Die SPÖ muss noch bis Samstag kommender Woche auf Gewissheit warten, wer sie in die Zukunft führt. Nach mehr als hitzigen Gremiensitzungen entschieden sich die Sozialdemokraten, beim ursprünglichen Plan zu bleiben und über den Vorsitz bei einem außerordentlichen Parteitag in Linz zu entscheiden. Als Kandidaten treten der Sieger der Mitgliederbefragung Hans Peter Doskozil und der knapp unterlegene Zweite Andreas Babler an.
Bis zu diesem an sich logischen Ergebnis der Gremien war es aber am Dienstag ein langer Weg, der Doskozil schon zeigte, was ihn in Zukunft erwarten könnte. Denn die Wiener Landespartei, die mit dem burgenländischen Landeshauptmann in inniger Feindschaft verbunden ist, zeigte sich selbst für ihre Verhältnisse erstaunlich flexibel.
Waren es doch die Hauptstadt-Roten, die an sich stets jeglicher Mitgliederbefragung gegenüber skeptisch gegenüber standen und bisher in den Gremien auch eine Stichwahl abgelehnt hatten, die nun nach dem Ausscheiden der von ihnen favorisierten Amtsinhaberin Pamela Rendi-Wagner plötzlich Gefallen an einer zweiten Basis-Runde gefunden hatten. Angeführt von Bürgermeister Michael Ludwig machte man sich im Präsidium für eine Stichwahl stark und stellte sich mehr oder weniger offen hinter den Traiskirchener Bürgermeister Babler, der den linken Flügel der Partei repräsentiert.
Austritt falls keine Einigung möglich
Die Sitzung wurde hektisch bis hitzig. Doskozil drohte, aus dem ganzen Prozess auszusteigen, wenn er die Partei nicht einen könne, bestätigte er am Abend im ORF in der ZiB2. "Ich habe vorgeschlagen, wenn man mich unbedingt verhindern will, obwohl ich Erster geworden bin, beuge ich mich auch dieser Entscheidung". Fast alle Ländervertreter hielten ihn davon ab, darunter auch jene, die nicht zu seinen Unterstützern zählen wie der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser - der letzte in der Parteispitze, der nicht klar zuzuordnen ist und nach friedlichen Lösungen sucht.
Die Entscheidung wurde schließlich an den Vorstand delegiert, der in offener Abstimmung zwischen dem ursprünglich festgelegten Prozedere und der Stichwahl zu entscheiden hatte. Da wurden dann der Wiener Partei die Grenzen ihrer Macht aufgezeigt. Auch wenn sich beispielsweise Gewerkschafter, Jugend und Frauen und damit praktisch das gesamte Rendi-Wagner-Lager hinter ihr versammelte, reichte es mit 22:25 für keine Mehrheit.
Babler hatte seit Wochen Werbung für eine Stichwahl gemacht und - heute erstmals zu den Gremien beigezogen - folgerichtig auch am Dienstag dafür geworben. Dass sein Wunsch dem Vorstand nicht Befehl war, nahm er gelassen. Er hätte sich eine stärkere Einbindung der Mitglieder gewünscht, aber viele sähen ihn auch am Parteitag als Favoriten.
Doskozil zeigte sich letztendlich zufrieden. Dass es auf dem Parteitag zu einer "Kampfabstimmung" zwischen ihm und Babler komme, sei für ihn in Ordnung. Er zeigte sich ebenfalls optimistisch, dabei siegreich hervorzugehen und auch die nächste Nationalratswahl mit der SPÖ zu gewinnen. "Am Ende des Tages wird es einen Vorsitzenden geben." Der Sieger müsse die Partei jedenfalls wieder einen. Babler bescheinigte er, einen guten Wahlkampf geführt zu haben.
Schauspiel mit harten Bandagen
Das dürfte nach dem heutigen Schauspiel, das mit sehr harten Bandagen ausgetragen wurde, nicht leichter geworden sein. Dabei gab sich Bürgermeister Ludwig im Anschluss ganz friedliebend. Es sei heute nicht um das Schaffen von Gräben gegangen, doch wäre eine weitere Einbindung der Basis schön bzw. logisch gewesen. Vom Stimmverhalten der Wiener Genossen und der Gewerkschafter dürfte es maßgeblich abhängen, ob Babler gegen den von den allermeisten Bundesländern unterstützten Doskozil am Parteitag eine Chance hat. Ludwig legte sich am Dienstag nicht fest.
Insgesamt werden 609 Delegierte zur Stimmabgabe aufgerufen sein, alleine 350 davon kommen aus Bezirksorganisationen, dazu 30 aus den Landesorganisationen. Immerhin 50 Delegierte haben die Gewerkschafter, 30 die Frauen - beides Lager, die zumindest an ihrer Spitze Babler zuneigen.
Fix ist, dass Rendi-Wagner den Rückzug antritt. Sie hat dem Vorstand noch einmal die Beweggründe für ihren Abschied erläutert und wurde mit viel Beifall bedacht. Ob sie ihr Mandat im Nationalrat weiter ausfüllt, ließ sie am Dienstag offen. Für sie nachrücken würde mit Muna Duzdar eine offene Unterstützerin Bablers.