Theoretisch ist Andreas Babler seit Samstag vergangener Woche neuer SPÖ-Chef. Praktisch ist er es seit Dienstagnachmittag, als er nach erneuter Auszählung der völlig verunglückten Wahl am Parteitag das Amt formal angenommen hat. Während sein einstmaliger Kontrahent um die Parteiführung, Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, das tatsächliche Ergebnis des Parteitags sichtlich zerknirscht zur Kenntnis genommen hat – für ihn sei "das Kapitel Bundespolitik damit ein für alle Mal erledigt", so Doskozil, der dann tagelang nicht auf Anrufe Bablers reagierte – mehren sich die Zeichen, dass der Burgfrieden in der SPÖ noch nicht so solide ist, wie das viele in der Partei gerne hätten.
Kritik aus Salzburg
Ausgerechnet David Egger, der mit seiner Salzburger Landespartei bei der Landtagswahl kurz vor der Mitgliederbefragung zwei Prozentpunkte verloren hatte, meldete sich als erster zu Wort: Seine Unterstützung für Doskozil bereue er keine Sekunde, sagte Egger im "Profil", und lieferte gleich mit, was er von der 32-Stunden-Woche, einem von Bablers programmatischen Kernpunkten, hält: "Wenn alle Menschen weniger arbeiten, wird es noch schwerer, O-Busfahrer für die Stadt Salzburg, Kellner für die Ski-Hütte oder Pflegekräfte ganzjährig fürs Seniorenheim am Land zu finden."
In ein ähnliches Horn bläst Tirols roter Vize-Landeshauptmann und Landesparteichef Georg Dornauer. Dornauer, der seit der Landtagswahl vergangenes Jahr mit der ÖVP koaliert, kann der von Babler präferierten "Ampel" mit Grünen und Neos wenig abgewinnen: "Ich halte von einer Dreierkoalition nicht viel", sagt Dornauer am Mittwoch im Gespräch mit der Austria Presse Agentur – just an jenem Tag, an dem Babler sein Büro in der Parteizentrale in der Wiener Löwelstraße bezieht. Und deponiert gleich – so wie Egger – den Wunsch, auch die Bundesländer in die Personalentscheidungen der nächsten Tage einzubinden.
Sammelt jemand "Schmutz"?
Andere Länder-Chefs halten es da diplomatischer: Niederösterreichs Sven Hergovich zum Beispiel, der im Vorfeld ebenfalls Doskozil unterstützt hatte, hat nach der Umkehr des Wahlergebnisses exakt dieselbe Presseaussendung ausgeschickt wie nach dem vermeintlichen Sieg des Burgenländers – nur mit vertauschten Namen.
Und dann ließen auch die ersten öffentlichen Untergriffe nicht auf sich warten: via "heute" wurde beispielsweise am Freitag bekannt, dass Babler Müllgebühren in Höhe von 285 Euro so lange unbezahlt gelassen hatte, dass der Gemeindeverband – dessen Mitglied "sein" Traiskirchen ist – die Exekution der Gebühr beantragte. Zu der es zwar nicht kam, weil Babler den ausstehenden Betrag schnell beglich, der Beschluss des Gerichts fand trotzdem 1:1 den Weg in die Boulevardzeitung. Das Signal, wie es in der SPÖ gesehen wird: Da hat jemand bereits "Schmutz" über den neuen Parteichef gesammelt.
FPÖ und ÖVP weniger subtil
Weniger subtile, dafür ganz offene Attacken kommen dagegen von der ÖVP: "Der Weg von Süd- nach Nordkorea wird über den Bablerschen Weg beschritten", erklärt deren Generalsekretär Christian Stocker am Freitag bei einer Pressekonferenz. Habe Herbert Kickl die FPÖ an den rechtesten Rand des rechten Spektrums geleitet, habe die SPÖ mit ihrem neuen Vorsitzenden die politische Mitte verlassen und sich "an den äußersten linken Rand begeben", so Stocker. Koalieren könnte die ÖVP dennoch mit beiden, denn: "Die Alternative wären permanente Neuwahlen."
Babler selbst ist dieses Wochenende mit Personalsuche befasst: Am Dienstag tagt das Parteipräsidium – dabei wird erwartet, dass der Neo-Parteichef einen neuen Bundesgeschäftsführer bestellt. Und am Mittwoch, wenn der Nationalrat zusammentritt, soll der SPÖ-Klub aus seiner Mitte einen neuen Klubobmann wählen. Für beide Jobs im Gespräch ist die Abgeordnete Julia Herr, ehemals Vorsitzende der Parteijugend – ihr werden gute Kontakte in alle Flügel der SPÖ nachgesagt.
Georg Renner