Anton Pelinka, SPÖ-Kenner und fixe Größe der österreichischen Politikwissenschaft, ist sich sicher: "Am wahrscheinlichsten" sei, dass Pamela Rendi-Wagner die SPÖ-Mitgliederbefragung gewinnen werde: Nur mit der Parteichefin bleibe auch die seiner Ansicht nach einzige reelle Machtoption der Roten nach der kommenden Nationalratswahl, nämlich eine Koalition mit der ÖVP, gewahrt, so der Politologe gegenüber der APA am Wochenende.
Für Pelinka hat sich an der Favoritenrolle Rendi-Wagners auch dadurch nichts geändert, dass aus dem Zweikampf gegen Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil angesichts der Kandidatur Andreas Bablers ein Dreikampf wurde. Der Doyen der österreichischen Politikwissenschaft sieht vor allem folgende Trümpfe der aktuellen Vorsitzenden, die ihr den Sieg bei der am Mittwoch endenden Mitgliederbefragung bringen dürften: die Unterstützung der mächtigen Wiener SPÖ, jene der roten Gewerkschafter – und vor allem den "Faktor Frau".
"Kennen keine Präferenzen"
Weniger sicher zeigt sich der Wiener Politikwissenschaftler Laurenz Ennser-Jedenastik: "Wir wissen über die SPÖ-Mitglieder praktisch nichts Relevantes. Vor allem kennen wir ihre inhaltlichen Präferenzen kaum und noch weniger, ob/wie sie trade-offs zwischen inhaltlicher Positionierung, Stimmenmaximierung und Streben nach Regierungsbeteiligung wahrnehmen", schreibt er auf Twitter.
Sprich: Die Motive, nach denen die rund 150.000 SPÖ-Mitglieder noch bis Mittwoch entscheiden, wer die Partei in Zukunft führen soll, sind derzeit nur Gegenstand von Spekulation. Gezielte Meinungsforschung gibt es nicht – während SPÖ-Wähler zuletzt Rendi-Wagner präferiert haben sollen (so eine Umfrage im "Kurier"), bleiben die Motive der Mitglieder im Ungewissen. Für eine genaue Befragung und Auswertung einer so kleinen Gruppe der Gesamtbevölkerung müsste eine weit größere Zahl an Menschen befragt werden, als sich irgendwer leisten kann.
Die Mitgliederbefragung läuft noch bis Mittwoch, Ergebnisse will die Partei am 22. Mai bekannt geben.
Georg Renner