Die Debatte um die geplante Beteiligung Österreichs an der europäischen Luftverteidigungsinitiative "Sky Shield" geht weiter. Laut Verteidigungsministerium ist allerdings noch vieles unklar. Zunächst will Österreich die Teilnahme unterzeichnen, erst danach gebe es Gespräche, was Österreich zu dieser "Beschaffungsinitiative" konkret beitragen kann, sagte eine Sprecherin am Montag gegenüber der APA.
Die vom Militärexperten Franz-Stefan Gady im Ö1-"Morgenjournal" erwähnten Flugabwehrsysteme mittlerer Reichweite, also einer Reichweite zwischen 15 und 50 Kilometern beziehungsweise in die Höhe bis zu 25 Kilometern, seien "eine Möglichkeit", hieß es. Eine weitere Option sei ein Austausch von Radardaten. Auch die kolportierten zwei Milliarden Euro Kosten für Österreich konnte die Sprecherin "nicht bestätigen". Jedenfalls müsse "alles mit der Neutralität vereinbar sein". Auch sei noch nicht klar, was die anderen Länder beitragen. In Medien war vom Kauf von US-amerikanischen Patriot-Systemen sowie dem israelischen Raketenabwehrsystem Arrow 3 die Rede.
Kommandant der Luftstreitkräfte in ZiB2
Der Kommandant der Luftstreitkräfte Gerfried Promberger bezeichnete die Anschaffung von Luftabwehrsystemen mit einer größeren Reichweite - also von mehr als 50 Kilometern - als "wünschenswert" zum Schutz kritischer Infrastruktur. Neben der gemeinsamen Beschaffung von Produkten "zu wesentlich kostengünstigeren Konditionen" gehe es bei der "Sky Shield"-Initiative vor allem um den Austausch von Radardaten, wie dies mit Deutschland und der Schweiz bereits stattfinde, sagte Promberger am Abend in der "ZIB 2".
Über den Einsatz der Raketenabwehr und das Abfeuern einer Lenkwaffe über Österreich entscheide Österreich im konkreten Fall aber allein, betonte der Kommandant der Luftstreitkräfte. "Nicht akzeptabel" für das neutrale Österreich wäre auch, wenn das Oberkommando für das System im NATO-Hauptquartier eingerichtet würde.
FPÖ sieht "verheerende neutralitätspolitische Entscheidung"
Die FPÖ bekräftigte am Montag ihre Kritik an dem Vorhaben. FPÖ-Chef Herbert Kickl sprach am Sonntag von einer "verheerenden neutralitätspolitischen Entscheidung". Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) betonte dagegen, dass es Kernaufgabe Österreichs als neutraler Staat sei, eine umfassende Landesverteidigung sicherzustellen. "Neutralität bedeutet, wehrhaft zu sein. Mit der europäischen Initiative 'Sky Shield' können wir, selbstverständlich im Einklang mit dem Bundesverfassungsgesetz über die Neutralität, auf neue Bedrohungen und Technologien, insbesondere Drohnen und ballistische Raketen, effektiv reagieren. Auch andere neutrale Staaten überlegen, sich daran zu beteiligen", so Edtstadler in einer Stellungnahme.
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) gab sich am Rande eines Pressetermins auf Nachfrage zu "Sky Shield" zurückhaltend. Sie wiederholte, was ihre Partei bereits mitgeteilt hatte, wonach man eine europäische Zusammenarbeit prinzipiell begrüße. Es seien aber noch "Details auszuarbeiten, um zu sehen, was das dann konkret heißt".
Aktuell 17 Länder dabei
Die "European Sky Shield Initiative" (ESSI) ging vom EU- und Nato-Land Deutschland aus und umfasst derzeit 17 Länder. Beteiligt sind seit dem vergangenen Oktober zudem die Nato-Mitglieder Großbritannien, die Slowakei, Lettland, Ungarn, Bulgarien, Belgien, Tschechien, Finnland, Litauen, die Niederlande, Rumänien, Slowenien, Estland sowie Norwegen. Im Februar schlossen sich auch Dänemark und der Nato-Beitrittskandidat Schweden dem Projekt an. "Sky Shield" soll vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine helfen, bestehende Lücken im derzeitigen Schutzschirm für Europa zu schließen.
Bei der deutschen Initiative nicht dabei sind etwa die südlichen Nato-Länder Italien, Spanien und Frankreich sowie Polen. Die spanische Verteidigungsministerin Margarita Robles erklärte seinerzeit laut spanischen Medien, dass Spanien nicht förmlich um eine Teilnahme an dem Projekt gebeten worden sei. Paris missfällt, dass dabei nichteuropäische Technologie eingekauft werden soll.
Schutzschirm über Teilnehmer
Mit "Sky Shield" werde ein satellitengestützter Schutzschirm über die teilnehmenden Länder gelegt, der Drohnen und Raketen frühzeitig erkennen und abwehren kann, teilte die Bundesregierung am Samstag mit. Die gestiegene Bedrohungslage äußere sich in drei Faktoren, gegen die "Sky Shield" den notwendigen Schutz bieten soll: Angriffe durch Drohnen oder Bedrohung durch fehlgeleitete Drohnen, Bedrohung durch militärische Flugzeuge im europäischen Luftraum sowie Bedrohung durch ballistische oder atomare Raketen im europäischen Luftraum.