Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat am Sonntag der Kritik von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) an ihren "Normalen"-Bezügen gekontert. "Dem Chef der Grünen ist es natürlich ein Dorn im Auge, wenn ich ausspreche, was sich die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung zu den Straßenblockaden der Klimakleber denkt – oder zu den eigentlichen Aufgaben der Europäischen Union, die sich nicht als grüne Vorfeldorganisation verstehen soll", teilte sie mit.
Kogler hatte via "profil" Mikl-Leitners Anlehnungen an die "normal denkenden" Menschen als "brandgefährlich und darüber hinaus präfaschistoid" bezeichnet. "Eine derartige Herangehensweise ist das Einfallstor für das Böse in der Welt, um in der Diktion der katholischen ÖVP zu sprechen", sagte der Vizekanzler. Es gehe in der Demokratie um Mehrheiten – aber auch Minderheiten müssten geschützt werden.
"Unbedachte Wortwahl"
Niederösterreichs Landeschefin sprach am Sonntag in einer der APA übermittelten Stellungnahme von einer "unbedachten Wortwahl" Koglers, die ihre Einschätzung bestätigen würde: "Die politischen Ränder werden immer lauter und immer extremer. Wer in der Mitte steht, wird von den Rechten als links und von den Linken als rechts beschimpft – jetzt sogar als faschistisch. Weil man angeblich nicht sagen darf, dass man in einer Zeit, in der die politischen Ränder zunehmend radikaler werden, der schweigenden Mehrheit der normaldenkenden Menschen eine kräftige Stimme geben will, ja geben muss."
Wer gegen Klimakleber das Wort ergreife, sei nicht automatisch gegen Klimaschutz. "Wir halten nur nichts davon, rücksichtslos Tausende Mitmenschen zu behindern, die nichts anderes wollen, als pünktlich in die Arbeit zu kommen, ihre Kinder in die Schule zu bringen oder was auch immer." Autofahren sei nicht verboten, unangemeldete Demonstrationen seien es hingegen schon.
EU nicht als "grüne NGO gegründet"
Die Landeshauptfrau forderte erneut eine Verschärfung der Rechtslage gegen Klimakleber. Weiters solle der "Klimaschutz nicht gegen die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes und unseres Kontinents" ausgespielt werden. "Denn als überzeugte Europäerin sage ich auch: Die Europäische Union wurde nicht als grüne NGO gegründet, sondern als Gemeinschaft, die für Friede, Freiheit und Wohlstand innerhalb unserer Union sorgt – und das auch weiter tun soll", betonte die Landeshauptfrau in ihrem Statement.
Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) bemühte sich in der ORF-"Pressestunde" um Kalmierung. Er bewertete die Diskussion als "Beginn einer Sommerlochdebatte". Die Wortwahl sei dabei "nicht so prickelnd gewesen" bzw. "hätte man sich anders überlegen können". Und: "Was normal ist, entscheidet jeder selber." Auf die Koalition sah er keine Auswirkungen. Die Zusammenarbeit in der Regierung laufe gut – man habe noch genug zu tun. Klimaschutz sei außerdem auch ein Anliegen der ÖVP – man habe zwar andere Zugänge, das Ziel teile man aber.