Der Amtsmissbrauch-Prozess gegen mehrere frühere Spitzenbeamte des inzwischen aufgelösten Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und einen Vertreter des Bundesamtes für Fremdenrecht und Asyl (BFA) ging am Montag mit Freisprüchen zu Ende, es konnte kein Amtsmissbrauch nachgewiesen werden.
"Einige Sachverhalte" seien "anders" als von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) angenommen "zu bewerten", stellte die vorsitzende Richterin in der Urteilsbegründung klar. Es gebe keinen Beweis für einen Tatplan, keinen Schädigungsvorsatz und auch kein erkennbares Motiv. "Das Einzige, was sie (die Angeklagten, Anm.) davon hatten, war viel Arbeit", betonte die Richterin. Die Freisprüche für die Ex-BVT-Beamten - Ex-Spionagechef Bernhard P. und zwei frühere Chefinspektoren - von sämtlichen Anklagepunkten erfolgten im Zweifel.
"Foltergeneral"
Den Angeklagten ist vorgeworfen worden, sie hätten 2015 einen syrischen "Foltergeneral" in Österreich untergebracht und ihm trotz Fehlens der rechtlichen Voraussetzungen Asyl verschafft. Dem syrischen General wird die Mitverantwortung für Folterungen von Gegnern des syrischen Regimes in einem Gefängnis in Ar-Raqqa vorgeworfen.
Auf Basis einer Kooperation mit dem israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad soll er nach Österreich gebracht und dort von Beamten des BVT in Empfang genommen worden sein. Diese sollen ihm dann gemeinsam mit dem ebenfalls angeklagten Leiter der Erstaufnahmestelle in Traiskirchen Asyl verschafft haben.
Letzter Zeuge
Mehrere Beweisanträge - darunter etwa die Ladung eines Mossad-Vertreters als Zeuge - wurden abgelehnt. Als letzter Zeuge geladen war am Montag ein Vertreter jener NGO, die dem Justizministerium Informationen übermittelt und damit die Ermittlungen gegen den General angestoßen hatte.
Als die NGO "Commission for International Justice and Accountability" (CIJA) Anfang 2016 im Justizministerium aufschlug und Bedenken äußerte, dass sich in Österreich ein mutmaßlicher Kriegsverbrecher aufhalte, gaben die Beamten des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), die an der Besprechung teilnahmen, nicht bekannt, jenen Mann zu betreuen, so die Anklage.
Das Treffen im Jänner 2016, also als sich der "General" bereits ein halbes Jahr in Österreich aufgehalten haben soll, sei ähnlich abgelaufen, wie Treffen mit anderen Ländern: Die Vertreter der CIJA hätten sich vorgestellt, und das Ziel der NGO - Kriegsverbrechen mit Fokus auf Syrien zu dokumentieren - erklärt. Es sei aber auch konkret um Informationen den General und seinen Aufenthaltsort betreffend gegangen.
Keine abnormale Reaktion
Als der Name des Generals von der CIJA genannt wurde, sei ihm keine abnormale Reaktion der Beschuldigten aufgefallen. Nicht mehr erinnern konnte er sich, ob noch während der Besprechung ein Auszug aus dem Melderegister gemacht wurde, wie von den beschuldigten BVT-Beamten angegeben. Auch über mögliche zukünftige Handlungen der österreichischen Justiz und der NGO den General betreffend sei diskutiert worden.
Informationen aus Syrien und sozialen Medien
Dass sich der General dem Kriegsverbrechen vorgeworfen werden, in Österreich befinde, fuße auf Informationen aus Syrien sowie von sozialen Medien. Mit dem amerikanischen Geheimdienst kooperiere die CIJA nicht, betonte der Zeuge. "Unser Ziel ist es, mit Staatsanwälten und Richtern zusammenzuarbeiten." Auch mit Frankreich - wo sich der General aufhielt, bevor er nach Österreich kam - habe man zusammengearbeitet. So hätte man die Informationen, die man bei der Besprechung übergab, auch den französischen Behörden gegeben.
Der Zeuge hätte weiters zugesagt, zusätzliches Material über den General an das Justizministerium zu liefern. Nach diesem Treffen sei der Kontakt aufrecht erhalten und weitere Besprechungen zwischen CIJA und Vertretern des BMJ abgehalten worden.
Abgerechnet
Bei der Verhandlung fehlte der ehemalige BVT-Abteilungsleiter, der von der WKStA zwar mitangeklagt wurde, aufgrund einer Erkrankung aber nicht verhandlungsfähig ist. Seine im Ermittlungsverfahren getätigten Aussagen zu den inkriminierten Vorgängen wurden daher verlesen. Ex-Spionagechef Bernhard P. nutzte im Anschluss die Gelegenheit zur Stellungnahme, um mit mit dem Mann abzurechnen: "Alle seine Behauptungen waren nachweislich falsch."
Überdies seien "dessen Machenschaften international bekannt". So sei Martin M. in den Wirecard-Skandal verwickelt und sei an der Flucht von Jan Marsalek beteiligt gewesen, meinte Bernhard P. Dieser machte auch noch deutlich, dass er davon ausgeht, dass sich der Ex-BVT-Abteilungsleiter der strafrechtlichen Verfolgung entzogen hat: "Ich bin überhaupt davon überzeugt, dass er in Dubai untergetaucht ist."