Mit drei Tagen Verspätung ist Andreas Babler gestern zum 13. Vorsitzenden der SPÖ gekürt worden. Für den neuen Vorsitzenden liegt die Partei derzeit "ziemlich am Boden". Über den Sommer soll es eine Tour durch ganz Österreich geben, einbinden in die Partei will er ohnehin alle Lager. Er selbst sei nie Teil eines solchen gewesen, betonte Babler.
Dafür wird Babler ein Team brauchen, das er zwar schon vor Augen hat, gestern aber noch nicht präsentierte. Was konkrete Personen anbelangt, hielt er sich bedeckt. Jedenfalls will er aber heute eine interimistische Leitung für die Parteizentrale in der Löwelstraße installieren. Namen nannte er in der "ZIB2" keinen, diesen sollen zuerst die Mitarbeiter erfahren.
1 Hat die SPÖ den Irrtum bei der Auszählung der Stimmen aufgeklärt?
Aus ihrer Sicht ja: Der tatsächlich und entgegen der Verlautbarung am Samstag mit einer Mehrheit von 317 zu 280 Stimmen zum Parteichef gewählte Andreas Babler hat die Wahl am Dienstag angenommen; aus seiner Sicht sind nun "alle Zweifel ausgeräumt". Da sein einstiger Gegner Hans Peter Doskozil, der ursprünglich zum Sieger ausgerufen worden war, seine Niederlage eingeräumt und akzeptiert hat, wird kaum noch jemand das Ergebnis bestreiten.
2 Ist damit rechtlich alles klar für Babler als Parteichef?
In der SPÖ vertritt man die Meinung, dass der Parteitag formal bereits am Samstag Babler zum Parteichef gewählt hat und er rechtlich damit seit damals im Amt ist. Andere Meinungen vertreten Juristen wie Staatsrechtler Martin Bernard von der Universität Wien, der im "Standard" argumentiert, mit der Erklärung am Parteitag, Doskozil habe gewonnen, sei dieser tatsächlich Parteichef geworden. Er empfiehlt, einen neuen Parteitag abzuhalten, um Klarheit zu schaffen.
3 Wird es einen neuen Parteitag mit einer Wahl geben?
Jein. Ein weiterer außerordentlicher Parteitag geht sich vor dem Sommer schon allein wegen Fristenläufen nicht mehr aus. Babler hat aber angekündigt, den eigentlich erst nächstes Jahr notwendigen ordentlichen SPÖ-Parteitag auf Herbst vorzuziehen, unter anderem, um sich dort im Amt bestätigen zu lassen. Außerdem will er dort ein neues Statut beschließen lassen.
4 Was war nun eigentlich genau der Fehler beim Auszählen?
Mit Stand Dienstag stellt sich die Lage so dar: Die Delegierten warfen ihre Stimmen am Parteitag in elf einzelne Urnen ein; die 19 Mitglieder der Wahlkommission zählten dann die Ergebnisse für jede einzelne Urne und sagten diese einem Mitarbeiter an, der sie in ein Excel-Sheet eintrug – allerdings eben bei den jeweils falschen Kandidaten. Die einzige Addition der Summen aus den einzelnen Urnen fand via Excel statt, ein händisches Nachrechnen gab es nicht. Demnach habe Doskozil 53 Prozent der Stimmen erhalten.
5 Was passierte nach der Wahl mit den Stimmzetteln?
Die rund 600 Stimmzettel wurden in Plastik eingewickelt – "eingeschweißt", wie die Partei betont, aber nicht versiegelt –, mit anderem Parteitagsmaterial in einen Laster verpackt und nach Wien transportiert. Dort wurden sie in der Parteizentrale in der Löwelstraße gelagert.
6 Wie kam es dann zu der Neuauszählung am Montag?
Auch dazu kursieren unterschiedliche Erzählungen. Michaela Grubesa, Vorsitzende der Wahlkommission, hatte nach einem Hinweis vom ZiB-2-Moderator Thür auf einen Fehler im Ergebnis-Display Mitarbeiter der Parteizentrale beauftragt, eine fehlende Stimme zu suchen. Diese öffneten dann am Montag – ohne Beisein eines Mitglieds der Kommission – die Wahlzettel und bemerkten den fatalen Irrtum. Erst dann reiste Grubesa persönlich an und verständigte die Kandidaten sowie den Rest der Kommission.
7 Was ist nun mit den "verschwundenen" Stimmen passiert?
Das ist noch immer unklar. Nach dem am Samstag verkündeten Ergebnis 316 Doskozil – 279 Babler – 5 ungültig verbesserte die Partei sich am Montag das Ergebnis 317 Babler – 280 Doskozil – 5 ungültig. Ein Ergebnis, das sich bei der Neuauszählung am Dienstag bestätigt hat. Woher die zusätzlichen Stimmen kamen, konnte die neue Kommissionsvorsitzende Klaudia Frieben nicht auflösen: "Sie waren immer schon da."
8 Wer übernimmt die Verantwortung für das Chaos?
Zurückgetreten ist bisher einzig die bisherige Vorsitzende der Wahlkommission, die steirische Landtagsabgeordnete Michaela Grubesa. Ihre Nachfolgerin Frieben bittet um Entschuldigung.