Die SPÖ-Mitglieder haben entschieden. Nach stundenlangem Auszählen von 107.133 Fragebögen wurde am Montagabend ein Machtwechsel an der Parteispitze verkündet. Burgenlands Landeshauptmann und Parteirebell Hans Peter Doskozil erhielt bei der Befragung mit 33,6 Prozent die größte Zustimmung unter den 147.939 stimmberechtigten Mitgliedern. Platz zwei geht an den Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler, den mehr als zwei Prozentpunkte von Sieger Doskozil trennen.
Dass Parteichefin Pamela Rendi-Wagner – wenn auch knapp – auf dem letzten Platz landet, ist bitter. Kurz nach der Ergebnisverkündigung bedankte sie sich in einer Aussendung "bei allen SPÖ-Mitgliedern, die mir das Vertrauen geschenkt haben". Das Ergebnis sei knapp, aber "zu respektieren". Dienstagvormittag will sie vor die Presse treten, es wird erwartet, dass sie ihr Ausscheiden aus der Politik bekannt gibt. Das hatte die Medizinerin im Vorfeld angekündigt, sollte sie nicht Erste werden. Bei der heutigen Sitzung von Präsidium und Bundesparteivorstand werde man nächste Schritte besprechen.
"Die Basis hat entschieden"
Doskozil zeigte sich "überrascht", aber "sehr glücklich" über das Ergebnis. "Die Basis hat entschieden", nun müssen die Gremien "auf Basis dieser Entscheidung" nächste Schritte festlegen. Er bedankte sich bei seinen Mitbewerbern, für Rendi-Wagner sei es "sicher keine leichte Situation als gewählte Vorsitzende", die Entscheidung mitzutragen. Nun müssen jene, die sich für andere Kandidaten engagiert haben, "ins Boot geholt werden". Es brauche eine "geschlossene Sozialdemokratie", um die nächste Wahl zu gewinnen. "Die Grabenkämpfe müssen über Bord geworden werden."
Dass Doskozils Sieg einen geordneten Wechsel an der Spitze und Ruhe in die gebeutelte Partei bringt, ist unwahrscheinlich. Denn das Ergebnis der Mitgliederbefragung ist nicht bindend, am SPÖ-Bundesparteitag am 3. Juni in Linz drohen Doskozil Gegenkandidaturen. Unter anderem vom Zweitplatzierten Babler, der im Anschluss an die Wahl einen neuen Mitgliederentscheid und damit eine Stichwahl forderte. Eine Kandidatur am Parteitag behalte er sich vor. Dass er ein Drittel der Stimmen holen konnte, sei "ein Wahnsinn". Auf eine Gegenkandidatur Bablers angesprochen, gab sich Doskozil abwartend. Es sei "sein gutes Recht", zu kandidieren, es liege an den Gremien, festzulegen, wer antreten dürfe.
Einigung der Partei als Herausforderung
Sollte Doskozil am Parteitag als Chef bestätigt werden, hätte das weitreichende Folgen für die Parteizentrale. Der umstrittene Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch dürfte seinen Posten räumen müssen, Doskozil nannte den Steirer Max Lercher als möglichen Nachfolger. Auch inhaltlich dürfte sich einiges ändern. Während die Partei im Bereich Migration härtere Töne anschlagen dürfte, würde man im Sozialbereich bei der kommenden Nationalratswahl wohl mit noch größeren Versprechungen auftreten. Mit Doskozil an der Spitze könnte die SPÖ zudem attraktiver für die ÖVP als möglicher Koalitionspartner werden. Dort gilt der Rebell als roter Realo.
Freilich hätte Doskozil aber vor allem intern einiges an Arbeit vor sich. Denn auch bei einem Austausch der Parteizentrale müsste der Burgenländer viel Wiedergutmachung in der mächtigen Wiener Partei leisten, die er mit seinen Querschüssen in den letzten Jahren mehrfach verärgert hatte. Auf ihre Unterstützung wäre er im nächsten Wahlkampf angewiesen. Zudem zeigt das Ergebnis einmal mehr, wie gespalten die Partei ist. Sie zu einen, wird für die neue Führung eine Herausforderung.