"Ja, ich will Vorsitzender werden!" Mit diesem Satz machte Andreas Babler - er hat in der SPÖ-Mitgliederbefragung den zweiten Platz erreicht - klar, dass es im internen Streit der SPÖ kein rasches Ende geben wird. Einmal mehr redete der Niederösterreicher im Vorfeld der Partei-Sitzungen einer Stichwahl das Wort. "Ein Vorsitzender braucht ein klares Votum der Mitglieder". Der Fristenlauf würde eine Stichwahl nicht verunmöglichen, meint Babler.
Wiener SPÖ-Vertreter wollen offenbar Stichwahl
Nach Informationen der APA konnte sich das Präsidium nicht einigen, wie man mit dem gestern ausgewerteten Mitgliedervotum umgeht. Damit muss nun am Nachmittag der Vorstand entscheiden, ob es zu einer Stichwahl der Mitglieder verbunden mit einer Verschiebung des Parteitags kommt oder das eigentlich vorgegebene Prozedere mit nur einem Parteitag kommende Woche durchgezogen wird.
Video-Umfrage: Wie soll es in der SPÖ weitergehen?
Dem Vernehmen nach hatte die Wiener Partei plötzlich der Stichwahl das Wort geredet, die sie bis dahin stets abgelehnt hatte. Der Parteivorstand hatte ja nach viel hin und her einen klaren Pfad vorgegeben, der vorsah, dass auf die Mitgliederbefragung ein außerordentlicher Parteitag folgen soll, der formal die Entscheidung trifft.
Diesen Beschluss nimmt man nun offenbar nicht mehr wirklich ernst, nachdem das Ergebnis der Befragung äußerst knapp ausgegangen ist und mit Pamela Rendi-Wagner die favorisierte Kandidatin der Wiener Partei quasi ausgeschieden ist. Dem Vorstand wird dem Vernehmen nach die Aufgabe gestellt, entweder das bisherige Prozedere zu bestätigen oder eine Stichwahl zu ermöglichen.
"Schauen wir, ob es Parteitag gibt"
Der knappe Sieger der Mitgliederbefragung, Hans Peter Doskozil, erinnerte daran, dass das Votum zu respektieren sei. Angebot habe er Babler noch keines gemacht, so der burgenländische Landeschef. Freilich werde es aber darum gehen, dass die Führungsmannschaft das Spektrum der Sozialdemokratie abbilde. "Es geht darum, den Bogen nicht nur inhaltlich, sondern auch personell zu spannen." Für Babler ist der Sonderparteitag in knapp zwei Wochen keine ausgemachte Sache: "Schau ma mal, ob es einen Parteitag gibt." Telefonat mit Doskozil habe er noch keines geführt.
Rendi-Wagners Abschied
Am Vormittag zog sich die bisherige Parteichefin Pamela Rendi-Wagner aus der Politik zurück. Die Gremien beraten im Anschluss, wie sie mit dem Votum umzugehen gedenken. Denn die letztlich gültige Entscheidung kann erst der Bundesparteitag kommende Woche treffen.
Babler kommt ins Präsidium
Rendi-Wagner kündigte an, dass sie auch Andreas Babler in die heutigen Sitzungen eingeladen hatte, "weil es eine Geschlossenheit braucht, die es in den letzten vier Jahren nicht gegeben hat". Wann genau sie ihren Vorsitz im SPÖ-Parlamentsklub abgeben wird, ließ sie in der ersten Stellungnahme noch offen.
Die Befragung der Mitglieder sei "wichtig und richtig gewesen", um die Partei zu stärken, zumal jede Stimme "aus Überzeugung" abgegeben wurde, so Rendi-Wagner, die ihrem Team dankte, "das mich in angenehmen, sonnigen und auch stürmischen Zeiten" begleitet habe. Fragen wurden nach dem knapp 5-minütigen Statement keine beantwortet.
Die Pressekonferenz zum Nachschauen:
Rendi-Wagners Kampf in den letzten Wochen
Im Kampf um den Parteivorsitz hat Rendi-Wagner noch die letzten Asse gezogen: Ein ehemaliger Bundespräsident, vier Ex-Bundeskanzler, die Zweite Nationalratspräsidentin, sowohl der frühere als auch der amtierende Wiener Bürgermeister, die oberste Arbeitervertreterin und Österreichs erfolgreichste Industriemanagerin. Sie alle gemeinsam haben nicht gereicht, um Pamela Rendi-Wagner im Amt zu halten. "Auch wenn es ein sehr knappes Ergebnis ist, ist es aus meiner Sicht zu respektieren", sagt sie am Montagabend in einem ersten Statement.
Sechs Jahre, nachdem der Christian Kern die damalige Spitzenbeamtin in die Politik holte und sie nach wenigen Monaten im Nationalratswahlkampf als Nummer zwei plakatierte und viereinhalb Jahre, nachdem sie nach seinem überhasteten Abgang den Parteivorsitz übernahm, nimmt ihre politische Karriere nun ein Ende.
Vier Jahre im Gegenwind
Gegenwind aus der eigenen Partei begann sie früh zu spüren. Unter ihr war die SPÖ, die sich selbst als Regierungspartei sieht, durchgehend in Opposition. Bei der Nationalratswahl 2019 fuhr sie das schlechteste SPÖ-Ergebnis der Geschichte ein, Hans Peter Doskozil richtete ihr aus, die SPÖ sei "nicht regierungsfähig". Bei der ersten Mitgliederbefragung der Parteigeschichte stellte sie auch die Vertrauensfrage. Und konnte sie (mangels Gegenkandidat) damals noch für sich entscheiden. Die Querschüsse aus dem Burgenland gingen trotzdem weiter und gipfelten in einer lancierten Umfrage, wonach die SPÖ mit Doskozil an der Spitze bei einer Nationalratswahl deutlich besser abschneiden würde als mit Rendi-Wagner.
Oft wurde sie gefragt, warum sie sich das antue. Ihre Antwort war immer die gleiche: "Man wirft Verantwortung nicht leichtfertig weg." Nun haben zwei Drittel der SPÖ-Mitglieder sich für einen anderen Parteichef ausgesprochen. Nicht einmal die geballte Unterstützung von Heinz Fischer, Franz Vranitzky, Viktor Klima, Alfred Gusenbauer, Werner Faymann, Doris Bures, Michael Häupl, Michael Ludwig, Renate Anderl und Brigitte Ederer konnten das abwenden.