Kaum ist Andreas Babler neuer Parteichef der SPÖ, ändert diese ihre unter Pamela Rendi-Wagner ausgerufene Linie im Nationalrat: Die Blockade von Gesetzesvorhaben, die eine Zweidrittelmehrheit und damit die Unterstützung der Sozialdemokraten brauchen, soll nicht weiter fortgesetzt werden. "Wir sind jetzt gesprächsbereit", sagte der neue geschäftsführende Klubobmann Philip Kucher Donnerstagabend in der ZiB2 des ORF. Auch der Umgang des SP-Klubs mit der Ukraine soll sich ändern.
Die Linie, der Koalition von ÖVP und Grünen keine Stimmen mehr zur Verfügung zu stellen, weder für einfache noch für Zweidrittelmehrheiten, hatte die SPÖ unter der Rendi-Wagner bzw. deren Klubvize Jörg Leichtfried Mitte Mai ausgegeben. Am Höhepunkt des SPÖ-internen Führungskonflikts sollten damit weitere Antiteuerungsmaßnahmen erzwungen werden. Das Energieeffizienzgesetz scheiterte deshalb, es musste von der Koalition in einer stark abgespeckten Version durchs Hohe Haus gebracht werden.
"Werden neuen Weg gehen"
Nun soll sich das wieder ändern. "Wir werden einen völlig neuen Weg gehen", sagte Kucher. Die SPÖ-Ankündigung sei eine Notmaßnahme gewesen, um zu erzwingen, dass die Regierung in Bewegung komme. Die neue Linie laut Kucher: Die Bundesregierung sei gefordert, Versprochenes vorzulegen. Tue sie das nicht, werde sie von der Bevölkerung ohnehin die Rechnung präsentiert bekommen.
Weiterhin wolle man mit ganzer Kraft Maßnahmen gegen die Teuerung, unterstrich er. Vorschläge zum Klimaschutz wolle man sich aber genau anschauen. "Wenn es den Menschen nützt, sind wir mit dabei", so Kucher. Dies gelte etwa für das Erneuerbare-Wärme-Gesetz, sagte er auf Nachfrage, allerdings nur, wenn die Mieter nicht auf den Kosten des Heizungsumbaus sitzen bleiben würden. Doch auch einer Novelle des Verbotsgesetzes will die SPÖ nun wieder zustimmen.
Anderer Umgang mit Ukraine
Ändern wird sich laut Kucher nicht nur das Abstimmungsverhalten der SPÖ, sondern auch ihr Umgang mit der Ukraine. Dass bei der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Parlament im März viele der sozialdemokratischen Abgeordneten gefehlt hatten - er selbst nicht -, bedauerte er. "Mir tut es grundsätzlich leid, dass unser Auftritt damals den Eindruck vermittelt hat, wir würden nicht hinter der Ukraine und den Menschen stehen", sagte er. Man habe dies intensiv nachbesprochen: "Ich glaube, dass das so nicht mehr vorkommen wird."
Kucher war ursprünglich Unterstützer von Bablers Widersacher Hans Peter Doskozil im Ringen um den SPÖ-Vorsitz. Nun sei aber Babler in einer demokratischen Entscheidung zum Parteichef gekürt worden, "und nach den Gesprächen der letzten Tage bereue ich diese Entscheidung keineswegs". Vom neuen Chef gab sich Kucher regelrecht begeistert: "Ich glaube, dass er wirklich ein guter Mensch ist."