blase. Followen Sie den Menschen, denen Sie nicht folgen würden." Jede, jeder mögen zu einem Buch oder einem digitalen Medium greifen, das man noch nicht gelesen haben."Und nutzen Sie die vierte Gewalt im Staat. Unabhängige Medien berichten über Inhalte und Fakten. Und nicht über sich selbstverstärkende Fake-News aus den Bubbles."
Zeilinger spannt Bogen von Einstein zur Innenpolitik
Nobelpreisträger Anton Zeilinger spannte in seiner Festrede zur Eröffnung der Salzburger Festspiele einen Bogen zwischen dem Begründer der Relativitätstheorie Albert Einstein und der aktuellen Politik „Ist Wahrheit eine Frage der Mehrheit?“, fragte Zeilinger unter Verweis auf die damalige Annahme, dass Einstein auf dem Holzweg sei. Innerhalb kürzester Zeit habe die „wissenschaftliche Community“ eine Kehrtwende vollzogen. In der Physik überlebten die meisten Ideen ohnehin nicht den ersten Tag.
Mahnende Worte fand Zeilinger zur allgemeinen Lage: „Ich habe das Gefühl, dass Vernunft heute eine gefährdete Spezies ist." Andererseits müsse man sich mit jenen, die populistische, extremistische Position vertreten, an den Stammtisch setzen. Einmal mehr brach der Quantenphysiker eine Lanze für die Grundlagenforschung, für die Gentechnik, die Entbürokratisierung des Wissenschafts- und Bildungsbetriebs. Auch sollte man die Kooperationen mit Wissenschaftlern aus Russland und China nicht unterbinden.