Das mag überraschen. Die rund zweimonatige Sommerpause des Nationalrats ist in der Verfassung festgeschrieben. Die vom Bundespräsidenten einberufene Tagung soll „nicht vor dem 15. September beginnen und nicht länger als bis zum 15. Juli des folgenden Jahres währen“, steht dort geschrieben. Nach einem Sitzungsmarathon vergangene Woche mit rund 40 Gesetzesbeschlüssen wird es also nun ruhig im Hohen Haus. Erst am 20. September steht die nächste reguläre Plenarsitzung an.

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Das empört in regelmäßigen Abständen den Boulevard. Den Ball hat dieser Tage der neue SPÖ-Klubobmann Philip Kucher aufgenommen, in dem er öffentlich Kritik an den parlamentarischen Sommerferien geübt hat. Er forderte, das Thema Teuerung von der tagungsfreien Zeit auszunehmen. Auf einen Antrag der Koalitionsparteien hin soll nun immerhin der Sozialausschuss weiterarbeiten. Auch in der Bevölkerung kommt die Sommerpause nicht immer gut an. „Politikern spricht man schon ein bisschen ab, dass sie überhaupt arbeiten“, sagt Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle.

Sommerpause geht auf Habsburger-Zeit zurück

Dass die tagungsfreie Zeit des Nationalrats immer wieder infrage gestellt wird, überrascht den Verfassungsjuristen Bernd Christian Funk nicht. Die Regelung gehe „auf das 19. Jahrhundert, die Zeit des Parlamentarismus in der Monarchie, zurück“, erklärt er. Die Abgeordneten sollten Zeit bekommen, um mit den Menschen in ihren Wahlkreisen in Verbindung zu treten – und diese waren zu Zeiten der Habsburger über weite Teile Mittel- und Osteuropas verstreut. Heute ist Österreich kleiner, die Kommunikation einfacher. Ihren ursprünglichen Sinn habe die tagungsfreie Zeit weitgehend eingebüßt, so Funk.
So gesehen legt der Nationalrat eine Sommerpause - die Abgeordneten tun es nicht. Abgesehen davon: Ein Urlaubsanspruch im eigentlichen Sinn besteht für Politikerinnen und Politiker nicht, vom Bundespräsidenten abwärts bis hin zum Gemeinde- und Bezirksrat. „Politiker sind Diener des Staates, keine Angestellten“, erklärt Werner Zögernitz vom Institut für Parlamentarismus. Für den Bundesrat ist übrigens keine Pause vorgesehen.

Abgeordnete müssen bei Sondersitzungen anwesend sein

Doch völlig störungsfreie Urlaubswochen erwarten die Abgeordneten ohnehin nicht. Einzelne Ausschüsse wie der Budgetausschuss können laut Verfassung weiterhin zusammentreten. Ebenso können ein Drittel aller Abgeordneten eine Sondersitzung des Nationalrats während der tagungsfreien Zeit verlangen. Für die Parlamentarier ist die Anwesenheit bei solchen Sitzungen verpflichtend.

Aber nicht nur die vermeintlich lange Sommerpause, auch die Urlaubsgestaltung der Spitzenpolitik erhitzt regelmäßig die Gemüter. Das musste etwa die frühere SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner feststellen, als im Sommer 2019 ihr Foto im französischen Nobel-Urlaubsort Saint-Tropez in den sozialen Netzwerken die Runde machte – aufgenommen hatte es ein ÖVP-Politiker, nachdem Rendi-Wagner Jesolo als ihren Urlaubsort angegeben hatte.

Urlaub in Österreich kommt immer gut an

„Die SPÖ darf nur bis zum Hausmeisterstrand, die ÖVP muss zeigen, dass sie die heimische Wirtschaft mit Urlaub in Österreich fördert“, sagt Stainer-Hämmerle. Man sei stets bemüht, Bodenständigkeit und Heimatverbundenheit zu demonstrieren. Vor Sommerbeginn werden von den Medien gern die Sommerpläne abgefragt. „Es ist ein Wettbewerb, wer am nächsten beim Volk ist.“ Urlaub in Österreich komme immer gut an.

Wo Österreichs Politiker Urlaub machen


Auch heuer wollen Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Innenminister Gerhard Karner, Klimaministerin Leonore Gewessler den Sommer in der Alpenrepublik genießen. Nach Frankreich zieht es Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler, Arbeitsminister Martin Kocher nach Kanada. Familienurlaub in Griechenland schwebt Kanzler Karl Nehammer vor, vergangenes Jahr hatte er seine Urlaubspläne angesichts der Teuerungswelle medienwirksam abgesagt.
Stainer-Hämmerle hält wenig von Forderungen, Politiker sollten im Sommer durcharbeiten. „Ich sage jedes Jahr ‘erholt euch gut, denkt nach und kommt mit neuen Ideen im Herbst zurück.“

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